box 37/4
2. Cuttings
— 485
daß neben und hinter ihnen zahlreiche jüdische Literaturhistoriker,
gesandt hat; nehme man dazu noch den Fleischelschen,
Kritiker, Feuilletonisten, überhaupt Journalisten stehen, die sie
den Langenschen Verlag usw., so steigt die Zahl vielleicht
mit allen Mitteln (geräuschvolle Modereklame, sagt die „Köl¬
aufs Doppelte. Nehnie man dazu noch Zeitschriften und
nische Ztg.“) fördern, so stellt sich die Judengefahr für die
Zeitungen, so sehen wir einen (milde ausgedrückt) ver¬
deutsche Literatur und das deutsche Leben doch nicht so
wirrenden Einfluß eines fremden Volkes unter uns, gegen
gering dar. Ich nenne eine Anzahl jüdischer Dichter und
den wir uns und unsere Eigenart auf die Dauer zweifellos
Schriftsteller, um die Gefahr etwas deutlicher zu zeigen:
nicht behaupten können, zumal natürlich auch immer mehr
da sind von älteren noch Paul Lindau und Oskar Blumen¬
deutsche Schriftsteller „infiziert“ werden. Die letzte Sta¬
thal mit seinen verschiedenen Mitarbeitern wie Kadelburg,
tistik über die gelesensten Romane ergab als die gelesensten
dann Hugo Lubliner und Fritz Mauthner tätig, Arthur
Bücher — man bedenke, was das heißen will — Suder¬
Schnitzler, auch mir nicht unsympathisch, gilt als Größe, ob¬
manns Dirnenroman „Das hohe Lied“ und Georg Her¬
sgleich in seinen Dramen doch nichts vom Wienertum zu
manns (übrigens recht nette) jüdische Familieuromane
finden ist, was nicht bei älteren deutschen Dichtern, vor
„Jettchen Gebert“ und „Henriette Jacoby“. Das neunt
allem bei Anzengruber und Ferdinand von Saar, auch
man Verwirrung der Instinkte, Decadence.
schon anzutreffen wäre, ebenso Ludwig Fulda, der doch ein
Als Trost für die Verjudung unserer Literatur wird
ausgeprägter Epigone ist. Von jüdischen Frauen sind
uns von dem Verfasser des „Kölnischen Zeitung“=Aufsatzes
außer Ilse Frapan, Ernst Rosmer und Marie delle Grazie
dann „die außerordentliche Bedeutung des jüdischen
auch Adalbert Meinhardt (Marie Hirsch), Selma (Anselm)
Publikums für die deutsche Literatur christlicher Herkunft.
Heine, Lou Andreas= Salome und Leoni. Meyerhof (Leo
so gut wie jüdischer“ entgegengehalten. Leider ist diese
Hildeck) ziemlich bekannt und gelesen, von Männern noch
außerordentliche Bedeutung eine Legende, wie überhaupt
Felix Holländer, Hans Land (Landsberger), Jakob Wasser¬
alles Gerede von dem hohen Wert jüdischer Vermittler¬
mann, und neuerdings Georg Hermann (Borchardt),
tätigkeit. Natürlich weiß auch ich, daß es in Berlin „eine
der Verfasser von „Jettchen Gebert“. Auf unseren
ganze Menge hochstehender, hochbetitelter Persönlichkeiten
Bühnen verhältnismäßig viel aufgeführt werden
gibt, denen Theaterpremieren oder ein aufsehenerregender
noch Felix Philippi, Georg Hirschfeld, Philipp Langmann,
Roman höchst gleichgiltig sind“ — Gott sei Dank, füge ich
Felix Dörmann, Georg Engel, Lothar Schmidt (Goldschmidt),
hinzu, und es gibt sogar noch eine ganze Menge nicht
Heinrich Lee (Landsberg), Felix Salten, Raoul Auernheimer.
hochstehender und nicht hochbetitelter, aber vortrefflich ge¬
Zu einer Größe sucht man wieder Hugo von Hofmannsthal
bildeter Menschen, denen sie auch höchst gleichgiltig sind,
zu stempeln, dem sich eine ganze wesentlich jüdische Schule,
wenn nicht wirkliche Werte hinter ihnen stehen. Wie selten
Richard Beer=Hofmann, Leo Greiner, Julius Bab usw. an¬
ist das aber bei den Berliner Sensationen der Fall!
