erlin, Sonntag den 20. Januar
1901.
Stürmer und Drän¬
Literatur jene Stellung zu erobern, die er jetzt einnimmt. Viel
worden sind. Es sind geistvolle Gespräche zwischen
sstube des „Neuen
dazu haben dagegen seine Theaterstücke beigetragen, die un¬
zwei Freunden und den verschiedenen Geliebten des
in der der äußerste
einen.
leugbar geschickt gemacht und recht unterhaltend sind und in
Die Individuolität des Autors tritt schon in
esetz ist: wer hätte das
denen jener ungenirte burschikose Humor, der vielleicht die ein¬
diesem Erstlingswerk sehr deutlich ausgeprägt zu
der Bahr vom Jahre
zige echte Eigenart Bahrs ist, wirksam zur Geltung kommt.
Tage. Sie offenbart sich im Thema, in den Personen und
r von 1890 oder sogar
Wie schon im Roman „Theater“, hat er auch in den Schau¬
ganz besonders in dem eigenartigen geistigen Aroma, das diese
sen zehn Jahren, weiß
Stücke umgiebt.
spielen „Tschaperl“ und „Der Star“ bekannte Wiener
ch nicht so richtig, als es
Persönlichkeiten auf die Szene gebracht, um dadurch „aktuell“ zu
Das Thema ist das illegitime Liebesleben, kurzweg das
Bahr einen literarischen
wirken, da das Publikum derlei offenkundige Pseudonymitäten be¬
„Verhältniß"; das Personal besteht aus dem jungen Lebe¬
tung nach der andern
kanntlich zu lieben pflegt. Recht bezeichnend für Bahrs sensations¬
manne, der nichts thut, als lieben und über die Liebe philo¬
geflügelten Worte ge¬
süchtiges Apartseinwollen ist die Degradirung vom Weltheros
sophiren — von dem man zum Mindesten nichts Anderes er¬
zum Pantoffelhelden, vom Riesen zum Zwerge, die er an
ist ja auch ganz mög¬
fährt —, und seinem Freunde, der nur dazu da ist, damit
vielleicht schon im
Napoleon in seinem Stücke „Josephine“ vorgenommen hat;
jener seine geistvollen Bemerkungen an den Mann bringen
scheint als heute;
da alle Welt, Freund und Feind in dem ersten Franzosenkaiser
kann, und aus „Ihr“. „Sie“ ist verschiedener Art:
Darin liegt es! Im
eiden großen Mann sieht, hat sich Bahr bewogen gefühlt, ihn
be¬
entweder die junge Frau, die ihren Gatten
derselbe: ein Mann,
als lächerliche Null hinzustellen, um ja anders zu sein,
trügt, oder die Schauspielerin, die in der Liebe mehr
als andere Leute. Nun. der Größe und dem Ruhme Napoleons
aus welcher Rich¬
leistet als in ihrem Berufe, oder aber das „süße
wird biese à tout prix=Opposition keinerlei Abbruch thun; dies
wird, und der sein
Mädel“, diese weibliche Lieblingsgestalt Schnitzlers, die durch
brehen kann als andere
zu Flauben, hieße Bahrs Bedeutung erbeblich überschätzen. Er
ihn zum Typus und deren von ihm herrührende Bezeichnung
hnbrechers verleiht; er
t Napoleon eben klein gemacht, um sich selber, wenn
zum geflügelten Worte geworden ist. Unter dem „süßen
ner, der weiß, daß in
schon nicht groß, so doch interessant zu machen, das ist Alles ...
