VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1903–1906, Seite 55

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2. Lantings box 37/3
zu symbolisieren wagt. Liebe, Tod und Theater, diese
Spielarten einer gewissen Art erotischen Empfindens so
eien
drei Grundfarben, verbunden und verschmolzen durch alle
genau Bescheid weiß, daß einige seiner Bücher zur
möglichen Uebergänge und Mitteltöne, leuchten aus dem
Lieblingslektüre höchst wählerischer Lebemänner geworden
n der
poetischen Spektrum heraus, in welche Schnitzlers feines
sind, üben die Heimlichkeiten und Pikanterien des
Talent das Phänomen des Lebens wie ein durchsichtiger,
Sterbens beinahe einen noch schärferen Reiz aus als
snummer:
eigenartig geschliffener Kristall zerlegt. Schnitzlers poctisches
die neuen Entdeckungen, die dem Geschlechtsleben durch
Erfinden besteht darin, alle ersinnlichen Kombinationen
subtile Beobachtung etwa noch abgelauscht werden können.
31 und 32 bringen wir die
dieser drei Farben abwandelnd zu erschöpfen, den Tod
Jeder Seite, die Schnitzler über Tod und Sterben ge¬
g der Erzählung
durch die Liebe, die Liebe durch den Tod hindurchscheinen
schrieben hat, fühlt man's an, daß da einer redet, der
C
und Tod und Liebe und Liebe und Tod in das trügerische
hierin Erfahrung' har, Ich will hiemit nicht etwa, wie
aken“
Zwielicht der Illusion zu tauchen, das alle Gegenstände,
dies manche Kritkerzu tun pflegen, nur darauf an¬
die es überhaucht, ins Traumhafte und Unwirkliche ver¬
spielen, daß Sch# als Arzt vielfache Gelegenheit ge¬
von
flüchtigt und auflöst. Gerade jene unter Schnitzlers Sachen,
habt hat, das Sterben zu studieren, und daß er die
te Scapinelli.
die sich unwillkürlich auch dem blasiertesten Gedächtnis ein¬
Früchte seines Studzums als Poet verwertet. Nein,
— nach meiner Erfahrung das verläßlichste Kenn¬
wurzeln
Schnitzler kennt das Sterben wie einer, der es selbst
Fliegende Nummer:
zeichen echten und eigenartigen Wertes, weil das nur Werke
erlebt hat, er weiß es zu schildern wie einer, der schon
tun, in denen mindestens ein Körnchen von Urneuem
einmal gestorben ist. Ich vermute, daß er zu jenen
: „Lueile de Chateau¬
— gerade diese erweisen sich fast immer als Ver¬
steckt —
Menschen gehört, deren Gedanken, ohne daß ihre Freunde
ele Steinberg (Bonn).
flechtungen der genannten drei Themata, wobei bald der
dies zu bemerken brauchen und ohne daß ihre Stimmung:
Liebe, bald dem Tod, bald dem Wahn die führende
Entralverwaltung.“ Von
dadurch getrübt würde, unablässig mit dem unausweich¬
Stimme zufällt. So ists in „Sterben“, in der Novelle
lichen Tod beschäftigt sind, die sich die Zeit vertreiben,
. Literarische Notizen.
„Die Toten schweigen“, in „Parazelsus“, in der „Gefährtin“.
indem sie sich so intensiv wie möglich in das große Er¬
er. Kalender für das
im „Grünen Kakadu“, in der „Frau mit dem Dolch“,
lebnis des Sterbens hineinzufühlen suchen, von dem
den
den „letzten Masken“, im „Schleier der Beatrice“
keiner, der es einmal in Wirklichkeit erfahren hat, Be¬
31 bis 39.
„Dämmerseelen“, im „Lieutenant Gustl“ und manchen
richt abstatten kann, die jeden Tag etlichemal in der
anderen Geschichten und Bühnenspielen. In allen führen
Phantasie sterben. „Gestorbene“ möchte ich diesen Typus
Eros, Thanatos und Dionysos mannigfaltig varüierte,
des Romans „Die Liebe
taufen, der häufiger ist als mancher ahnt. Nur ein solcher
viel verschlungene Tänze und Spiele auf, haschen sich
Mensch ist fähig, wie Schnitzler dies in „Lieutenant
Richard Voß. Seite
und fliehen sich, suchen bald einander nachzuäffen, bald
Gustl“ vollbracht hat, die Gedanken und Stimmungen,
voneinander grell abzustechen, stehlen eines des andern
die einem jungen, mit heißem Leben überfüllten Menschen
Wasse oder Symbol, so daß einmal Eros oder Thanatos
in den wenigen Stunden, die ihn vom unvermeidlichen
die Maske des mimischen Gottes trägt, dann wieder
Ende trennen, durch Kopf und Nerven gehen, so zu
lleton.
Thanatos sich statt seiner Seuse des Erospfeiles bedient,
schildern wie Schnitzler, mit brutaler Unmittelbarkeit und
um ein Leben zu vernichten. Niemals aber zerreißt der
Selbstverständlichkeit, sekundenweise, wie etwas persönlich
Schnitzler.
darüber gebreitete feine Traumschleier, niemals, trotz aller
Empfundenes, so daß er unwillkürlich die erzählende
Wahrheit und Lebendigkeit der Darstellung, wirft uns
rsseren v. Berger.
Form mit dem Monolog vertauschen muß. Nur ein
die Empfindung, einen Naturabklatsch vor uns zu haben,
solcher Mensch kann auch so vertraut sein mit den
en handeln Arthur Schnitzlers
aus der Welt der Poesie in die nüchterne Wirklichkeit...
Wirkungen, die, oft, ohne daß wir's selber wissen, die Gewi߬
samt und sonders nur von
heit, daß wir über kurz oder lang sterben müssen, auf
Drei Gebiete des Seelenlebens beherrscht Schnitzler,
eben, vom Sterben und vom
unser ganzes Seelenleben übt, nur er durchschaut, duß
„Komödiespielen“ im denkbar
um einen seinem bürgerlichen Beruf, dem ärztlichen, ent¬
der Gedanke an die nahe unausweichliche Vernichtung
Wahn und Traum in sich be¬
lehnten Ausdruck zu gebrauchen, als Spezialist: das
unseren Lebensdrang zum höchsten Grade steigert, daß
erotische Gebiet, das innere Verhältnis des Menschen zum
hen und an Stelle von „Lieben“
der Tod die geheime Quelle der Genußsucht ist, wie schon
Tod und endlich das in uns allen spukende schau¬
Wort zu denken ist, dessen Be¬
spielerische, genauer komödiantische Etwas. Es ist selt= in der Bibel zu lesen: „Lasset uns essen und trinken
n einem seiner charakteristischesten
ur durch stumme Gedankenstriche sam, auf diesen Dichter, der in allen Nuancen und und fröhlich sein, denn morgen sind wir tot.“ Es ie