VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1903–1906, Seite 23

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2. Guttings
eunige gelboulen
überalt die Möglichkeit vorhanden, der Lazarettpflege be= Beide gaben Beweise zarter Rücksichtnahme auf die gegen¬
* Symphon
dürftige Kranke sofort dieser zuzuführen. Da außer den lseitige besondere Stellung, und wenn auch an eine völlige Wie aus dem gest
jetzt bereits errichteten Lazaretten zwei vollkommen ver=Aussöhnung in absehbarer Zeit nicht zu denken sein mag, der Konzertverein
wendungsbereite Feldlazarette vorhanden sind, von denenlso dürfte doch ein Modus der Verträglichkeit sich findenerstes Symphonie¬
eins, Feldlazarett 5, in Karibib, das andere, Feldlazarett 6,
lassen. Von welchem Gesichtspunkt aus man also das Er= Gründen nicht als
in Okahandja steht, so ist auch dafür gesorgt, daß bei wei¬
gebnis der italienischen Kammerwahlen betrachten mag — Ein Blick auf das
#terem Vorrücken der Truppen Lazarette an die Gefechts¬
Leiter des Konzer
die Absicht der Regierung, die politische Situation zu klären,
linie herangezogen werden können.
mann, beabsichtig
erscheint erreicht. Da Italien zudem auf dem Gebiete der
Am Typhus sind neuerdings gestorben: Reiter Wietz¬
kurzen Ueberblick i
kawek und Seesoldat Ulrich. Der Reiter Jorbans ist an
auswärtigen und kolonialen Politik sich nicht vor kostspielige Haydn zu Beethoven
Blutvergiftung gestorben, der Kriegsfreiwillige Bur Swadt
Ausgaben gestellt sieht, kann es bei gesunder Finanzpolitik, der Auswahl der
bei Sechikamelbaum gefallen.
für die die neuen Handelverträge wertvoll sein dürften, auch Abend gefaßt mach
an den Mitteln nicht fehlen, die zur Lösung der wichtigen' sg. „mit dem Pauk
S
Millerin, nächst Hauptmanns Hannele die poetischste Mädchen¬
Ausen Schuiste und Fren grlsch.
Da er aber dem allzu
gestalt der deutschen Modernen. Würde ihr statt des wilden der
auf die zarteß. Buisch
Gießen, 10. November 1904. milde Typus des hingebenden kleinen Mädehens gelingen?
als flügellose ####
Vor einem Jahrzehnt sah ich in Berlin die Uraufführung
Seien wir ehrlich: die Erscheinung der Triesch entspricht im Das Schwerst##ur
der „Liebelei“. Arthur Schnitzler stellte sich dem Publikum
Aussehen nicht unserer Vorstellung von der jützen kleinen Christine, bürdet. Er spielte de
in seiner blonden Jugendlocken wohlgeordneter Fülle vor. Jüngst
diesem liebliche zarten Pflänzlein, des uns an Goethe's wunder¬
der vom Dichter gew#
bei der Aufführung seines Einsamen Weges“ in Frankfurt zeigte
holdes Lied von. Veilchen auf der Wiese“ erinnert. Und in den
Spiel fehlten doch nel
er, daß daß er heute nicht mehr der Dichter der sog. „süßen
ersten Szenen hätte sie vielleicht wie Goethe's Schäferin „mit
und die Versuche, Ueb
Madeln von der Weauerstadt“ ist und sein will. Doch sein ernst
leichtem Schritt und munterm Sinn“, das Heim ihres Geliebten
blieben eben nur Ver
gewordener männlicher Charakterkop# mißfiel den guten Frank¬
betreten können.
Schon in diesen Szenen deutete sie leise den
was er gab; man sp
furtern. Sie waren enttäuscht; sie hatten wohl den liebe¬
Gleichklang mit Goethe's Liedlein und dessen Ausgang an:
Der Theodor des Herr
seeligen Jüngling wieder zu sehen gehofft, und sahen einen müd
„Und nicht in acht das Veilchen nahm,
voll, als er kein so
gewordenen Weltschwerzler, dessen seiner balladenhafter Klagesang
Ertrat das arme Beilchen!“
gezwungenen Selbstbe
den Immer wiederkehrenden Rundreim vom Verzichten brachte.
Und noch eins: die Jugend, die diese intime Wiener Dichtung
des eleganten Flaneun
Daß #e auch schen in seiner Jugendrosenzeit den gleichen herben
verlangt, hat Irene Triesch wohl nie besessen.
Ruf, so keck und fest
Ton zgeschlagen, daß das entückende Liebesidyll aus seiner
Und doch hat nur durch sie die dramatische Clegie Schnitzlers
auf der Ringstraße 1
Jugen Tagen mit den gleichen wehmütigen Akkorden aus¬
gestern Gestalt erhalten. Und selbst in ihren ersten Szenen hatte
daß eine angenehmere
getlungen hätte, daß es schon „diese enge Welt einer städti¬
sie Recht. Ist es nicht natürlich, daß dieses junge Kind voll banger
im „Traumulus“ nic
schen Erotik verließ, um ins Menschliche zu dringen“, wie Herm.
