2. guttings
box
37/6
Tienstag
Seile 6
—.—
Reizend ist das nalürlich sehr beabsichtigte Mise
verständnis, das da elwa Herr Huge Wiltmann in der
„Neuen Freien Prosse“ mimt, wenn ##r in seinen
Sonntagsfeuilletons klagt, daß ein Byratheater, das
dem „christlich=germanischen Schönheiteidenl“ dienen
will weder Moliere, noch Tolstvi. weder Calberen und
vielleicht nicht einmel Faust 2 aufführen könnie...
Herr Hugo Wiltmann weiß nun natürlich so ge¬
nau wie wir wie der „christlich=germanische“ Begriff
gemeint ist. Er braucht ja nur Chamberlains „Grund¬
lagen des 19. Jahrhunderts“ aufschlagen und wird
dort etwa im jechsten Kapitel alles Nähere nachlesen
längen: der Begriff „Germane“ umtaßt nach unserer
heutigen Lehre sowohl die Keiten im Westen wie die
echten Slaven im Osten. Chamberlain (dem hier
Millenkovich zweifellos folgt, zumal beide aus dem
Kreise der Wagnerschen Ideen herkommen) findet auch
in der bretonischen Volkspoesie, im serbischen Helden¬
r#os von Kraljewilich Marlo, in der ukrainischen
Naturlyrik, in Calberons Verherrlichung der Treue,
selbeverständlin erst recht in Dantes Gottlicher Nomodie
die ausgeprägien Kennzeichen germanischen Mesens.
Und das „chripliche“ Momant bedentei nur noch eine
Unterstreichung dieses umfaisenden germanischen
Inrals. Der Spielplan des Burgtheaters braucht daher
leineswegs zu verarmen, selhst wenn der neue Direktor
nicht schon von vornherein heabsichtint hatte, neben
den richtungweisenden Hauptwerken auch charakteristi¬
# trembartige Bühnenstucke fallweise zu
wringen. Nur werden diese nicht beyerrschend und ton¬
angebend im Spielplan erscheinen Fürsen; dies ist der
#ien de: umstrittenen Monte des neuen Direktors.
Was nun der Feuilletonist der „Neuen Freien
Prusse“ im Geheimwintel seines Herzens beklagt, ist
aber gar nicht die Gefahr einer Verarmung des Spiel¬
stanes als vielmehr das Gegenteil: er befürchtet näm¬
sich, daß der neue mutige Mann des Burgtheaters es
wagen könnte, den bisher auf dem Burgtheater wie
# allen Wiener Bühnen lassenden Bann zu brechen,
ssich nicht mehr dem Diktat der gewissen Wiener
Journalisteneliqne zu beugen und das Burgtheater
non der Vorherrschaft der Herren Hugo Mittmann und
Felix Sallen, des Herrn Artur Schnitzler und Raaul
Livernheimer, des Herrn Haus Müller und ihrer
Freunde und Gesinnungsgenassen zu befreien!
Der Kritiker der „Nenen Freien Presse“ mimt
Sorge um Franzosen. Spanier, Italiener und Russen
und meint doch ganz . .. andere, wenn er es auch
nicht magt, diese ... anderen mit einem Sammel¬
namen zu bezeichnen! Natürlich wird Hofrat von
Millenkovich Könner wie Artur Schnißter nicht aus¬
wird aber vieneicn Kur den
schließen whollen, e#
„Jungen Medardus“ und den „Grünen natadn“ an¬
nehmen und ein Ehebruchsstück wie „Das Wente Land“
dessen Hauptfiguren ausnahmslos aus der Gegend des
Franz Josefs=Kais stammen, nicht einlassen.
Wir haben daher vollen Anlaß, den neuen Burg¬
#eaterdirektor mit Frenden willkommen zu
heißen und ihm reiche Erfolge zu wünschen.
In diesem Sinne dürfen,wir in der Berusung des
Hoftates v. Millenkonich an die Spitze des allehrwür¬
digen und immer noch wunderbaren Burgtheaters auch
ein Zeichen des neuen Kurses erblicken, die Verheczung
einer Erneuerung unseres geistigen Lebens, ein. [Tat,
die alten Schutt beseitigt und Raum für neue Kläfte,
schafft.
Burgtheater. Der Zuschauerraum des Bürgthen¬
### bot Sonnnsend ein ungewohntes Bild. Wo sonst
die Stützen und Spitzen der Gesellschaft zu finden wa¬
#en und sich die Kriegsgewinner von Tag zu Tag
rößiger breit machten, sah man Jugend beiderlei Ge¬
schlechtes. Jugend, nichte als Jugend, mit großen, er
wartungsvollen Augen des künstlerischen Erlebnisse¬
barrend, das ihr geboten werden sollte. Der Kaiser
hatte die Wiener Hoch= und Mittelschüler zu Gast ge¬
laben uud um dem hochherzinen Geschent jeglichen Bei¬
geschmak einen liebles gewährten Almosene zu beneh¬
men, war die Freivorstellung nicht etwa en
Enem Sonntagnachmittag angesent, sondern em Abend
d## besten Thentertages in der Woche. Nuch den Bestim¬
in das Unterrichts
B
—
e
box
37/6
Tienstag
Seile 6
—.—
Reizend ist das nalürlich sehr beabsichtigte Mise
verständnis, das da elwa Herr Huge Wiltmann in der
„Neuen Freien Prosse“ mimt, wenn ##r in seinen
Sonntagsfeuilletons klagt, daß ein Byratheater, das
dem „christlich=germanischen Schönheiteidenl“ dienen
will weder Moliere, noch Tolstvi. weder Calberen und
vielleicht nicht einmel Faust 2 aufführen könnie...
