118
—
box 36/5
1. Panphlets, offprints
123
122
als Ausdruck dieses einziggestellten Menschen echtes Leben ge¬
speziell in Betracht, daß hier die
winnen, Jede Nachahmung dieser ganz absonderlichen Mischung
von einer Persönlichkeit ausging, in
aber mußte als ein leercs und unfruchtbares Spiel erscheinen.
gesetzten Kräfte in unentschiedenem
Und tatsächlich: wo man in der deutschen Produktion der
letzten Jahrzehnte auf direkten, formalen Einfluß lbsens trifft,
er der deutschen Dramatiker um 1888
da ist man in der Nähe des allerschlimmsten Dilettantismus;
Ibsen in Betracht; in lbsens Leben
auch wirkliche Künstler wie Hauptmann und Schnitzler erinnern
Anbeginn bis ans Ende zwei wider¬
an Ibsens lyrisch symbolisierende Gesellschäftsstücke nur in
einander. Er ist von Haus aus ein
ihren allerschwächsten Produkten. Der Fall, daß von einem
henschliche Kraft nur ver’iebt, um zu¬
großen Geist die mächtigste moralische und ästhetische Erregung,
vor der großen, unbekan ien Allmacht
und von seiner Nachahmung doch nur Dilettantismus ausgehen
ie und Sehnsucht ringen bei Brand,
kann, ist in der Geschichte des deutschen Dramas nicht neu.
eblich danach, die Welt zu unterwerfen,
Es ist ja ein noch viel erstaunlicheres Schauspiel, daß die aus
ersten Werken erklingt, das erklingt
den Gründen einer ähnlichen Problematik ähnlich bedingte
nn die erwachenden Toten spüren, daß
Form Friedrich Schillers in Deutschland nur von dem unabsch¬
aß all ihr Streben umsonst war. Da¬
baren Heer der Dilettanten nachgeahmt worden ist, während sich
Werke, die lbsen zunächst berühmt
alle neue lebendige Entwicklung von Kleist bis Hauptmann eher
ben, die Gesellschaftsdramen, in denen
in Opposition gegen die Schillersche Dramatik vollzogen hat.
alist für die Befreiung der Lebenskraft
In ähnlicher Weise bedeutet Henrik lbsen moralisch, und in¬
sutionen plädiert — und in denen doch
direkt auch künstlerisch, einen mächtigen Faktor für die Ent¬
mten „Symbolismus“ Ibsens gestaltet)
wicklung dieser Generation, aber er bleibt in der Geschichte des
romantisch fatalistische Gefühl lbsens
Dramas ein höchst merkwürdiger, nie zu wiederholender Sonder¬
ühl von der Unfreiheit aller menschlichen
fall, kommt als Anreger eines neuen Stils, als „Ahnherr“ des
ndenheit an unfaßbare Schicksalsmächte.
neuen deutschen Dramas nicht in Betracht. Nur die allgemeinste
ißen Pferde von Rosmersholm und der
und freilich die entscheidende Leidenschaft der naturalistischen
die Wildente auf der Bodenkammer,
Zeit, der Wille, ingrimmig Ernst zu machen mit allen Problemen
Gabler und das Gold der Berge, das den
des gegenwärtigen Lebens fand an dem großen Moralisten lbsen
lockt, unser Leben treiben, und damit
seine Nahrung. Welchen Weg aber dieser Wille einschlagen
der individuellen Kräfte sinnlos und
würde, das war durch Ibsens zwiespältiges Werk gewiß nicht
Kunst, die so widersprechende Gefühle
entschieden. Und so sehen wir die Kräfte bald auf ganz ver¬
d deshalb Elemente Shakespearescher
schiedenen Wegen entfaltet.
die programmatische Zugespitztheit des
Die nächste und bedeutsamste Bildung innerhalb der dra¬
ks mischte, diese Mischung wieder mit der
matischen Produktion aber, die Bühnendichtung Gerhart
Lyrik seines dunklen Schicksalsgefühls
Hauptmanns berührte sich da, wo sie innerlich und stark war,
che Kunst, die an alle Instinkte der Zeit
weder mit dem heroischen Gottsuchertum noch mit der moralpäda¬
konnte gewiß tief erregend und auf¬
gogischen Leidenschaft lbsens. Nur in der romantisch-fata¬
anz und gar nicht vorbildlich wirken.