Mädel“ versteht er jene Klasse hübscher (die nicht hübschen
Zeit nur Der interessant
kommen nicht in Betracht), frischer und lebenslustiger Mädchen,
Bahrs Bedeutung liegt überhaupt nicht in seiner künst¬
orgt, der immer einen
die man in Wien als marchandes de mode Kassire¬
lerischen Thätigkeit, sondern in seiner kritisch=ästhetischen.
mit dem er die nach¬
Mit allen seinen Erzählungen und selbst mit seinen
rinnen, Ladenmamsells und dergl. trifft, und die dem Zuge
ufs Neue anregt. Mag
ihres Herzens und ihrer Sinne ohne viel Bedenken und ohne
bühnenwirksamen Stücken wäre es ihm gewiß nie geglückt,
stalt annnehmen, was
so viel von sich reden zu machen, wie durch seine Kritiken über
Rücksicht auf die strenge Moral zu folgen pflegen, mit andern
be: Originalitäts= und
Worten: Mädchen, die zwar nicht tugendhaft sind, die man
Theater, Literatur, Malerei und Kunstgewerbe. Auf diesem
ht etwa gesagt werden,
Gibiete nimmt er thatsächlich eine bedeutende, ja eine führende
aber doch nicht zur Halbwelt (im landläufigen Sinne des
Stellung ein. Er ist es, der die „décadence“ in die deutsche
hosen lediglich kühle
Wortes, nicht in dem Dumas) zählen darf, sozusagen
Literatur eingeführt hat; ihm gebührt das ebenso zweifelhafte
Dreiviertelwelt also. Ohne Zweifel kommt dieser Typus
ürfte zwar die Ansicht
Verdienst, für jene Mode Propaganda gemacht zu haben, deren
auch in anderen Großstädten vor, nicht nur i
ahl vermuthlich nicht
Wien, aber Schnitzler hat ihm ein so ausgesprochen wienerisches
och wohl Unrecht. Das
Name gedankenlos von aller Welt nachgesprochen wird, der Sezession
Gepräge gegeben, daß man sich unter dem „süßen Mädel“ nur
Art Bedürfniß, der
nämlich; er ist es schließlich, der „Jung=Wien“ entdeckt und
eine Wienerin vorstellen kann. Dieser Typus tritt fast in
damit die Aufmerksamkeit auf die in der Literatur bis dahin so
ätssucht; die Sucht nach
jedem seiner Werke auf und ist mit seinem Namen unzer¬
ihm zitirte Wort Henri
arg vernachlässigte Kaiserstadt an der Donau gelenkt hat. „Jung¬
trennlich verbunden, er ist der Dichter des „süßen Mädels“
Wien“ das ist nämlich die in neuerer Zeit geläufig gewordene
il n'est qu'une chose,
Da läg' es denn nahe, zu behaupten, das „süße Mädel“
e changement.“ Der
Bezeichnung für die Gruppe in Wien lebender Schriftsteller,
sei seine Muse. So einleuchtend und bezeichnend dies aber
die Bahr „entdeckt“ hat oder die doch der von ihm gesörderten Rich¬
umt er bald diese, bald
auch klänge, im Grunde wäre es doch nicht richtig: seine Muse
aller Wandlungen im
tung, der „Moderne“ angehören. Talente zu entdecken oder
sieht jenem äußerlich wohl sehr ähnlich, aber thatsächlich ist sie
doch Leute, die er dafür hielt — vielleicht auch nur, die dafür
sich in der Konsequenz,
nicht ein frisches natürliches und lebensfrohes Geschöpf wie
an bis heute stets für
zu halten ihm gerade Spaß machte: das ist oder war
das „süße Mädel“; sie ist vielmehr stark „von des Ge¬
wenigstens ein Sport von ihm, der ihm selber mindestens
eingetreten ist.
dankens Blässe angekränkelt“; hinter ihrer üppigen Genußfreude
ebensoviel nützte wie seinen Schützlingen, denn er schrie deren
Prachteremplar eines
birgt sich eine unüberwindliche Skepsis; sie singt und tanzt,
Namen und Vorzüge mit so schallender Stimme in die Welt,
n dem sich alle für
den Tod im Herzen, die Rosen auf ihren Wangen sind Grabes¬
er gebärdete sich dabei so auffällig, daß das Publikum ihm
chweisen lassen. Wenn
rosen, und der süße Champagner, den sie kredenzt, hat eine
m Mystizismus und die
mehr Aufmerksamkeit zuwendete als Jenen und sich seinen
bittere Neige. Sie aber weiß, daß es so ist, und gefällt sich
Namen früher merkte als die, die er verkündete. Indem er
irklich Zeichen der Ent¬
darin. Frivole Melancholie und kokette Skepsis, das sind die
Andere entdeckte, entdeckte das Publikum ihn.
s an ihr leiden, denn
Grundelemente ihres Charakters, und diese Mischung verleiht
hohem Grade. Was
Allem, was sie schafft, jenen pikanten Reiz, der die Eigenart
ers bestärkt haben dürfte,
Ist Bahr auch der Führer des sogenannten „Jungen
Schnitzlers kennzeichnet und so anziehend macht.