schließt. Auch Alfred Mombert ist Jude. Endlich sind noch
Man gebe sich über das rege literarische Leben Berlins,
die schon verstorbenen Jakob Julius David und Ludwig
das dortige „Interesse für das ernste Schauspiel“ doch nur
Jacobowski, von noch lebenden älteren Dichtern Jakob
keinen Täuschungen hin! Das jüdische Unterhaltungs= und
Löwenberg, Friedrich Adler und Hugo Salus, von jüngeren
Abwechslungsbedürfnis spielt dabei die Hauptrolle. Un¬
Emil Faktor, Paul Wertheimer, Oskar Winer, Stephan!
zweifelhaft, die Juden haben literarische Interessen, haben
Zweig Juden, doch alles bekanntere Namen. Nicht erwähnt
sie vielleicht mehr als wir Deutschen, aber ich habe noch
habe ich da noch Rideamus (Fritz Oliven) und verwandte
nie gefunden, daß dabei etwas Gescheites heraus¬
Talente, die sogar recht zahlreich sind und so geschmack= und
gekommen sei, es ist eben bloßes Interesse, Interessiert¬
sittlich verwüstend wirken, daß man nicht begreift, weshalb
heit, etwas Höheres und Tieferes spricht da kaum mit.
sich der heute modische Kampf gegen die Schundliteratur
Wie könnten sonst auch die Interessen so rasch wechseln!
nicht auch einmal gegen sie richtet. Würde ich meine Auf¬
Man gebe einmal eine Liste der jüdischen Lieblinge seit
stellungen auf Grund des Kürschner machen, das Bild unserer
1870, und man wird erstaunen, wie groß die Zahl der
heutigen Literaturverhältnisse würde jedenfalls noch viel trost¬
Modegötzen seitdem gewesen ist, und wie rasch sie durch¬
loser ausfallen, auch so aber erkennt man wohl, daß das
schnittlich wieder in Ungnade gefallen sind. Nein, vor der
Judentum in unserer Literatur eine Macht und nicht eben
dauernden Einführung dieses jüdischen „Interesses“ möge
die Vertretung der nationalen Gesundheit ist. In zweierlei
der liebe Gott unser Volk gnädig bewahren! Gewiß, wir
Hinsicht wird es gefährlich: erstens trägt es (wenn auch nicht
Deutschen sind immer noch etwas schwerfällig, wir sind
allein) in unsere literarische Entwicklung die Sensation, die
auch meist zunächst ungerecht gegen unsere großen Männe¬
Decadence, die Zersetzung hinein, indem es aus anderer
und behandeln sie schlecht, wir haben im besonderen fast
Sittlichkeit heraus, also auch aus anderen Motiven und
allen unseren großen Dichtern, mit Ausnahme etwa des
mit anderen Tendenzen als wir Deutschen schafft; zweitens
Lieblings Schiller, übel mitgespielt. Aber darum sind
aber wirkt es auch da, wo es nicht direkt etwas will, wo
wir weder kulturunfähig noch kulturlos. Es ist einfach
es auf objektive Darstellung deutschen Lebens ausgeht, ge¬
nicht wahr, daß der Deutsche nie Bücher gekauft, sondern
fährlich, eben weil es mit ganz anderen Augen sieht. Man
stets die gute Flasche Wein zu demselben Preise vorgezogen
verdirbt uns Deutschen nicht bloß die unbeirrte Entwicklung
habe: Man schlage einmal den Gocdeke auf und vergleiche,
unserer Literatur in unserem Geiste, man bringt uns auch
welche Zahl von Auflagen nicht bloß Goethes und Schillers
eine falsche Anschauung von unserem Leben bei. Ich habe
Hauptwerke, sondern auch geringere Dichter wie Uhland,
neulich irgendwo erwähnt, daß nach oberflächlicher Schätzung
Rückert, Chamisso, Gustav Freytag, Emanuel Geibel,
allein der Verlag S. Fischer im letzten Jahrzehnt an
Friedrich Bodenstedt usw. erlebt haben. Sind da die
250000 Bände jüdischer Autoren ins deutsche Volk hinaus= Käufer etwa Juden gewesen? Zweifellos nicht. Ehense
