VI, Allgemeine Besprechungen 1, 5, Reik zwei Texte Imago, Seite 4


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1. Panphlets, offorints
Theodor Reik
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danke, sein Nebenbuhler möchte ihm die Bahn frei lassen, auftauchte,
Dieser Gedanke verdichtete sich zum Todeswunsch gegen den Rivalen.
Sein später Verzicht stellt sich also als eine Sühnung, als eine mora¬
lische Reaktionsbildung dar. Die Eitelkeit irgendetwas dem Malheur
eines anderen nicht verdanken zu wollen, ist demnach eine Rationali¬
sierung dieses Verzichtes im Sinne der Verdrängung seiner feind¬
seligen Regungen.
Noch immer scheint uns diese Deutung nicht ausreichend zu
sein. Denn der Affektaufwand Dr. Reumanns steht in keinem Ver¬
hältnis zu dem Objekt, dem er gilt. Früher haben wir die Abwehr
des Arztes mit den Zwangshandlungen der Neurotiker in Beziehung
gesetzt. Es ist nun eine Eigentümlichkeit der Zwangsneurose, daß
sie ihre Vorwurfsaffekte verschieben kann, d. h. daß sie Gefühle,
die ursprünglich einer für den Kranken sehr wichtigen Sache oder
einer für ihn wichtigen Person galten, im weiteren Verlauf auf
ganz unwesentliche Dinge oder gleichgiltige Personen zu übertragen
vermag. Der Dichter hat uns einen Fingerzeig gegeben, daß auch
bei Dr. Reumann eine ähnliche Affektverschiebung stattfand!, Herr
von Sala, der herzleidend ist, hat Dr. Reumann konsultiert. Der
Künstler ist der begünstigte Nebenbuhler des Arztes, der ebenfalls
Johanna Wegrath liebt. Dr. Reumann will das Haus Wegrath nicht
mehr betreten, er nimmt Abschied von Felix und dieser sagt: INun
weiß ich ... warum Sie in dieses Haus nicht mehr kommen wollen.
Es hat sich wieder einmal ein anderer den Hals gebrochen.“
Er spielt damit unter Beziehung auf das Verhältnis von Dr. Reu¬
mann zu Herrn von Sala auf jene Episode an, welche den Aus¬
gangspunkt unserer Analyse bildete. Unsere Deutung wird vertieft,
wenn wir den Vorwurfsaffekt, den wir hinter jenem sonderbaren
Benehmen Dr. Reumanns aufdecken konnten, auf seinen Ursprung
zurückleiten. Wir nehmen an, daß es sich in der Ablehnung der
Stelle und in dem Abschied Dr. Reumanns von Wegrath um ein
Hysteron Proteron handle. Dr. Reumann hat seinem Patienten,
Herrn von Sala, den Tod gewünscht, weil dieser sein Nebenbuhler
in der Liebe Johannas war. Die Versuchung, den Rivalen aus dem
Wege zu räumen, war vielleicht Dr. Reumann, als seinem Arzt,
näherliegend als es sonst unter gleichen Umständen der Fall ist.
Natürlich war dieser Gedanke von der zensurierenden Instanz des
Seelenlebens sofort unterdrückt worden und Dr. Reumanns Resig¬
nation, als er seine geheimen Wünsche durch die Aussicht auf
Herrn von Salas bevorstehendes Ende sich der Erfüllung nähern
sieht, erweist sich so als Reaktion auf die feindseligen Regungen?.
Ich verdanke den Hinweis auf die folgende Dialogstelle Herrn Dr. Hanns
Sachs.
2 Wir lassen uns gerne die Bestätigung unserer Deutung durch eine direkte
Charakteristik, welche Dr. Reumann von sich gibt, gefallen. Sie ist geeignet, uns
in unserer Auffassung zu bestärken, weil sie zeigt, wie nahe dem Arzt Wünsche
der Art, wie wir sie in seinem Seelenleben als wirksam vermuteten, liegen. Frau
Wegrath spricht ihm gegenüber aus, daß sie und ihre Familie ihm verächtlich er¬
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