Wien“,
r von 1890 kannte und
t er darum doch keineswegs dessen bedeutendste
Am reinsten kommt sie vielleicht in seinem Märchen
seiner Künstlergeschichte
Persönlichkeit; er ist nur der Impresacio der Gesellschaft;
deren wahrer „Star“ aber ist Arthur Schnitzler; und 1%Drei Elixire“ zur Geltung, das sich unter allen anderen
8 Buch aber mit seinem
er ist auch der einzige Beiträgen des „Modernen Musenalmanachs“ von 1894 wie
ten stilistischen Ungeheuer¬
um es gleich zu sagen:
wahrhaft bedeutende Autor der ganzen Truppe. Bahr ist, um eine Perle im Schlamm ausnahm. Er erzählt darin von
die Aus= und Mißgeburt
mit Goethe zu sprechen, rein literarisch genommen, ein Talent Weinem jungen Lebemann, der daruber nicht wegkommen kann,
werden; ein solches Buch
daß er von den „Verhältnissen“, die seine Geliebten
doch kein Charakter; Schnitzler dagegen ist ein Talent —
der deutschen Literatur
vor ihm gehabt haben, nichts weiß, weil keine die
ein viel stärkeres sogar — und ein Charakter. Das Ur¬
Thatsächlich freilich
Wahrheit gestehen will. Da gelangt er in den Besitz
Zement dieses Charakters ist Erxtik. Schnitzler ist der Erotiker
Schöpfung, sondern
eings Elixirs, dessen Kraft jene Mädchen und Frauen zwingt,
ent Poesie, die
#excellenceer ist es durch durch, immer und überall,
Deko
die, Wahrheit zu sagen. Er kennt nun ihre Vergangenheit,
ost, an Peter Nansen und
75 erinnert darin an Marcel
tionsluch
hi iß die deutsche
aber er ist damit nicht zufrieden: er will nicht, daß sie an
müßigt gefunden hat.
Rinz Tovote, die ja ebenfalls Ülblut=Erotiker sind. Es
Andere denken wenn sie bei ihm sind, unb abermals gelingt
wäre aber dennoch nicht ganz rich wenn man ihn, daraus
Schriften Bahrs sind ge¬
esUihm, ein Elixir zu bekommen, das seinen Wunsch erfüllt,
Was er sonst noch ge¬
folgernd, als Das für Wien bezeichnen wollte, was Jene
indem es seinen Geliebten die Erinnerung an ihr früheres
für Paris, Kopenhagen und Berlin sind, denn er ist
vernünftig, trotz aller
Liebesleben völlig auslöscht, so daß sie glauben, er sei ihre
von ihnen doch recht verschieden. Er besitzt — im Allgemeinen
ihm nun einmal nicht
einzige Liebe. Aber auch das genügt ihm nicht; er will auch
wenigstens — nicht die verwegene Frivolität, den prickelnden
angethan, daß man
ihre Zukunft besitzen: keine soll nach ihm einen Andern lieben.
Witz Prévosts, es fehlt ihm die schlichte Anmuth und frische
kenn er beweist, daß Bahr
Wieder findet er ein Elixir, das die Kraft besitzt, das zu ver¬
Natürlichkeit Nansens, aber er ist tiefer philosophischer als
Pystiker und Dekadent ist,
hindern und giebt es der Geliebten: am nächsten Morgen er¬
Beide und im Vergleiche mit Tovote diesem in Allem durch¬
Esscheint, daß er es nur in
Die Moral des Ganzen: nur
wacht sie nicht mehr.
aus überlegen (womit Tovote aber keineswegs so tief rangirt
vorzieht, es nicht zu sein
der Tod vermag es zu hindern, daß das Weib treulos
t geschieht). Als
werden soll, wie das in der Kritik so o
ern vernünftig zu bleiben.
wird
Erotiker hat Schnitzler in der Literatur debütirt und Erotiker
er Liebe“ „Caph“
Ist „Anatol“ für Schnitzler auch typisch geworden, so
**) sind die letzten zwei
ist er geblieben; auch dort, wo er es nicht sein will. Sein
hat es ihn doch nicht in weiteren Kreisen bekannt zu machen
Debüt war die Einaktersammlung „Anatol“*), die An¬
gewissen kecken Witz Zeug¬
vermocht. Dies ist ihm erst mit dem Schauspiel „Liebelei**)
fangs nur wenig Beachtung gefunden hat, seither aber sehr bekannt
nd zu sein. Trotz aller Re¬
geglückt, nachdem er vorher mit dem Schauspiel „Das
geworden ist, und von deren Einaktern einige sogar aufgeführt
ie gelungen, sich in der
Märchen“ einen verunglückten Versuch gemacht, die Bühne
worden sind, obschon sie sich nicht recht für die Bühne eignen,
zu erobern. „Liebelei“ wurde im Burgtheater aufgeführt, und
vielleicht auch nicht im Hinblick auf diese geschrieben
2893. Tbeater, Roman.
Das Tschaperl.
899.
Liebelei, Schauspiel. Berlin, S. Fischer 1895. Das
)Anatol, Berlin Bibliogr. Bureau 1893. Kürzlich in zwei
ar. Ein Wiener Stück.
Märchen, Schauspiel. Dresden, E. Pierson 1894.
Neu=Ausgaben bei S. Fischer erschienen.
mnst
e
schüttert gewesen; die Eröffnung hatte ihn geradezu über¬
„Still, nicht so laut!“ sagte ich aufgeregt, mich ängstlich
und dort kam es s
wältigt, so daß er sich nun Jadwiga durchaus nicht als
umblickend.
neine Arme schließen und
eine Stütze gezeiat. Was mir zu denken gab waren Jadwigas
gerne wissen“
W
1901.
Stürmer und Drän¬
Literatur jene Stellung zu erobern, die er jetzt einnimmt. Viel
worden sind. Es sind geistvolle Gespräche zwischen
sstube des „Neuen
dazu haben dagegen seine Theaterstücke beigetragen, die un¬
zwei Freunden und den verschiedenen Geliebten des
in der der äußerste
einen.
leugbar geschickt gemacht und recht unterhaltend sind und in
Die Individuolität des Autors tritt schon in
esetz ist: wer hätte das
denen jener ungenirte burschikose Humor, der vielleicht die ein¬
diesem Erstlingswerk sehr deutlich ausgeprägt zu
der Bahr vom Jahre
zige echte Eigenart Bahrs ist, wirksam zur Geltung kommt.
Tage. Sie offenbart sich im Thema, in den Personen und
r von 1890 oder sogar
Wie schon im Roman „Theater“, hat er auch in den Schau¬
ganz besonders in dem eigenartigen geistigen Aroma, das diese
sen zehn Jahren, weiß
Stücke umgiebt.