S
2. Cuttings
— 485
daß neben und hinter ihnen zahlreiche jüdische Literaturhistoriker,
gesandt hat; nehme man dazu noch den Fleischelschen,
Kritiker, Feuilletonisten, überhaupt Journalisten stehen, die sie
den Langenschen Verlag usw., so steigt die Zahl vielleicht
mit allen Mitteln (geräuschvolle Modereklame, sagt die „Köl¬
aufs Doppelte. Nehnie man dazu noch Zeitschriften und
nische Ztg.“) fördern, so stellt sich die Judengefahr für die
Zeitungen, so sehen wir einen (milde ausgedrückt) ver¬
deutsche Literatur und das deutsche Leben doch nicht so
wirrenden Einfluß eines fremden Volkes unter uns, gegen
gering dar. Ich nenne eine Anzahl jüdischer Dichter und
den wir uns und unsere Eigenart auf die Dauer zweifellos
Schriftsteller, um die Gefahr etwas deutlicher zu zeigen:
nicht behaupten können, zumal natürlich auch immer mehr
da sind von älteren noch Paul Lindau und Oskar Blumen¬
deutsche Schriftsteller „infiziert“ werden. Die letzte Sta¬
thal mit seinen verschiedenen Mitarbeitern wie Kadelburg,
tistik über die gelesensten Romane ergab als die gelesensten
dann Hugo Lubliner und Fritz Mauthner tätig, Arthur
Bücher — man bedenke, was das heißen will — Suder¬
Schnitzler, auch mir nicht unsympathisch, gilt als Größe, ob¬
manns Dirnenroman „Das hohe Lied“ und Georg Her¬
sgleich in seinen Dramen doch nichts vom Wienertum zu
manns (übrigens recht nette) jüdische Familieuromane
finden ist, was nicht bei älteren deutschen Dichtern, vor
„Jettchen Gebert“ und „Henriette Jacoby“. Das neunt
allem bei Anzengruber und Ferdinand von Saar, auch
man Verwirrung der Instinkte, Decadence.
schon anzutreffen wäre, ebenso Ludwig Fulda, der doch ein
Als Trost für die Verjudung unserer Literatur wird
ausgeprägter Epigone ist. Von jüdischen Frauen sind
uns von dem Verfasser des „Kölnischen Zeitung“=Aufsatzes
außer Ilse Frapan, Ernst Rosmer und Marie delle Grazie
dann „die außerordentliche Bedeutung des jüdischen
auch Adalbert Meinhardt (Marie Hirsch), Selma (Anselm)
Publikums für die deutsche Literatur christlicher Herkunft.
Heine, Lou Andreas= Salome und Leoni. Meyerhof (Leo
so gut wie jüdischer“ entgegengehalten. Leider ist diese
Hildeck) ziemlich bekannt und gelesen, von Männern noch
außerordentliche Bedeutung eine Legende, wie überhaupt
Felix Holländer, Hans Land (Landsberger), Jakob Wasser¬
alles Gerede von dem hohen Wert jüdischer Vermittler¬
mann, und neuerdings Georg Hermann (Borchardt),
tätigkeit. Natürlich weiß auch ich, daß es in Berlin „eine
der Verfasser von „Jettchen Gebert“. Auf unseren
ganze Menge hochstehender, hochbetitelter Persönlichkeiten
Bühnen verhältnismäßig viel aufgeführt werden
gibt, denen Theaterpremieren oder ein aufsehenerregender
noch Felix Philippi, Georg Hirschfeld, Philipp Langmann,
Roman höchst gleichgiltig sind“ — Gott sei Dank, füge ich
Felix Dörmann, Georg Engel, Lothar Schmidt (Goldschmidt),
hinzu, und es gibt sogar noch eine ganze Menge nicht
Heinrich Lee (Landsberg), Felix Salten, Raoul Auernheimer.
hochstehender und nicht hochbetitelter, aber vortrefflich ge¬
Zu einer Größe sucht man wieder Hugo von Hofmannsthal
bildeter Menschen, denen sie auch höchst gleichgiltig sind,
zu stempeln, dem sich eine ganze wesentlich jüdische Schule,
wenn nicht wirkliche Werte hinter ihnen stehen. Wie selten
Richard Beer=Hofmann, Leo Greiner, Julius Bab usw. an¬
ist das aber bei den Berliner Sensationen der Fall!
