VI, Allgemeine Besprechungen 1, 5, Julius Bab, Seite 21

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1. Paaphlets, offprints
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geigener Jugend weckt dein Wort.
Jahren dacht’ auch ich wie Du,
lem einen Punkte sucht’ ich lange,
mich mein Handeln ruhen muß.“
ert wie folgt:
ter litten, wären sie gleich Menschen:
vir leiden können, macht uns stolz,
r Stolz macht, daß wir leben können.
hschuldig, leid’ ich ohne Schuld.“
erschafft für uns natürlich nie irgend wie
sie beschwört nur verschieden gefärbte
phen Ernst; aus dem dramatischen Dialog
Dialektik. Den Weg zu dem ganz versinn¬
speares, dessen tief verborgene Absichtlich¬
erschmäht Ernst bewußt; aber er irrt auch,
m Wege zur griechischen Tragödie glaubt.
ß uns nach Shakespeare Geborenen dieser
ngbar sein wird: Das Werk der Griechen
nStoff wie der sakralen Form nach aus
deren lyrische Gewalt es in allen Teilen
indet — und für diese Religion kann Ernst
ppische Leidenschaft einsetzen, die ihn zwar
ken mit wirklich starken und ergreifenden
er, vom Geist geboren, nicmals jene künst¬
t haben kann, wie sie eine aus alten Ge¬
ende Religiosität besitzt. Ernst’s Irrtum ist
eit er das Gefühl für den einen Pol des
ährt, auch sicher heilsam. Aber im ganzen
ntellektuelle Art doch nur das lehrreiche
ll zu ungeistigen Temperament eines Eulen¬
r Wahrheit, so doch viel weniger Fühlbares
fühlbare Wahrheit ist das Ziel der Kunst.
lensch in einer Welt ohne Gleichgewicht,
armorstatuen bei Paul Ernst die sittliche
leichgewicht des Lebendigen ist
as.
n Deutschland einen Dichter von Paul Ernst’s
Veltgefühl und einer dabei intakt geblie¬
nnlichen Gestalt suchen, und zwar einen
spezifisch gegenwärtige Erlebnis gestaltet,

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das Erlebnis des Menschen, der nach dem Sturz der alten Reli¬
gion gefährlich frei geworden, sich nach neuer Bindung umsieht
wenn wir solch einen Dramatiker suchen, so müssen wir er¬
staunlicher Weise doch fast ein Menschenalter über die natura¬
listische Revolution zurückgehen — zu Friedrich Hebbel, der
mir durchaus der größte unter den deutschen Dramatikern der
Gegenwart scheint! Der Gegenwart — denn erst in den letzten
Jahrzehnten begann seine Wirkung; es mag als äußeres Symptom
erwähnt sein, daß die Berliner Erstaufführung seines reifsten
Werkes Gyges und sein Ring mehrere Jahre später als die der
Hauptmannschen Weber stattgefunden hat. Nicht nur Hebbels
dramatisches Werk (in dem freilich logischer Weise sein Schaffen
gipfeln mußte) — all sein Sprechen, Denken und Leben wurzelt
in der Erkenntnis vom einheitlichen Zweiklang alles Daseins, in
der Einsicht, daß das göttliche Ganze nirgends gegeben ist, als
in den Teilen, den Individuen, die gerade, indem sie sich durch¬
setzen, sich behaupten, sich aneinander abgrenzen, ihre göttliche
Natur entfalteten. Die tragische Schuld ist für Hebbel demnach
immer nur die immanente Tendenz eines Teils selbst das Ganze
zu werden, oder sich selbstgenügsam aus dem Ganzen abzu¬
schließen. Formlosigkeit und Formstarre ist der Tod, in der
beweglichen Form ist das Leben. Und wie das Leben sich in
dem Widereinanderbewegen seiner Individuen formt, das ist der
tragische, das ist der dramatische Prozeß, den Hebbel durch
Judith und Holofernes, Golo und Genovefa, Herodes und Marianne,
Candaules, Gyges und Rhodope darstellt. — Allenthalben liegt in
der Kunst dieses leidenschaftlichen Denkers die ernste Gefahr,
den dramatischen Dialog in der philosophischen Dialektik er¬
starren zu lassen; auch Hebbel fallen die Relativitäten schwer,
und seine Gestalten reden oft genug Hebbeisches über sich selbst
hinaus und zerstören ihre Illusion. Aber Hebbel weiß die tiefe
Bedeutung dieser Relativitäten; er macht nicht wie Ernst aus
seiner Schwäche ein System, und wenn nicht immer mit Erfolg,
so ringt er doch mit höchster Klarheit um die reine, die auch
von Otto Ludwig erkannte Form der dramatischen Dichtung.
Der Kunstdenker Hebbel, der den Künstler Hebbel an unantast¬
barer Größe weit überragt, spricht über die sinnlich geistige
Natur des Dramas dieses letzte Wort: