VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1909–1912, Seite 20

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Seite 426 meiner Literaturgeschichte steht ausdrücklich zu lesen:
darin durchaus zuzustimmen, daß die Zahl der Jnden unter
„Hier (in der Gründerperiode) tritt nun auch das seit 1848
den schöpferischen Persönlichkeiten der modernen
bürgerlich gleichberechtigte und seitdem zu großer Bedeutung
deutschen Literatur außerordentlich gering ist. Das ent¬
gediehene Judentum zum ersten Mal als Macht im deutschen
spricht durchaus meiner Theorie, daß das Judentum (ungleich
Leben offen hervor, wir sehen es auf wirtschaftlichem (Börse)
dem Volke Israel der Bibel, das bekanntlich etwas ganz
wie auf geistigem Gebiete (Presse, Theater, Literatur)
anderes ist, stark mit turanischen und arischen Elementen
seinen durchaus unheilvollen Einfluß üben, der seitdem nicht
versetzt und von den Hebräern vielleicht nur „vergewaltigt“)
wieder überwunden ist. Aber doch wäre es ungerecht, das
überhaupt keine oder sehr geringe schöpferische Begabung
zersetzende Judentum allein oder auch nur zum größeren
hat, sich immer nur Fremdes aneignet, allerdings in meister¬
Teile für die deutsche Decadence verantwortlich zu machen,
haft=virtuoser Art. Eben durch die virtuose Aneignung, die
nein, in der Hauptsache tragen wir Deutschen selber die
brillante Mache gewinnen dann aber jüdische Talente
Schuld, wir haben den Mächten der Zeit kein in sich ge¬
großen Einfluß und drängen nicht nur die nationalen
festetes Deutschtum entgegengestellt, haben im besonderen die
Talente in den Hintergrund, sondern verderben auch
Einigung des Reiches als Abschluß unserer nationalen
Literatur und Leben, schon deswegen, weil sie als Virtnosen
Kämpse angesehen, ja, sogar ein völlig äußerliches und
naturgemäß äußerlicher sind als die nationalen Talente,
hohles, sich an patriotischen Phrasen berauschendes Selbst¬
dann weil doch von den weniger guten Eigenschaften ihrer
gefühl in uns ausgebildet, das mit ernstem Deutschgefühl und
Rasse immerhin allerlei in ihre Werke überfließt, mögen diese
echtem nationalen Stolz auch nicht die Spur gemein hatte.“
zunächst auch Gehalt wie Form entlehnen. Das ist meine
Wie ein ernsthafter Leser meiner Literaturgeschichte diese
Grundanschauung, und sie ist unzweifelhaft unwiderlegbar,
wichtige Stelle übersehen kann, ist doch schwer zu begreifen.
Heine, etwa im Verhältnis zu Goethe, Uhland, Eichendorff,
Ich habe dann weiter die Ueberwindung der Decadence
Mörike gesehen, Auerbach im Verhältnis zu Jeremias Gotthelf
durch die soziale (Rodbertus, Wagner, Stöcker u. s. w.)