spielen „Tschaperl“ und „Der Star“ bekannte Wiener
ch nicht so richtig, als es
Persönlichkeiten auf die Szene gebracht, um dadurch „aktuell“ zu
Das Thema ist das illegitime Liebesleben, kurzweg das
Bahr einen literarischen
wirken, da das Publikum derlei offenkundige Pseudonymitäten be¬
„Verhältniß"; das Personal besteht aus dem jungen Lebe¬
tung nach der andern
kanntlich zu lieben pflegt. Recht bezeichnend für Bahrs sensations¬
manne, der nichts thut, als lieben und über die Liebe philo¬
geflügelten Worte ge¬
süchtiges Apartseinwollen ist die Degradirung vom Weltheros
sophiren — von dem man zum Mindesten nichts Anderes er¬
zum Pantoffelhelden, vom Riesen zum Zwerge, die er an
ist ja auch ganz mög¬
fährt —, und seinem Freunde, der nur dazu da ist, damit
vielleicht schon im
Napoleon in seinem Stücke „Josephine“ vorgenommen hat;
jener seine geistvollen Bemerkungen an den Mann bringen
scheint als heute;
da alle Welt, Freund und Feind in dem ersten Franzosenkaiser
kann, und aus „Ihr“. „Sie“ ist verschiedener Art:
Darin liegt es! Im
eiden großen Mann sieht, hat sich Bahr bewogen gefühlt, ihn
be¬
entweder die junge Frau, die ihren Gatten
derselbe: ein Mann,
als lächerliche Null hinzustellen, um ja anders zu sein,
trügt, oder die Schauspielerin, die in der Liebe mehr
als andere Leute. Nun. der Größe und dem Ruhme Napoleons
aus welcher Rich¬
leistet als in ihrem Berufe, oder aber das „süße
wird biese à tout prix=Opposition keinerlei Abbruch thun; dies
wird, und der sein
Mädel“, diese weibliche Lieblingsgestalt Schnitzlers, die durch
brehen kann als andere
zu Flauben, hieße Bahrs Bedeutung erbeblich überschätzen. Er
ihn zum Typus und deren von ihm herrührende Bezeichnung
hnbrechers verleiht; er
t Napoleon eben klein gemacht, um sich selber, wenn
zum geflügelten Worte geworden ist. Unter dem „süßen
ner, der weiß, daß in
schon nicht groß, so doch interessant zu machen, das ist Alles ...
Mädel“ versteht er jene Klasse hübscher (die nicht hübschen
Zeit nur Der interessant
kommen nicht in Betracht), frischer und lebenslustiger Mädchen,
Bahrs Bedeutung liegt überhaupt nicht in seiner künst¬
orgt, der immer einen
die man in Wien als marchandes de mode Kassire¬
lerischen Thätigkeit, sondern in seiner kritisch=ästhetischen.
mit dem er die nach¬
Mit allen seinen Erzählungen und selbst mit seinen
rinnen, Ladenmamsells und dergl. trifft, und die dem Zuge
ufs Neue anregt. Mag
ihres Herzens und ihrer Sinne ohne viel Bedenken und ohne
bühnenwirksamen Stücken wäre es ihm gewiß nie geglückt,
stalt annnehmen, was
so viel von sich reden zu machen, wie durch seine Kritiken über
Rücksicht auf die strenge Moral zu folgen pflegen, mit andern
be: Originalitäts= und
Worten: Mädchen, die zwar nicht tugendhaft sind, die man
Theater, Literatur, Malerei und Kunstgewerbe. Auf diesem
ht etwa gesagt werden,
Gibiete nimmt er thatsächlich eine bedeutende, ja eine führende
aber doch nicht zur Halbwelt (im landläufigen Sinne des
Stellung ein. Er ist es, der die „décadence“ in die deutsche
hosen lediglich kühle
Wortes, nicht in dem Dumas) zählen darf, sozusagen
Literatur eingeführt hat; ihm gebührt das ebenso zweifelhafte
Dreiviertelwelt also. Ohne Zweifel kommt dieser Typus
ürfte zwar die Ansicht
Verdienst, für jene Mode Propaganda gemacht zu haben, deren
auch in anderen Großstädten vor, nicht nur i
ahl vermuthlich nicht
Wien, aber Schnitzler hat ihm ein so ausgesprochen wienerisches
och wohl Unrecht. Das
Name gedankenlos von aller Welt nachgesprochen wird, der Sezession
Gepräge gegeben, daß man sich unter dem „süßen Mädel“ nur
Art Bedürfniß, der
nämlich; er ist es schließlich, der „Jung=Wien“ entdeckt und
eine Wienerin vorstellen kann. Dieser Typus tritt fast in
damit die Aufmerksamkeit auf die in der Literatur bis dahin so
ätssucht; die Sucht nach
jedem seiner Werke auf und ist mit seinem Namen unzer¬
ihm zitirte Wort Henri
arg vernachlässigte Kaiserstadt an der Donau gelenkt hat. „Jung¬
trennlich verbunden, er ist der Dichter des „süßen Mädels“
Wien“ das ist nämlich die in neuerer Zeit geläufig gewordene
il n'est qu'une chose,
Da läg' es denn nahe, zu behaupten, das „süße Mädel“
e changement.“ Der
Bezeichnung für die Gruppe in Wien lebender Schriftsteller,
sei seine Muse. So einleuchtend und bezeichnend dies aber
die Bahr „entdeckt“ hat oder die doch der von ihm gesörderten Rich¬
umt er bald diese, bald
auch klänge, im Grunde wäre es doch nicht richtig: seine Muse
aller Wandlungen im
tung, der „Moderne“ angehören. Talente zu entdecken oder
sieht jenem äußerlich wohl sehr ähnlich, aber thatsächlich ist sie
doch Leute, die er dafür hielt — vielleicht auch nur, die dafür
sich in der Konsequenz,
nicht ein frisches natürliches und lebensfrohes Geschöpf wie
an bis heute stets für
zu halten ihm gerade Spaß machte: das ist oder war
das „süße Mädel“; sie ist vielmehr stark „von des Ge¬
wenigstens ein Sport von ihm, der ihm selber mindestens
eingetreten ist.
