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2. Cuttings
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Gelegenheit, so noch neulich gegen das geliebte Hamburg
Wedekind Christen (nebenbei bemerkt, das ist nicht nur
Heines, heraufbeschwört, und seine Mitarbeiter sind eben Jnden
Irreleitung, sondern auch geschmacklos, der Unterschied ist
und Judengenossen. Ludwig Thoma hat zwar auch deutsche
Jude und Deutscher, nicht Jnde und Christ, das Deutschtum
Züge, aber die Art, wie er beispielsweise den denunzierenden
der „Staatsbürger israelitischer Konsession“ ist nach allem,
Otto Wasner in seiner „Moral“ äußerlich zum Germanen prägt
was vorgefallen, nicht mehr zu retten) — nun, ich bin nicht
(man erinnert sich an das „Klagelied des altteutschen Jünglings“
ganz sicher, ob nicht doch jüdisches Blut, vielleicht ihnen
bei Heine) beweist klar, daß er allmählich für unser Volkstum
selbst unbewußt, in ihnen mitwirkt, zum Teil sprechen ja
vollständig verloren ist, Roda=Roda ist, wie sein charakte¬
selbst die Namen (der bekannte englische Schauspieler
ristisches Antlitz zeigt, unzweiselhaft Semit. Thomas Mann,
Beerboom=Tree ist Jude) nicht dagegen. Wir dürfen nicht
der frühere Redakteur des „Simplicissimus“, hat mir den
vergessen, daß wir in Deutschland, leider, leider,
jüdischen Einschlag zwar direkt bestritten und nur einen
ziemlich viele deutsch=jüdische Mischungen haben. Aber,
kreolischen zugegeben. Aber die natürliche Wahlverwandt¬
wären die drei auch Germanen, Hofmannsthal,
schaft beweisen doch seine Parteinahme für das Halbjudentum
Wassermann usw. sind Jnden. Von den Frauen,
den alteingesessenen deutschen Buddenbrooks gegenüber und
die dann angeführt werden, ist mir Marie Madeleine
seine Ehe, ganz abgesehen davon, daß ich an „Kreolinnen“.
stets als Jüdin genannt worden, Gabriele Reuter gehört
eigentlich nicht mehr recht glaube, seitdem man mir hier
doch nicht in diesen Zusammenhang, wohl aber wären noch
in Weimar einmal die Gattin des Literaturhistorikers
Ernst Rosmer (Elsa Bernstein) Marie Eugenie della Grazie,
R. M. Meyer als Kreolin gezeigt hat. Also bleiben wir
Juliane Dery, Else Lasker=Schüler und einige andere zu
beim „jüdischen“ Simplicissimus! Stark jüdisch ist auch die
nennen gewesen, die doch zum Teil entschieden die De¬
„Jugend“, die zwei jüdische Redakteure hat, und weiter stehen
cadence repräsentieren — selbst Ilse Frapan gehört mit
von allen deutschen liberalen Zeitungen die „Münchener
einigen ihrer Werke hierher. Daß München die ausge¬
Neuesten Nachrichten“ dem Judentum wohl am nächsten. So
prägte Neigung zur Deradence und Bohéme=Wirtschaft zeigt,
ist es doch nichts mit dem judenfreien und trotzdem dekadenten
führe ich wesentlich mit auf jüdische Einflüsse zurück: die
München. Ich könnte hier nun gleich eine Abhandlung
Juden sind dort ziemlich mächtig, wie es die Unterschriften
über die deutschen Zeitungen und Zeitschriften überhaupt
unter einem Aufruf zu Gunsten einer Veranstaltung für ein
und ihr Verhältnis zum Judentum anschließen, aber man
Heine=Denkmal, den ich in meinen „Heinegenossen“,
wird mir ohne weiteres glauben, daß ich mich da notgedrungen
2. Aufl., veröffentlicht habe, zeigen: Max Monheim,
gut orientiert habe. Man kann es schon, wenn man die
Lion Feuchtwanger als Präsidium des Vereins Phöbus,
Inhaltsangaben der Zeitschriften in Blättern wie dem
dann Kommerzienrat Dr. Martin Arendt, Justizrat Max
„Literarischen Zentralblatt“ regelmäßig verfolgt.
Bernstein, Oberbürgermeister Dr. Casselmann, Prof. Anton
Die Verjudung der Kritik und die Schwächen der
Fuchs, Emil Gutmann, Abgeordneter Dr. J. Goldschmidt,
jüdischen Kritik werden in der „Kölnischen Zig.“ loyal zu¬
Prof. Hugo von Habermann, Schriftsteller Korfiz Holm,
gegeben, nur meint sie dann wieder, daß doch die Kritik
Prof Max Manuel, Generalintendant Ernst von Possart,
nicht die moderne Literatur geschaffen habe, und daß die
Oberregisseur Siegfried Raabe, Direktor Rudolf Rosa,
schaffenden Künstler überwiegend „Christen“, übrigens auch
Direktor J. G. Stolberg, um nur einige „verdächtige“
sympathische Juden wie Schnitzler unter ihnen seien.
Namen zu nennen. Auch Schriftsteller Thomas Mann
Gewiß hat die Kritik die moderne Literatur nicht geschaffen,
und Schriftsteller Alexander Roda=Roda stehen unter dem
aber sie ist ihr, wie seit Lessings Tagen jeder neuen Richtung,
Aufruf, und das führt uns zum „Simplicissimus“, dem in der
vorangegangen und dann hat sie im großen Ganzen die
„Köln. Ztg.“ der jüdische Charakter abgesprochen wird. Um
Geltung und den Erfolg der schaffenden Künstler bestimmt,
Gottes willen! Der Verleger des „Simplicissimus“ ist
in diesem Falle nicht eben zum Heil unseres Volkstums;
Albert Langen, den der bekannte Karl Paasch, für mich
denn nicht nur sind ausländische Größen wie Zola, Ibsen,
allerdings keine absolute Autorität, aus persönlicher Bekannt¬
Tolstoi, selbst untergeordnetere und dekadente Größen wie
schaft als Juden geschildert hat, und der eigentliche In¬
Wilde, D'Annunzio, Shaw, Heyermans, Gorjki weit besser
spirator, geistige Schöpfer des Blattes war kein anderer als
weggekommen als unsere einheimischen Talente, auch die
der jüdische Maler und Zeichner Th. Th. Heine, der meiner
Abstufung bei diesen ist selten nach den Grundsätzen der
Ansicht nach dem deutschen Leben nicht viel weniger schädlich
Gerechtigkeit, sondern mehr nach der Stellung der Einzelnen
und gefährlich geworden ist als sein Namensvetter, der
zum Judentum erfolgt. Ferner ist auch die Zahl der zur
Dichter. Ich entsinne mich wohl, wie mir einst in der
Anerkennung gebrachten jüdischen Talente weit größer, als
Bibliothek Ferdinand Avenarius' ein Band Heinescher Sim¬
es die Angaben in der „Kölnischen Ztg.“ vermuten lassen.
plicissimus=Zeichnungen in die Hände fiel und wie ich wahr¬
Man wird nicht behaupten wollen, daß ich ein jüdisches
haft erschrak über die ätzende Schärfe und das tödliche Gift,
Talent anders als notgedrungen in meine literaturgeschicht¬
das in diesen steckt und in Deutschland leider zu spät er¬
lichen Werke aufnehme — in der neuesten Auflage
kannt worden ist. Da wir nun aber diese Schärfe und dieses
meines „Handbuches zur Geschichte der deutschen Literatur“.
Gift schon von Heinrich Heine her als jüdisch kennen, so
habe ich nun unter etwa 350 Dichtern der Moderne
wollen wir uns auch durch die Redensart, daß dem „Sim¬
doch etwa 70 Juden verzeichnen müssen, das sind
plicissimus“ das besondere Gepräge des jüdischen Witzes
rund 20 v. H., obgleich die Juden unter der
(es wird hier wohl an die harmlosere kalauernde Abart
Bevölkerung Deutschlands nur reichlich 1 v. H. ausmachen.
