VI, Allgemeine Besprechungen 1, 7, Soergel Dichtung und Dichter, Seite 9


box 36/8
1. Pamphlets offorints
eidenschaft füreinander
Ein kind, das der Bruder, eine Art Dalentin, an der Leiche Filippos ersticht.
Arthur
gleichen Roman in
Wie wandelbar ist doch alles im Leben, klingt es aus dem Drama, sicher ist
Schnitzler
der Derewigung leben¬
nur die Gegenwart, der Augenblick, je stärker und reicher, desto wertvoller:
ritte Einakter. Nichts,
für die Lebendigen.“
„Das Leben ist die Fülle, nicht die Seit.
Und noch der nächste Zugenblick ist weit.“
en noch auf der Welt
Wandelbar ist nur eines nicht, das, was ein Künstler formte. Der herzog weiß:
pöttisch überlegenen
wenn er auch siegte über Borgia, auch ein Reich erstünde, das mehr als tausend
“. Ein gewagtes,
Jahre blühte, einmal fiel's doch in Trümmer. Aber..
baukeltanz geht
Ein Lied von dem — verweht's der Zufall nicht —
endet mit einer.
Ist ewger als der kühnste unsrer Siege,
immer feiner.
der wieder nur Vergängliches erringt!
ebenserkenntnis ab.
Dran werden Menschen einer späten Zeit,
alles
sonst
der unsre Taten nichts als Worte sind,
in kühlen Stein gegraben zum Gedächtnis,
s etwas
wie wir, die Mitgebor'nen sich erfreu'n
mit gleichem Lächeln und mit gleichen Tränen.
Der
Denn dieser war ein Bote, ausgesandt,
amen,
das Grüßen einer hingeschwundnen Welt
lebendig jeder neuen zu bestellen
05),
und hinzuwandeln über allen Tod.
be¬
Nach dem „Schleier der Beatrice“ wird Schnitzler immer leiser. Man ahnt den
leisen Klang schon im Titel des ersten Dramas: „Der einsame Weg.“ Einsam ist einsame weg
die Sterbende, deren Sohn nicht das Kind ihrer Ehe ist, sondern das Kind der
Liebe einiger seliger Wochen mit einem Künstler, der sie verließ. Einsam der
Mann, den die Frau hinterging und die Tochter verläßt. Einsam die Tochter,
die in den Tod geht. Einsam der Mann, um dessentwillen die Tochter stirbt.
t,
Einsam der Künstler, der den Weg zum herzen des Sohnes nicht findet. Einsam,
n.
die über die Höhe des Lebens sind. „Und wenn uns ein Zug von Bacchanten
begleitet — den Weg hinab gehen wir alle allein.“ „Wer kümmert sich denn
überhaupt um die andern?“ Und es ist „wahrscheinlich gut so, sonst würden wir
t
alle toll vor Mitleid oder Ekel oder Angst“. Einsam ist jeder Augenblick. Denn
es gibt keine Gegenwart. „Gegenwart. .. was heißt das eigentlich? Stehen wir
denn mit dem Augenblick Brust an Brust, wie mit einem Freund, den wir um¬
Zu¬
armen, — oder mit einem Feind, der uns bedrängt? Ist das Wort, das eben
ie
verklang, nicht schon Erinnerung? der Ton, mit dem eine Melodie begann, nicht
Erinnerung, ehe das Lied geendet? dein Eintritt in diesen Garten nicht Er¬
innerung, Johanna? dein Schritt über diese Wiese dort nicht geradeso vorbei
wie der Schritt von Wesen, die längst gestorben sind?“ Zum Schluß aber blitzt
ht
etwas wie eine Rettung auf, ein Wort über den jungen Sohn des Künstlers. Es
og
wirkt wie ein herbes Urteil über das müde Geschlecht, dem Schnitzler selbst
angehört: „Es scheint mir überhaupt, daß jetzt ein besseres Geschlecht heranwächst,
zu
mehr haltung und weniger Geist.“ Ein Wort, das auch eine ganz andere Zeit
mit diesem Werke von der stillen Traurigkeit in allen Dingen versöhnen kann.
Und so still und zart, zu zart wie „der einsame Weg“ ist auch das „Zwischen= Zwischenspiel
spiel“. Flüchtig ist die Liebe, dies war ein früherer Grundklang, flüchtig ist
auch die Freundschaft, wenn sie die Liebe ersetzen soll — das ist der Grund¬
klang hier. Als der Komponist Amadeus Adams und seine Frau, die Opern¬
sängerin Cäcilie Adams=Ortenburg merken, ihre Liebe ist hin, ihre Reigung
505