Schen das Zimmer ihres Freundes betritt? Zumal es das erste
immer noch etwas kol
Bahr in seinen „Rezensionen“ (Berlin, Fischer) sehr richtig Mal ist, daß sie in eleganten“
en sich befindet, noch dazu bei
Frau Fischer zeigte
sagt, schien man vergessen zu haben. Und überdies gab „der
einem Manne. Mizis leichte¬
ist obendrein wahrlich nicht der
„Ein Herr“ hat nur
Einsame Weg“ keinem Darsteller sonderlich Gelegenheit zum Erweise
ihre; ihr Empfinden ist bei ner Zärtlichkeit doch von herber
Dutzend Worte zu spr
außergewöhnlicher Kunst. Bei der Berliner Premiere der „Liebe'ei“
Keuschheit, und in ihrem Herzen ist nicht nur die schlichte Schmeersten Darsteller, weil
dagegen hitte die Sorma die Christine gegeben, und ich er#nnere mich mut der ersten jungen Liebe, sondern der Todestrübsinn aufgegangen' vorü##erführen muß. H
ihres großen Erfolges. Eine fast weihevolle Stimmung herrschtel das dämmernde Bewußtsein, daß sie zu denen zählt, „welche Erregung, als hätte er
den Abend über in dem Theater an der Schumunnstraße. Später Isterben, wenn sie lieben“. Ihrem Herzchen war von Jugend auf
streich erfahren. Doch
nahm sich Adele Sandrock, die große Wienerin, auf ihren Reisen
das frohlebige „Carpe dieum“ der Mizi, ##i#tes an-tout-cns-Mädels,
E.ist ist das Lebe
der Rolle an, und seit Jahren gehört die Christine auch zu den
etwas Fremdes. Unmittelbar nach den Momenten höchster Selig¬
schen Worte schienen die
liebsten dramatischen Mädchengestalten der Triesch.
keit steht ihr die bange Frage vor Augen: Ist er mir morgen
abends zusammengestel
Wir kennen und verehren Frau Irene Triesch seit Jahren
noch treu? Wie Holzamers „armer Lukas“ ist auch sie ein Mensch,
Vor zwei Jahren
ais diejenige deutsche Bühnenkünstlerin, die der Galerie Ibsenscher
der Freuden nicht ertragen kann, der im Hellen immer an das
er unter dem Titel
Frauenporträts Blut und Leben zu leihen vermag wie keine
Dunkle denken muß.
Frege nach dem Ver
zweite. Bis in die geheimsten Herzfältchen fühlt sie die ungewöhn¬
dlus tiefster Empfindung, mit einer solchen Natürlichkeit ver¬
nissen anzuschneiden.
lichen nordischen Frauengestalten nach mit einem ganz seltsamen körperts Frau Triesch das Schicksal Christinens, daß uns bald schon
gleich dem „Einsamen
psychologischen Spürsinn. Sahen wir ihre Hedda oder ihre Noro jder Atem stockte. Jedes Wort, das leise und schwer und warm¬
rührende
das tat
so konnten wir uns nie des Eindruckes entzieben, daß in ihr selbstzitternd von ihren Lippen quoll, war ein Stück Seele, jeder Blick
Frau mit dem Dolche
vieles von diesen Frauen stecken müsse. Wie sie das geradezu un¬
ihrer tiefen dunklen Augen von unsäglicher Wehmut. Und welche
sich Schnitzler zu eine
heimliche Bewußtsein ihrer eigenen Individualität mit den klügsten
herzzermalmende Kraft hatten die großen tragischen Momente der
damit eine Selbstkar
Sarstellerischen Mitteln zu offenbaren weiß, das vermag ihr nie¬
seelischen Vernichtung Christinens im letzten Akte! — Das ist das
auf dem nichts weniger
mand ganz abzugucken; aber man hatte zugleich das Gefühl, daß
Leben — da sind wir, die Lebendigen! —
uid das ist der Tod, Parnaß, eine
dieses ihr Individualitätsbewußtsein sich zu steigern vernag bis und da sind die Toten! Wie das nebeneinader liegt! Nie hat
er noch seine subiekt
zum kraffesten, absurden Eigenwillen, und daß dabei der aus=uns von der Bühne herab dieses schandervolle Nebeneinander so
er es heute tut, die 9
gleichende Sinn für wahr und falsch, gut und böse zu kurz kommtiefsten aufgewühlt. Nie ist von der Bühne herab ein solcher
von so brillantem Nu#
Dem ethischen Kampfe Ibsens für die Wahrheit und wider die
Schmerz in die Herzen der Hörer eingekehrt.
sprühendem Witz, daß
Lüge steht die Triesch sein. Ihr ist es immer nur um den Sieg
Unsere heimischen Künstler gaben sich die größte Mühe, neben
nach einem Seitenstüch
der Frau zu tun, um das unterliegende Schicksal des Mannes.
einer Triesch nicht gar zu klein zu scheinen. Und doch klang das Shaw soll neulich, w
Sie kämpft mit Ibsen für das Recht der Frau auf Persönlichleit.
meiste, was von ihren Lippen kam. seelenlos auswendig gelernt —
größten Verblüssung
Von den Frauentypen Ibsens ist ihr der dämonisch=destruktive
sobald die Triesch uer ihnen weilte. Fanden sie sich unter sich, haben, doch niemand
Typus, der Typus der Hilde, Rebecca und namentlich der Hedda,
dann gings ganz flott und leicht und echt. Das war vornehmlich in köstlicher Weise ihr
der anziehendste. Diesen Rollen vermag sie ihre stärkste Kunst, ihre
beim alten Weirich des Herrn Lippert der Fall. Wie er sich
die Insassen eines lit
leide Ghastlichsten Töne abzugewinnen, diese Rollen scheinen mit der Madame Vinder unterhielt, da hatte er etwas Rührendes, halbe und ganze Nächt
geradeeu für sie geschaffen zu sein.
da fühlte man des guten Alten Herz von einsacher Größe, der die kettieren und jede, w##
Und nun spielte sie bei uns die Christine, die kleine, schwär= Anschauung einer Künstlerseele vom Leben hat und seiner Tochter aufwallung zu einem
merische Musikamtentochter, diese Enkelin von Schillers Luise das biseen Liebelei in ihren kurzen Pleitentagen gern görut. scheinigen Gedanken zu