sprechen da gar zu deutlich. Im besonderen aber hat
und die nationale Bewegung (Treitschke, Lagarde, Friedrich
die jüngste Literaturentwicklung den ungünstigen Einfluß
Lange u. s. w.) dargestellt, und wenn ich in der letzten
des Judentums erfahren. Gewiß, die Brüder Hart, Bleib¬
Auflage meines Werkes die Judengefahr wieder stärker be¬
treu, Conrad, die Fütter der Gärung der achtziger Jahre,
tonte, so geschah es, weil in neuerer Zeit der literarische
sind keine Jnden, aber man darf doch nicht, wie es
Einfluß des Jndentums wieder größer geworden ist. Eben
die „Kölnische Zeitung“ tut, verschweigen, daß neben
das, was der Verfasser des Kölnischen Zeitungs=Artikels
ihnen die Leo Berg, Eugen Wolff, Konrad Alberti, Otto
als von mir „nicht in Rechnung gezogen“ anführt, die
Brahm, Hermann Bahr (bei dem ich das übliche Frage¬
Weltstadtentwicklung Berlins, die sozialen Bewegungen, die Be¬
zeichen mit Vergnügen mache) stehen und daß diese Führer
wegung der Frauenfrag. die modernen naturwissenschaftlichen
die lautesten waren und den größten Einfluß hatten,
Theorien, ist dem Judentum zu gute gekommen und hat
das heißt, die Bewegung um ihre ursprünglichen nationalen
seine Macht erhöht. Berlin ist oder scheint doch, das kann
Ziele gebracht haben. Auch Sudermann und Hauptmann
sind keine Juden, aber wiederum stehen neben dem ersteren
kein Mensch bestreiten, heute wesentlich jüdische Stadt:
Alle seine Theater, die meisten seiner Zeitungen, auch ein
Talent. wie Felix Philippi, Ludwig Fulda, Rudolf Lothar,
Lothar Schmidt usw., neben dem letzteren Schnitz'er, Hirsch¬
großer Teil seiner Industrie, seines Handels und Verkehrs,
feld, Langmann, Dörmann usw., und unzweifelhaft heimsen
selbst des Grundbesitzes sind in jüdischen Händen oder unter
sie einen bedeutenden Teil der Erfolge ein, während die
jüdischem Einfluß, und selbst sein äußeres großstädtisches
deutschen Talente zweiten und dritten Ranges solche voll¬
Leben trägt im ganzen die jüdische Physiognomie. Ich
ständig entbehren müssen und darüber verzweifeln oder zu
weiß, daß trotzdem Hunderttausende von Berlinern gute
Erfolgdienern werden. Das ist die „Signatur“ der neuen
Deutsche sind, und daß die das Judentum bekämpfenden
deutschen Literaturentwicklung: Das Judentum bemächtigt
Mächte auch ihren Einfluß haben, aber der Gesamteindruck
sich der großen deutschen Talen der Zeit, wie Haupt¬
eines Neu=Jerusalem, wie schon Karl Immermann sagte,
manns, und stellt die Leute des Tags aus Eigenem. Dabei
wird dadurch nicht aufgehoben. Daß die sozialen Be¬
kommt dann aber das Dekadente, das ich hier
wegungen sozialdemokratischer und Naumannscher Richtung
als das dem Nationalcharakter Widersprechende und
vor allem dem Indentum zu gute gekommen sind, ist auch
das nationale Leben durch Sensation und Mode Verderbende
bekannt und ebenso, daß die Frauenbewegung, wenigstens
definieren möchte, allezeit empor, selbst die größeren deutschen
die extremere, ganz unter jüdischen Einfluß geraten ist.
Talente werden ruiniert, irregeleitet, zuletzt dann mitleidlos
Endlich übt das Judentum einen starken Einfluß auf die
beiseite geschoben. Das sind Verhältnisse, wie sie uns jeder
Entwicklung der modernen Naturwissenschaft, indem es
Tag offenbart. Selbstverständlich leugne ich nicht, daß
deren auflösende Tendenzen fördert, aber gesunde Ideen,
auch nationale Talente von Zeitkrankheiten ergriffen werden
wie die der Rassenlehre, mögen sie wissenschaftlich noch so
können, aber daß die Decadence so ausgeprägt wird und
begründet sein, nicht aufkommen läßt. Das sind doch alles
so weite Kreise packt, ist zu einem guten Teil sicherlich
ernsthaft nicht gut zu bestreitende Tatsachen, denen als er¬
Schuld des Jndentums. Schon unter den Münchener
freuliche nur die gegenübersteht, daß sich der gesellschaftliche
Dichtern sind die beiden modernsten und den Zeitkrankheiten
Antisemitismus unter den Gebildeten Deutschlands so
zugänglichsten, Heyse und Hopfen, Halbjuden, und wiederum
ziemlich allgemein durchgesetzt hat, ohne freilich auf das
kann man auch unter den Neuesten die dekadentesten Er¬
Kulturleben bereits allzu starken Einfluß zu üben.
scheinungen als jüdisch nachweisen. Mein Kritiker nennt
Kommen wir jetzt zum Literaturleben zurück, so haben
I Otto Erich Hartleben, Otto Julius Bierbaum, Fran,
wir dem Verfasser des Aufsatzes in der „Kölnischen Ztg.“