dankens Blässe angekränkelt“; hinter ihrer üppigen Genußfreude
ebensoviel nützte wie seinen Schützlingen, denn er schrie deren
Prachteremplar eines
birgt sich eine unüberwindliche Skepsis; sie singt und tanzt,
Namen und Vorzüge mit so schallender Stimme in die Welt,
n dem sich alle für
den Tod im Herzen, die Rosen auf ihren Wangen sind Grabes¬
er gebärdete sich dabei so auffällig, daß das Publikum ihm
chweisen lassen. Wenn
rosen, und der süße Champagner, den sie kredenzt, hat eine
m Mystizismus und die
mehr Aufmerksamkeit zuwendete als Jenen und sich seinen
bittere Neige. Sie aber weiß, daß es so ist, und gefällt sich
Namen früher merkte als die, die er verkündete. Indem er
irklich Zeichen der Ent¬
darin. Frivole Melancholie und kokette Skepsis, das sind die
Andere entdeckte, entdeckte das Publikum ihn.
s an ihr leiden, denn
Grundelemente ihres Charakters, und diese Mischung verleiht
hohem Grade. Was
Allem, was sie schafft, jenen pikanten Reiz, der die Eigenart
ers bestärkt haben dürfte,
Ist Bahr auch der Führer des sogenannten „Jungen
Schnitzlers kennzeichnet und so anziehend macht.
Wien“,
r von 1890 kannte und
t er darum doch keineswegs dessen bedeutendste
Am reinsten kommt sie vielleicht in seinem Märchen
seiner Künstlergeschichte
Persönlichkeit; er ist nur der Impresacio der Gesellschaft;
deren wahrer „Star“ aber ist Arthur Schnitzler; und 1%Drei Elixire“ zur Geltung, das sich unter allen anderen
8 Buch aber mit seinem
er ist auch der einzige Beiträgen des „Modernen Musenalmanachs“ von 1894 wie
ten stilistischen Ungeheuer¬
um es gleich zu sagen:
wahrhaft bedeutende Autor der ganzen Truppe. Bahr ist, um eine Perle im Schlamm ausnahm. Er erzählt darin von
die Aus= und Mißgeburt
mit Goethe zu sprechen, rein literarisch genommen, ein Talent Weinem jungen Lebemann, der daruber nicht wegkommen kann,
werden; ein solches Buch
daß er von den „Verhältnissen“, die seine Geliebten
doch kein Charakter; Schnitzler dagegen ist ein Talent —
der deutschen Literatur
vor ihm gehabt haben, nichts weiß, weil keine die
ein viel stärkeres sogar — und ein Charakter. Das Ur¬
Thatsächlich freilich
Wahrheit gestehen will. Da gelangt er in den Besitz
Zement dieses Charakters ist Erxtik. Schnitzler ist der Erotiker
Schöpfung, sondern
eings Elixirs, dessen Kraft jene Mädchen und Frauen zwingt,
ent Poesie, die
#excellenceer ist es durch durch, immer und überall,
Deko
die, Wahrheit zu sagen. Er kennt nun ihre Vergangenheit,
ost, an Peter Nansen und
75 erinnert darin an Marcel
tionsluch
hi iß die deutsche
aber er ist damit nicht zufrieden: er will nicht, daß sie an
müßigt gefunden hat.