listischen Stimmung liegt ein Element der Ibsenschen Dramatik,
ein problematischer Sohn widerspruchs¬
dem Hauptmann irgendwie verwandt ist. Und von der Art der
seine Form den typischen Gebilden der
Meuschenzeichnung Ibsens, die durch einen subtilen Realismus
n können. Sie konnte nur so, nur einmal
—
box 36/5
1. Panphlets, offprints
123
122
als Ausdruck dieses einziggestellten Menschen echtes Leben ge¬
speziell in Betracht, daß hier die
winnen, Jede Nachahmung dieser ganz absonderlichen Mischung
von einer Persönlichkeit ausging, in
aber mußte als ein leercs und unfruchtbares Spiel erscheinen.
gesetzten Kräfte in unentschiedenem
Und tatsächlich: wo man in der deutschen Produktion der
letzten Jahrzehnte auf direkten, formalen Einfluß lbsens trifft,
er der deutschen Dramatiker um 1888
da ist man in der Nähe des allerschlimmsten Dilettantismus;
Ibsen in Betracht; in lbsens Leben
auch wirkliche Künstler wie Hauptmann und Schnitzler erinnern
Anbeginn bis ans Ende zwei wider¬
an Ibsens lyrisch symbolisierende Gesellschäftsstücke nur in
einander. Er ist von Haus aus ein
ihren allerschwächsten Produkten. Der Fall, daß von einem
henschliche Kraft nur ver’iebt, um zu¬
großen Geist die mächtigste moralische und ästhetische Erregung,
vor der großen, unbekan ien Allmacht
und von seiner Nachahmung doch nur Dilettantismus ausgehen
ie und Sehnsucht ringen bei Brand,
kann, ist in der Geschichte des deutschen Dramas nicht neu.
eblich danach, die Welt zu unterwerfen,
Es ist ja ein noch viel erstaunlicheres Schauspiel, daß die aus
ersten Werken erklingt, das erklingt
den Gründen einer ähnlichen Problematik ähnlich bedingte
nn die erwachenden Toten spüren, daß
Form Friedrich Schillers in Deutschland nur von dem unabsch¬
aß all ihr Streben umsonst war. Da¬
baren Heer der Dilettanten nachgeahmt worden ist, während sich
Werke, die lbsen zunächst berühmt
alle neue lebendige Entwicklung von Kleist bis Hauptmann eher
ben, die Gesellschaftsdramen, in denen
in Opposition gegen die Schillersche Dramatik vollzogen hat.
alist für die Befreiung der Lebenskraft
In ähnlicher Weise bedeutet Henrik lbsen moralisch, und in¬
sutionen plädiert — und in denen doch
direkt auch künstlerisch, einen mächtigen Faktor für die Ent¬
mten „Symbolismus“ Ibsens gestaltet)
wicklung dieser Generation, aber er bleibt in der Geschichte des
romantisch fatalistische Gefühl lbsens
Dramas ein höchst merkwürdiger, nie zu wiederholender Sonder¬
ühl von der Unfreiheit aller menschlichen
fall, kommt als Anreger eines neuen Stils, als „Ahnherr“ des
ndenheit an unfaßbare Schicksalsmächte.
neuen deutschen Dramas nicht in Betracht. Nur die allgemeinste
ißen Pferde von Rosmersholm und der
und freilich die entscheidende Leidenschaft der naturalistischen
die Wildente auf der Bodenkammer,
Zeit, der Wille, ingrimmig Ernst zu machen mit allen Problemen
Gabler und das Gold der Berge, das den
des gegenwärtigen Lebens fand an dem großen Moralisten lbsen
lockt, unser Leben treiben, und damit
seine Nahrung. Welchen Weg aber dieser Wille einschlagen
der individuellen Kräfte sinnlos und
würde, das war durch Ibsens zwiespältiges Werk gewiß nicht
Kunst, die so widersprechende Gefühle
entschieden. Und so sehen wir die Kräfte bald auf ganz ver¬
d deshalb Elemente Shakespearescher
schiedenen Wegen entfaltet.
die programmatische Zugespitztheit des
Die nächste und bedeutsamste Bildung innerhalb der dra¬
ks mischte, diese Mischung wieder mit der
matischen Produktion aber, die Bühnendichtung Gerhart
Lyrik seines dunklen Schicksalsgefühls
Hauptmanns berührte sich da, wo sie innerlich und stark war,
che Kunst, die an alle Instinkte der Zeit
weder mit dem heroischen Gottsuchertum noch mit der moralpäda¬
konnte gewiß tief erregend und auf¬
gogischen Leidenschaft lbsens. Nur in der romantisch-fata¬
anz und gar nicht vorbildlich wirken.
listischen Stimmung liegt ein Element der Ibsenschen Dramatik,
ein problematischer Sohn widerspruchs¬
dem Hauptmann irgendwie verwandt ist. Und von der Art der
seine Form den typischen Gebilden der
Meuschenzeichnung Ibsens, die durch einen subtilen Realismus
n können. Sie konnte nur so, nur einmal