VI, Allgemeine Besprechungen 1, 7, 1893 Bahr Das junge Österreich, Seite 2

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2. Cuttings
wart=Club, namentlich bei den Clericu.

vierte Jahr weiter gelockert. Die biedere Antisemitengarde kann wo., er braucht nur nichts oder doch nichts so, wie es dargestellt
der T dichter
immer weniger auch nur als gelegentliche Stütze der wird, zu glauben, dann ergeben sich einige zutreffende An¬
ein letztes Regierung in Betracht kommen. Die Deutschfortschritt= haltspunkte. Aber ich denke nicht daran, den Lesern der
Werthen wieder versöhnen. Die Empfindlichkeit für reine und
Virtuose, aber einer kleinen Note. Torresani streut aus
vollkommene Sätze, die Begeisterung gefeilter Worte, das
reichen Krügen, ohne die einzelne Gabe zu achten. Schnitzler
Gewissen der Mache fehlt ihm. Technisch ist er von der
darf nicht verschwenden. Er muß sparen. Er hat wenig. So
größten Unschuld, welche keine Sorgen, Gefahren, Beschwerden
will er es denn mit der zärtlichsten Sorge, mit erfinderischer
der Form ahnt. Er schreibt, wie es gerade kommt: au petit
Mühe, mit geduldigem Geize schleifen, bis das Geringe durch
ch nichts mit
hazard de la plumé und Kleckse verstören jede Schönheit. Man
seine unermüdlichen Künste Adel und Würde verdient. Was
Deutschen“ ge¬
mag an Tovote denken, und so hat er auch diesen heiteren
er bringt, ist nichtig. Aber wie er es bringt, darf gelten.
unser Leben
und leichten Fluß, den kein Kummer trübt. Alles ist un¬
Die großen Züge der Zeit, Leidenschaften, Stürme, Er¬
heute der
gesucht, ungekünstelt, ungezwungen. Er schwitzt nicht, würde
schütterungen der Menschen, die ungestüme Pracht der Welt
eren ist, den
Nietzsche sagen. Er hat eine solche Fülle von Ereignissen,
an Farben und an Klängen ist ihm versagt. Er weiß immer
nun aus der
Gestalten, Welten, die ohne Rast nach Offenbarung drängen,
nur einen einzigen Menschen, ja nur ein einziges Gefühl
Es möchte —
daß er nirgends halten, nicht verweilen, nimmer sich besinnen
zu gestalten. Aber dieser Gestalt gibt er Vollkommenheit,
möchte recht
kann, und während er Eine gibt, quellen schon tausend
Vollendung. So ist er recht der artiste nach dem Herzen des
dann freilich
Andere dazwischen. Er ist der rechte Fabulant wie damals
„Parnasses“, jener Franzosen, welche um den Werth an
jene Novellisten der Spanier und Italiener, mit der großen
Gehalt nicht bekümmert, nur in der Fassung Pflicht und
Leidenschaft der Fabel, der nichts als nur erzählen will,
Verdienst der Kunst erkennen und als eitel verachten,
uicht
nur unerschöpflich immer erzählen. Er sucht nicht „Pro¬
was nicht seltene Nuance, malendes Adjectiv, gesuchte
aus
Metapher ist.
bleme“; er prüft keine „Fragen“; er will nichts zeigen;
Läufer
er will nichts schildern; er will nichts beweisen — das
piner,
Der Mensch des Schnitzler ist der österreichische Lebe¬
schöne Lügen ist seine Lust. Er ist weder Naturalist noch
iden
mann. Nicht der große Viveur, der international ist und
Psychologe und ist, wenn man will, doch beides: er ist der
ustav
dem Pariser Muster folgt, sondern die wienerisch bürgerliche
Erzähler, der Alles thut, was die Erzählung brauchen, und
rechen,
Ausgabe zu fünfhundert Gulden monatlich, mit dem Gefolge
Alles läßt, was sie entbehren kann
— das Bedürfniß der
jener gemüthlichen und lieben Weiblichkeit, die auf dem
Erzählung allein ist immer sein einziges Gesetz. Er hat
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Wege von der Grisette zur Cocotte ist, nicht mehr das Erste,
unvergeßliche Profile gezeichnet. Er hat Documente des
rff,
und das Zweite noch nicht. Diesen Winkel des Wiener
Lebens gegeben. Er hat in der Juckercomtesse eine weibliche
ge¬
Lebens mit seinen besonderen Sensationen, wo sich wunderlich
Psychologie geschaffen, die ihm Bourget neiden könnte. Aber
die feinsten Schrullen einer sehr künstlichen Cultur und die
das läuft so nebenbe mit. Was er will, ist nur die Er¬
nicht
ewigen Instincte des menschlichen Thieres vermischen, hat er
zählung, der üppige Reiz von vollen, bunten, wunderbaren
chichte
künstlerisch entdeckt, und er hat ihn, indem er ihn gleich zur
Stoffen. Die Erzählung ist ihm Anfang und Ende. So hat
er nicht leicht
letzten Vollkommenheit des Ausdrucks brachte, künstlerisch er¬
er, was ich sonst von Keinem in dieser ganzen breiten Zeit
elleicht daher,
schöpft. Es ist ihm gelungen, was die Goncourts als Beruf
der Literatur weiß: er hat den stillen, guten Zauber der
Sprache, un¬
des Künstlers setzten: apporter du neuf; und es ist ihm ge¬
naiven Kunst, wie er an den alten Märchen des Volkes ist.
amperei hat,
lungen, die definitive Form seiner Neuerung zu geben. Das
Man kann sagen, daß es niemals ein rechter Roman ist.
künstlerischen
ist sehr viel. Gerade heute können es Wenige von sich sagen.
Man kann zweifeln, ob es nach den Normen der Schulen
Nur darf er freilich, weil sein Stoff, ein weltlicher, von der
überhaupt etwas ist. Aber man kann nicht leugnen, daß es
Fläche der Zeit ist, Wirkungen in die Tiefe der Gefühle
sahr schön ist.
nicht hoffen, und von seinem feinen, aber künstlichen Geiste
— „Schwarz=
Arthur Schnitzler*) ist anders. Er ist ein großer
mag das Wort des Voltaire von Marivaux gelten: II sait
„Auf ge¬
tous les sentiers du coeur, il n’en connait pas le grand
„Alandis=Lied.“
beschleunigte
Keiet. A HA
chemin.
„Avatol.“ — „Das Märchen.“
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