schließt. Auch Alfred Mombert ist Jude. Endlich sind noch
Man gebe sich über das rege literarische Leben Berlins,
die schon verstorbenen Jakob Julius David und Ludwig
das dortige „Interesse für das ernste Schauspiel“ doch nur
Jacobowski, von noch lebenden älteren Dichtern Jakob
keinen Täuschungen hin! Das jüdische Unterhaltungs= und
Löwenberg, Friedrich Adler und Hugo Salus, von jüngeren
Abwechslungsbedürfnis spielt dabei die Hauptrolle. Un¬
Emil Faktor, Paul Wertheimer, Oskar Winer, Stephan!
zweifelhaft, die Juden haben literarische Interessen, haben
Zweig Juden, doch alles bekanntere Namen. Nicht erwähnt
sie vielleicht mehr als wir Deutschen, aber ich habe noch
habe ich da noch Rideamus (Fritz Oliven) und verwandte
nie gefunden, daß dabei etwas Gescheites heraus¬
Talente, die sogar recht zahlreich sind und so geschmack= und
gekommen sei, es ist eben bloßes Interesse, Interessiert¬
sittlich verwüstend wirken, daß man nicht begreift, weshalb
heit, etwas Höheres und Tieferes spricht da kaum mit.
sich der heute modische Kampf gegen die Schundliteratur
Wie könnten sonst auch die Interessen so rasch wechseln!
nicht auch einmal gegen sie richtet. Würde ich meine Auf¬
Man gebe einmal eine Liste der jüdischen Lieblinge seit
stellungen auf Grund des Kürschner machen, das Bild unserer
1870, und man wird erstaunen, wie groß die Zahl der
heutigen Literaturverhältnisse würde jedenfalls noch viel trost¬
Modegötzen seitdem gewesen ist, und wie rasch sie durch¬
loser ausfallen, auch so aber erkennt man wohl, daß das
schnittlich wieder in Ungnade gefallen sind. Nein, vor der
Judentum in unserer Literatur eine Macht und nicht eben
dauernden Einführung dieses jüdischen „Interesses“ möge
die Vertretung der nationalen Gesundheit ist. In zweierlei
der liebe Gott unser Volk gnädig bewahren! Gewiß, wir
Hinsicht wird es gefährlich: erstens trägt es (wenn auch nicht
Deutschen sind immer noch etwas schwerfällig, wir sind
allein) in unsere literarische Entwicklung die Sensation, die
auch meist zunächst ungerecht gegen unsere großen Männe¬
Decadence, die Zersetzung hinein, indem es aus anderer
und behandeln sie schlecht, wir haben im besonderen fast
Sittlichkeit heraus, also auch aus anderen Motiven und
allen unseren großen Dichtern, mit Ausnahme etwa des
mit anderen Tendenzen als wir Deutschen schafft; zweitens
Lieblings Schiller, übel mitgespielt. Aber darum sind
aber wirkt es auch da, wo es nicht direkt etwas will, wo
wir weder kulturunfähig noch kulturlos. Es ist einfach
es auf objektive Darstellung deutschen Lebens ausgeht, ge¬
nicht wahr, daß der Deutsche nie Bücher gekauft, sondern
fährlich, eben weil es mit ganz anderen Augen sieht. Man
stets die gute Flasche Wein zu demselben Preise vorgezogen
verdirbt uns Deutschen nicht bloß die unbeirrte Entwicklung
habe: Man schlage einmal den Gocdeke auf und vergleiche,
unserer Literatur in unserem Geiste, man bringt uns auch
welche Zahl von Auflagen nicht bloß Goethes und Schillers
eine falsche Anschauung von unserem Leben bei. Ich habe
Hauptwerke, sondern auch geringere Dichter wie Uhland,
neulich irgendwo erwähnt, daß nach oberflächlicher Schätzung
Rückert, Chamisso, Gustav Freytag, Emanuel Geibel,
allein der Verlag S. Fischer im letzten Jahrzehnt an
Friedrich Bodenstedt usw. erlebt haben. Sind da die
250000 Bände jüdischer Autoren ins deutsche Volk hinaus= Käufer etwa Juden gewesen? Zweifellos nicht. Ehense
S