Rinz Tovote, die ja ebenfalls Ülblut=Erotiker sind. Es
Andere denken wenn sie bei ihm sind, unb abermals gelingt
wäre aber dennoch nicht ganz rich wenn man ihn, daraus
Schriften Bahrs sind ge¬
esUihm, ein Elixir zu bekommen, das seinen Wunsch erfüllt,
Was er sonst noch ge¬
folgernd, als Das für Wien bezeichnen wollte, was Jene
indem es seinen Geliebten die Erinnerung an ihr früheres
für Paris, Kopenhagen und Berlin sind, denn er ist
vernünftig, trotz aller
Liebesleben völlig auslöscht, so daß sie glauben, er sei ihre
von ihnen doch recht verschieden. Er besitzt — im Allgemeinen
ihm nun einmal nicht
einzige Liebe. Aber auch das genügt ihm nicht; er will auch
wenigstens — nicht die verwegene Frivolität, den prickelnden
angethan, daß man
ihre Zukunft besitzen: keine soll nach ihm einen Andern lieben.
Witz Prévosts, es fehlt ihm die schlichte Anmuth und frische
kenn er beweist, daß Bahr
Wieder findet er ein Elixir, das die Kraft besitzt, das zu ver¬
Natürlichkeit Nansens, aber er ist tiefer philosophischer als
Pystiker und Dekadent ist,
hindern und giebt es der Geliebten: am nächsten Morgen er¬
Beide und im Vergleiche mit Tovote diesem in Allem durch¬
Esscheint, daß er es nur in
Die Moral des Ganzen: nur
wacht sie nicht mehr.
aus überlegen (womit Tovote aber keineswegs so tief rangirt
vorzieht, es nicht zu sein
der Tod vermag es zu hindern, daß das Weib treulos
t geschieht). Als
werden soll, wie das in der Kritik so o
ern vernünftig zu bleiben.
wird
Erotiker hat Schnitzler in der Literatur debütirt und Erotiker
er Liebe“ „Caph“
Ist „Anatol“ für Schnitzler auch typisch geworden, so
**) sind die letzten zwei
ist er geblieben; auch dort, wo er es nicht sein will. Sein
hat es ihn doch nicht in weiteren Kreisen bekannt zu machen
Debüt war die Einaktersammlung „Anatol“*), die An¬
gewissen kecken Witz Zeug¬
vermocht. Dies ist ihm erst mit dem Schauspiel „Liebelei**)
fangs nur wenig Beachtung gefunden hat, seither aber sehr bekannt
nd zu sein. Trotz aller Re¬
geglückt, nachdem er vorher mit dem Schauspiel „Das
geworden ist, und von deren Einaktern einige sogar aufgeführt
ie gelungen, sich in der
Märchen“ einen verunglückten Versuch gemacht, die Bühne
worden sind, obschon sie sich nicht recht für die Bühne eignen,
zu erobern. „Liebelei“ wurde im Burgtheater aufgeführt, und
vielleicht auch nicht im Hinblick auf diese geschrieben
2893. Tbeater, Roman.
Das Tschaperl.
899.
Liebelei, Schauspiel. Berlin, S. Fischer 1895. Das
)Anatol, Berlin Bibliogr. Bureau 1893. Kürzlich in zwei
ar. Ein Wiener Stück.
Märchen, Schauspiel. Dresden, E. Pierson 1894.
Neu=Ausgaben bei S. Fischer erschienen.
mnst
e
schüttert gewesen; die Eröffnung hatte ihn geradezu über¬
„Still, nicht so laut!“ sagte ich aufgeregt, mich ängstlich
und dort kam es s
wältigt, so daß er sich nun Jadwiga durchaus nicht als
umblickend.
neine Arme schließen und
eine Stütze gezeiat. Was mir zu denken gab waren Jadwigas
gerne wissen“
W