VI, Allgemeine Besprechungen 1, 4, Josef Karl Ratislav, Seite 30


box 36/4
Panphlets offbrines
32
zaubert, in dem er sie hypnotisiert, wie er den von der Treue seiner
Frau überzeugten Gatten in Schrecken versetzt, hat der Dichter liebens¬
würdig zum Ausdruck gebracht. Diese Episode, die einem andern
für einen Lustspielstoff gerade genug gewesen wäre, hat er künstlerisch
umgewertet und zur dramatischen Offenbarung einer tiefen Wahrheit
geschaffen. In „Paracelsus“ ist noch kein stolzer Tatenmensch vor¬
handen. Cyprian ist allzu selbstgewiß und prahlerisch. Gedemütigt,
„Es war ein Spiel, doch fand ich seinen Sinn
Und weiß, daß ich auf rechtem Wege bin —
erscheint er zuletzt doch wieder auf dem Wege zu seiner alten Selbst¬
sicherheit. Das Versspiel lehrt uns die Unsicherheit des menschlichen
Wissens vom eigenen und fremden Selbst. Diese Lehre können wir
praktisch nachprüfen in der Groteske
„Der grüne Kakadu“. Die edle Marquise von Lansac
findet sich so in die Dirnenatmosphäre hinein, daß der unerfahrene
Albin nicht weiß, ob die Marquise wirklich so ist oder nur spielt,
worauf ihn der gequälte Liebhaber der Dame belehrt: „Sein
spielen ... kennen Sie den Unterschied so genau?“ Aus der Groteske
löst sich die Tragödie des Schauspielers Hen## heraus, der den Para¬
celsussatz illustriert: „Es fließen ineinander Traum und Wachen, Wahr¬
heit und Lüge. Sicherheit ist nirgends.“ „Der grüne Kakadu“ spielt
am 14. Juli 1789 in einer Spelunke in Paris. Der dohterische
Vorwurf ist ausgezeichnet, die ganze Stimmung der Revolution
meisterhaft getroffen. Die Charaktere der Schauspieler und die der
französischen Aristokraten, die sich in dem elenden Wirtshaus die un¬
geschminkte Wahrheit sagen lassen, die sie draußen in ihren Palästen
nicht vertragen würden, sind mit lebendiger Treue dargestellt. Man
merkt, daß hier ein echter Dichter und ein großer Humorist die
Launen des Schicksals für sich zu werten verstanden hat.
Ebenfalls in den Beginn des 16. Jahrhunderts versetzt uns
das fünfaktige Schauspiel „Der Schleier der Beatrice“. Es
ist ein Renaissancedrama und spielt in Bologna. Hier war das
melancholische Element im Dichter Schnitzler besonders stark wirksam.
Drei Charaktere kommen in diesem Drama für uns in Betracht.
In dem Herzog Lionardo Bentivoglio malt der Dichter den sicheren
Tatmenschen, den lebenssehnsüchtigen Grübler in dem Dichter Filippo
Loschi. Eine Spaltung des eigenen Wesens in zwei Extreme nimmt
hier Schnitzler vor. In Beatrice wird ein Typus gezeichnet: das
33
Weib, dem wir alle begegnen müssen.
Dichter und dem Jüngling (Vittorino Y
folgendermaßen charakterisiert:
„Warst Du nicht, Beatrice, nur ein
Das mit der Krone spielte, weil sie
Mit eines Dichters Seel', weil sie
Mit eines Jünglings Herzen, weil'##
Geschenkt war? Aber wir sind allz
Und leiden's nicht, und jeder von #
Nicht nur das einz'ge Spielzeug sei
Die ganze Welt. So nannten wir
Betrug und Frevel — und du war
Dem Drama als solchem fehlt es an der
ist, uns die Personen näher zu bringen u
vorgeführten Geschehnisse angehören, zu
sind verschleiert, der Handlung mangelt de
sichtige Aufbau. Allem Lebensdurstigen di
der Dichter den Tod gegenüber und erzie
Der tragische Schluß wird durch des Her
gemildert:
„Das Leben ist die Fülle, ni
Und noch der nächste Augent
Aus dieser Dichtung erwuchs die P
Lierrette“, die Ernst von Dohnanyi in M
erste Fassung der „Beatrice“ (geschrieben
licht) war eine Pantomime. Sie spielte
der heiteren Pantomime entstand ein Wi
der Dichter in die Zeit der Renaissance
dem Stück eine Tragödie. Der Kern der
Beatrice läuft, bevor sie mit dem Herzog
Geliebten und verrät sich, als sie zurückkeh
sie ihren Schleier bei dem Geliebten vergess
hat Schnitzler nun wieder eine Pantomime
tragisch endet. Pierrette wird mit dem tote
und verfällt dem Wahnsinn. Das Wiene
aufgenommen worden.
Der Titel der Komödie „Zwischen
Symphonie, die Kapellmeister Amadeus A
griffe ist. Das Stück behandelt das P#