gedacht) und der jüdischen Kritik fehle, nicht irre machen
Nimmt man nun noch dazu, daß diese dichtenden Juden in
lassen. Nein, das Blatt steht unter dem frechsten und gistigsten
Geiste des seligen Heinrich Heine, den es auch bei jeder] der Regel dekadente Virtnosen oder reine Geschäftstalente sind,
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Gelegenheit, so noch neulich gegen das geliebte Hamburg
Wedekind Christen (nebenbei bemerkt, das ist nicht nur
Heines, heraufbeschwört, und seine Mitarbeiter sind eben Jnden
Irreleitung, sondern auch geschmacklos, der Unterschied ist
und Judengenossen. Ludwig Thoma hat zwar auch deutsche
Jude und Deutscher, nicht Jnde und Christ, das Deutschtum
Züge, aber die Art, wie er beispielsweise den denunzierenden
der „Staatsbürger israelitischer Konsession“ ist nach allem,
Otto Wasner in seiner „Moral“ äußerlich zum Germanen prägt
was vorgefallen, nicht mehr zu retten) — nun, ich bin nicht
(man erinnert sich an das „Klagelied des altteutschen Jünglings“
ganz sicher, ob nicht doch jüdisches Blut, vielleicht ihnen
bei Heine) beweist klar, daß er allmählich für unser Volkstum
selbst unbewußt, in ihnen mitwirkt, zum Teil sprechen ja
vollständig verloren ist, Roda=Roda ist, wie sein charakte¬
selbst die Namen (der bekannte englische Schauspieler
ristisches Antlitz zeigt, unzweiselhaft Semit. Thomas Mann,
Beerboom=Tree ist Jude) nicht dagegen. Wir dürfen nicht
der frühere Redakteur des „Simplicissimus“, hat mir den
vergessen, daß wir in Deutschland, leider, leider,
jüdischen Einschlag zwar direkt bestritten und nur einen
ziemlich viele deutsch=jüdische Mischungen haben. Aber,
kreolischen zugegeben. Aber die natürliche Wahlverwandt¬
wären die drei auch Germanen, Hofmannsthal,
schaft beweisen doch seine Parteinahme für das Halbjudentum
Wassermann usw. sind Jnden. Von den Frauen,
den alteingesessenen deutschen Buddenbrooks gegenüber und
die dann angeführt werden, ist mir Marie Madeleine
seine Ehe, ganz abgesehen davon, daß ich an „Kreolinnen“.
stets als Jüdin genannt worden, Gabriele Reuter gehört
eigentlich nicht mehr recht glaube, seitdem man mir hier
doch nicht in diesen Zusammenhang, wohl aber wären noch
in Weimar einmal die Gattin des Literaturhistorikers
Ernst Rosmer (Elsa Bernstein) Marie Eugenie della Grazie,
R. M. Meyer als Kreolin gezeigt hat. Also bleiben wir
Juliane Dery, Else Lasker=Schüler und einige andere zu
beim „jüdischen“ Simplicissimus! Stark jüdisch ist auch die
nennen gewesen, die doch zum Teil entschieden die De¬
„Jugend“, die zwei jüdische Redakteure hat, und weiter stehen
cadence repräsentieren — selbst Ilse Frapan gehört mit
von allen deutschen liberalen Zeitungen die „Münchener
einigen ihrer Werke hierher. Daß München die ausge¬
Neuesten Nachrichten“ dem Judentum wohl am nächsten. So
prägte Neigung zur Deradence und Bohéme=Wirtschaft zeigt,
ist es doch nichts mit dem judenfreien und trotzdem dekadenten
führe ich wesentlich mit auf jüdische Einflüsse zurück: die
München. Ich könnte hier nun gleich eine Abhandlung
Juden sind dort ziemlich mächtig, wie es die Unterschriften
über die deutschen Zeitungen und Zeitschriften überhaupt
unter einem Aufruf zu Gunsten einer Veranstaltung für ein
und ihr Verhältnis zum Judentum anschließen, aber man
Heine=Denkmal, den ich in meinen „Heinegenossen“,
wird mir ohne weiteres glauben, daß ich mich da notgedrungen
2. Aufl., veröffentlicht habe, zeigen: Max Monheim,
gut orientiert habe. Man kann es schon, wenn man die
Lion Feuchtwanger als Präsidium des Vereins Phöbus,
Inhaltsangaben der Zeitschriften in Blättern wie dem
dann Kommerzienrat Dr. Martin Arendt, Justizrat Max
„Literarischen Zentralblatt“ regelmäßig verfolgt.