Herr Hugo Wiltmann weiß nun natürlich so ge¬
nau wie wir wie der „christlich=germanische“ Begriff
gemeint ist. Er braucht ja nur Chamberlains „Grund¬
lagen des 19. Jahrhunderts“ aufschlagen und wird
dort etwa im jechsten Kapitel alles Nähere nachlesen
längen: der Begriff „Germane“ umtaßt nach unserer
heutigen Lehre sowohl die Keiten im Westen wie die
echten Slaven im Osten. Chamberlain (dem hier
Millenkovich zweifellos folgt, zumal beide aus dem
Kreise der Wagnerschen Ideen herkommen) findet auch
in der bretonischen Volkspoesie, im serbischen Helden¬
r#os von Kraljewilich Marlo, in der ukrainischen
Naturlyrik, in Calberons Verherrlichung der Treue,
selbeverständlin erst recht in Dantes Gottlicher Nomodie
die ausgeprägien Kennzeichen germanischen Mesens.
Und das „chripliche“ Momant bedentei nur noch eine
Unterstreichung dieses umfaisenden germanischen
Inrals. Der Spielplan des Burgtheaters braucht daher
leineswegs zu verarmen, selhst wenn der neue Direktor
nicht schon von vornherein heabsichtint hatte, neben
den richtungweisenden Hauptwerken auch charakteristi¬
# trembartige Bühnenstucke fallweise zu
wringen. Nur werden diese nicht beyerrschend und ton¬
angebend im Spielplan erscheinen Fürsen; dies ist der
#ien de: umstrittenen Monte des neuen Direktors.
Was nun der Feuilletonist der „Neuen Freien
Prusse“ im Geheimwintel seines Herzens beklagt, ist
aber gar nicht die Gefahr einer Verarmung des Spiel¬
stanes als vielmehr das Gegenteil: er befürchtet näm¬
sich, daß der neue mutige Mann des Burgtheaters es
wagen könnte, den bisher auf dem Burgtheater wie
# allen Wiener Bühnen lassenden Bann zu brechen,
ssich nicht mehr dem Diktat der gewissen Wiener
Journalisteneliqne zu beugen und das Burgtheater
non der Vorherrschaft der Herren Hugo Mittmann und
Felix Sallen, des Herrn Artur Schnitzler und Raaul
Livernheimer, des Herrn Haus Müller und ihrer
Freunde und Gesinnungsgenassen zu befreien!
Der Kritiker der „Nenen Freien Presse“ mimt
Sorge um Franzosen. Spanier, Italiener und Russen
und meint doch ganz . .. andere, wenn er es auch
nicht magt, diese ... anderen mit einem Sammel¬
namen zu bezeichnen! Natürlich wird Hofrat von
Millenkovich Könner wie Artur Schnißter nicht aus¬
wird aber vieneicn Kur den
schließen whollen, e#
„Jungen Medardus“ und den „Grünen natadn“ an¬
nehmen und ein Ehebruchsstück wie „Das Wente Land“
dessen Hauptfiguren ausnahmslos aus der Gegend des
Franz Josefs=Kais stammen, nicht einlassen.
Wir haben daher vollen Anlaß, den neuen Burg¬
#eaterdirektor mit Frenden willkommen zu
heißen und ihm reiche Erfolge zu wünschen.
In diesem Sinne dürfen,wir in der Berusung des
Hoftates v. Millenkonich an die Spitze des allehrwür¬
digen und immer noch wunderbaren Burgtheaters auch
ein Zeichen des neuen Kurses erblicken, die Verheczung
einer Erneuerung unseres geistigen Lebens, ein. [Tat,
die alten Schutt beseitigt und Raum für neue Kläfte,
schafft.
Burgtheater. Der Zuschauerraum des Bürgthen¬
### bot Sonnnsend ein ungewohntes Bild. Wo sonst
die Stützen und Spitzen der Gesellschaft zu finden wa¬
#en und sich die Kriegsgewinner von Tag zu Tag
rößiger breit machten, sah man Jugend beiderlei Ge¬
schlechtes. Jugend, nichte als Jugend, mit großen, er
wartungsvollen Augen des künstlerischen Erlebnisse¬
barrend, das ihr geboten werden sollte. Der Kaiser
hatte die Wiener Hoch= und Mittelschüler zu Gast ge¬
laben uud um dem hochherzinen Geschent jeglichen Bei¬
geschmak einen liebles gewährten Almosene zu beneh¬
men, war die Freivorstellung nicht etwa en
Enem Sonntagnachmittag angesent, sondern em Abend
d## besten Thentertages in der Woche. Nuch den Bestim¬
in das Unterrichts
B
—
e