VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1920–1928, Seite 15

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viel rascher, als ich es
Leutnant (geht mit schweren Schritten auf und
Leutnant. Der Pfarrer ist Franzose, wenn er auch
alle gleich hinzu — aber d
ab). Sind Sie immer noch so ruhig, Feldwebel?
Deutsch spricht.
S
gleichen Stadt Sigmund Freud mit der Lampe der Psycho= Von dieser polyphonen Musik kennen wir schon einzelne und Ermüdungen wie die
Zeiten überwunden sind, er
analyse in die Tiefen des Unbewußten durch die Traum= Motive.
Das Motiv von der unentrinnbaren Einsamkeit, in sagendes Dasein und werd
pforte (man erinnere sich an die psychologische und dar¬
sie zu entgleiten drohten. Z
st. Terische Rolle der Träume bei Schnitzler) hinabgestiegen! der jede Menschenseele mutterseelenallein lebt, von der Lüge,
dieser Wendepunkt einget
die in jedem Liebesverhältnis und in jedem scheinbar zweifel¬
ist. Mit diesem verbindet Schnitzler dei engere,
zur Erkenntnis erwachen,
losesten Gefühle verbörgen ist, von den Gefahren, die die
mehr dem Seelischen zugewendete ärztliche Beruf,
Schönes in den letzten
endgültigen Bündnisse der Seelen und die menschlichen Be¬
über dessen Bedeutung für den dichterischen Ent¬
Sonderbarer Widerspruch,
ziehungen überhaupt bedrohen, von der erbitterten oder
wicklungsgang und über dessen Abspiegelung in der
daß das Untergehende übe
resignierten Ohnmacht des Alterns, von der Flucht vor der
Gestaltenwelt Artur Schnitzlers manches feine Wort
wirkt als im Leben, daß
Verantwortung, vom Ineinanderfließen von Traum und
bei Specht nachgelesen werden kann. Er zeigt ir
Daseins den tiefen, innig
Wachen, Wahn und Wahrheit, vom Puppenspieler des
treffender Weise, wie Schnitzler erst das wurde, was er ist,
tragen! Der Dichter des
Lebens, der in seine eigenen Fäden verstrickt wird, von der
als er den Arzt nicht mehr vor dem Dichter versteckte. Bis
mir, lebendizer und zuku
so geheimnisreichen, verhängnisvollen Verkettung fremdester
dahin hatte er heinisiert, georillparzert, gehebbelt, französelt.
wangiger Daseinsverherrli
Schicksale miteinander, von der Angst vor dem versäumten
Lebenswahr ist auch die Bemerkung Spechts, daß man,
Mann anzuführen, dem Ri
Leben, von der Angst vor dem Tode. Dies sind nicht Motive
wenn man mit Schnitzler über seine Gestalten spricht, bis¬
„Das Leben ist oft auf jen
einer Generation, sondern ewig gültige.
weilen die Empfindung hat, ihren Hausarzt zu befragen,
geliebt wird: der Tod.“
Man hat gegen den Dichter einzuwenden versucht, daß
der über alles Seelische und Körperliche, ja über ihre
seine Schöpfungen nicht nur Dokumente eines eng begrenzten
skünftigen Ereignisse Bescheid weiß. (Dies, gilt in gleichem
Zachartas Wern
Zeitabschnittes seien, sondern auch bloß lokale Bedeutung
Maße, wenn man über sich selber mit dem Dichter redet.)
besäßen. Wahr ist, daß er der Dichter, fast möchte man
Als einer, der die Anschauung eines künftigen,
Ungedruckt
sagen, der Entdecker der Wiener Landschaft ist, die wir alle
frichtigeren Lebens in sich trägt, entblättert Schnitzler auch
Mitgeteilt von
seildem unbewußt mit seinen Augen betrachten (so wie Hof¬
fmanche welk duftende Lüge der Konvention, an der unsere
Der Todestag Zachar
mannsthal an einigen erlesenen Prosastellen die Ausseer
[Gesellschaft krankt; eingelebte Begriffe werden bei ihm
hundertsten Male jährt, 1
Landschaft ins Ideale gesteigert hat), die wir zwischen den
wesenlos, wie die „Stimme des Blutes“, das „Pathos der
deutendstes, heute leider se
Zeilen seiner schmucklosen, edlen Prosa, der irgendeine
Untreue". Die unerbittliche Helligkeit des an seiner Einsam¬
der Keast“, das genialst
magische Beschwörungskraft innewohnen muß, unwillkürlich
lkeit schwer tragenden modernen jüdischen Geistes erblärt
Luther=Trama, soweit die
schauen und die gleichsam als Luft um seine Gestalten atmet.
wielleicht das Fehlen alles Kosmischen, Religiösen, Sozialen
Seltsamerweise war der
Wahr ist aber auch, daß der Dichter je mehr er sich ins
in Schnitzlers Werk und sein immer tieferes Mißtrauen
schon tüfer mit jener Mack
Individuelle versenkt, durch um so allgemeinere Gesetze be¬
ggegen das Wort („Jedes Wort ist ein Vorurteil", sagt
Held, der große Retigions
lohnt wird, daß ein Homer Griechen und ein Shakespeare
[Goethe), das an allem Schuld trägt. Es ist, als ob der
Drei Jahre nach diesem
Englänber geschildert hat.
Dichter, der seit längerer Zeit geschwiegen, sich erst sammelte,
Mit Recht weist Specht darauf hin, daß auch Dich= wo er, nach wenigen Mona
n in einer Sprache, die über allen Worten ist, die wahren
4übertrat.
Wichtigkeiten des Lebens der Menschheit zu verkündigen tungen Krankheitsverioden erleiden, ihre Vereinsamungen