Bernstein, Oberbürgermeister Dr. Casselmann, Prof. Anton
Die Verjudung der Kritik und die Schwächen der
Fuchs, Emil Gutmann, Abgeordneter Dr. J. Goldschmidt,
jüdischen Kritik werden in der „Kölnischen Zig.“ loyal zu¬
Prof. Hugo von Habermann, Schriftsteller Korfiz Holm,
gegeben, nur meint sie dann wieder, daß doch die Kritik
Prof Max Manuel, Generalintendant Ernst von Possart,
nicht die moderne Literatur geschaffen habe, und daß die
Oberregisseur Siegfried Raabe, Direktor Rudolf Rosa,
schaffenden Künstler überwiegend „Christen“, übrigens auch
Direktor J. G. Stolberg, um nur einige „verdächtige“
sympathische Juden wie Schnitzler unter ihnen seien.
Namen zu nennen. Auch Schriftsteller Thomas Mann
Gewiß hat die Kritik die moderne Literatur nicht geschaffen,
und Schriftsteller Alexander Roda=Roda stehen unter dem
aber sie ist ihr, wie seit Lessings Tagen jeder neuen Richtung,
Aufruf, und das führt uns zum „Simplicissimus“, dem in der
vorangegangen und dann hat sie im großen Ganzen die
„Köln. Ztg.“ der jüdische Charakter abgesprochen wird. Um
Geltung und den Erfolg der schaffenden Künstler bestimmt,
Gottes willen! Der Verleger des „Simplicissimus“ ist
in diesem Falle nicht eben zum Heil unseres Volkstums;
Albert Langen, den der bekannte Karl Paasch, für mich
denn nicht nur sind ausländische Größen wie Zola, Ibsen,
allerdings keine absolute Autorität, aus persönlicher Bekannt¬
Tolstoi, selbst untergeordnetere und dekadente Größen wie
schaft als Juden geschildert hat, und der eigentliche In¬
Wilde, D'Annunzio, Shaw, Heyermans, Gorjki weit besser
spirator, geistige Schöpfer des Blattes war kein anderer als
weggekommen als unsere einheimischen Talente, auch die
der jüdische Maler und Zeichner Th. Th. Heine, der meiner
Abstufung bei diesen ist selten nach den Grundsätzen der
Ansicht nach dem deutschen Leben nicht viel weniger schädlich
Gerechtigkeit, sondern mehr nach der Stellung der Einzelnen
und gefährlich geworden ist als sein Namensvetter, der
zum Judentum erfolgt. Ferner ist auch die Zahl der zur
Dichter. Ich entsinne mich wohl, wie mir einst in der
Anerkennung gebrachten jüdischen Talente weit größer, als
Bibliothek Ferdinand Avenarius' ein Band Heinescher Sim¬
es die Angaben in der „Kölnischen Ztg.“ vermuten lassen.
plicissimus=Zeichnungen in die Hände fiel und wie ich wahr¬
Man wird nicht behaupten wollen, daß ich ein jüdisches
haft erschrak über die ätzende Schärfe und das tödliche Gift,
Talent anders als notgedrungen in meine literaturgeschicht¬
das in diesen steckt und in Deutschland leider zu spät er¬
lichen Werke aufnehme — in der neuesten Auflage
kannt worden ist. Da wir nun aber diese Schärfe und dieses
meines „Handbuches zur Geschichte der deutschen Literatur“.
Gift schon von Heinrich Heine her als jüdisch kennen, so
habe ich nun unter etwa 350 Dichtern der Moderne
wollen wir uns auch durch die Redensart, daß dem „Sim¬
doch etwa 70 Juden verzeichnen müssen, das sind
plicissimus“ das besondere Gepräge des jüdischen Witzes
rund 20 v. H., obgleich die Juden unter der
(es wird hier wohl an die harmlosere kalauernde Abart
Bevölkerung Deutschlands nur reichlich 1 v. H. ausmachen.
gedacht) und der jüdischen Kritik fehle, nicht irre machen
Nimmt man nun noch dazu, daß diese dichtenden Juden in
lassen. Nein, das Blatt steht unter dem frechsten und gistigsten
Geiste des seligen Heinrich Heine, den es auch bei jeder] der Regel dekadente Virtnosen oder reine Geschäftstalente sind,
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