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2. Guttings
4
Fbunin
Tei
„
Organ der Vereinigung für das liberale Judentum e. V.
Anzeigenpreise: Die 12 gespattene Nonpareillezeile
jährlich N. 2.50
Die „Jüdisch-übereie Zeitung“ erscheint jeden Freitag.
0,45 Goldmark, die Reklamezeile 3,00 Goldmark, bei
ng i. Inland 0.25
W 3 3:
Wiederholungen Rabatt.
3 3 5
Redaktion u. Geschäftsstelle: Berlin SW, Wilhelmstr. 147.
der Bezugspreis
Anzeigenannahme: „Jüdisch=liberale Zeitung“
Vornent: Sasenheide 356, 3350 Nachornek fümtlicher Oeiginat-Betrüge
en. :
Inseratenabteilung: Berlin SW 48, Wilhelmstroße 147
Doftschemkonto: Bortin nwr Nr. 1sr0de nur mit vorheriger Genchmigung der
(Hasenheide: 3358—59), sowie sämtl. Annoncen=Ezped.
Redaktion gestattet.
Vereinigung für das überale Judentum
nno Woyda.
6. Jahr#ang
Berlin, 17. Dezember 1926
Geistert
Sutschen
500
sagen lannte, sondern in seinem eigenen tausendjührigen
eines Nationalstaates, kaum je einen ein heitlichen,
Blute schmerzhaft erspüiren mußte, er teilte mit salomenischer
glieder der
organisch gesügten Typus darzustellen vermochte. Und denn¬
Weisheit die Wiener Juden seiner Zeit, in zwei
noch, wenn auch ethnologisch ein Unsinn, eine contradictio in
demie.
große Gruppen ein: in die eine, die immer in der Furcht
adjecto; körperlich, geistig, seelisch und woralisch hat es ihn
lebte, bei ihrer sorglich verhehlten und durch reichliche Assi¬
tiner.
trotzdem gegeben und gibt es ihn noch heute, den melbefeh¬
milierung überzuckerten Abstammung mruchlings ertappt zu
Niemand
deten, scheinbar nicht existenten „Oesterreicher“.
ürger deutscher Nation
werhen, und in die andere, die jedem Neutralen und Unbe¬
hat das in schöneren, klareren und einleuchtenderen Worten
ermittelten Statistiken
fangenen sofort mit dem fatalen Bekenntnis zur eigenen
zu beweisen gewußt als der „Auch=Oesterreicher“ Felx Sal¬
Rasse ungefragt ins Gesicht sprang. Verleugnen oder Be¬
al ein Prozent der ge¬
ten in seinem mit Herzblut geschriebenen Buche: „Das öster¬
kennen: ein Drittes, nämlich harmloses Da=sein, selbstverständ¬
gen Deutschen Reiches.
reichische Antlitz“. Denn gerade jene vermeintlichen Mängel,
liches gutes Europllertum, gab es zu jenen Zeitläuften, da
liedensschluß von Ver¬
die in den Augen des pedantischen und unerbittlichen Volks¬,
der Antisemitismus im Reich wie in der habsburgischen
Sprach=, Stammes= und Geschichtsforschers dem Oesterreicher
kerte Gebiete deutschen
Monarchie in hellen Flammen stand, für den Juden, selbst
anhafteten oder ihm überhaupt den Garaus machten, liehen
iche Elsaß=Lothringen.
wenn er ein freier, künstlerisch schaffender Mensch war, noch
ihm in jedem vielleicht weniger buch= und buchstabengelehr¬
erhebliche Teile Ober¬
nicht. Schnitzler hat sich mit diesen vitalen Problem der
ten Sinn seine besondere Eigenart und seine individuellen,
nd und andere Gebiete
eigenen Existenz nui dieses eine Mail, dafür aber unter den
unnachahmlichen Vorzüge Künstler würden sich ruhig zu
weitsichtigsten und kritischsten Auspizien auseinandergesetzt
sprachigen Gébiete der
dem freudig bejahenden Wort „Reize“ versteigen. Denn
und sein Roman sand neben der künstlerischen auch die mora¬
marchie blieb vorläufig
gerade, daß der besagte „Oesterreicher“ ein „sujet mixte“ war
lische Anerkennung des feindlichen wie des frenndlichen
die etwaige staatliche
aus deutscher Herbheit, Kühle, Willenskraft und Selbstbe¬
Lagers. Er hatte unerschrocken manch unliebsame Wahrheit
herrschung sowie aus romanischer Formbegabung, musischer
kozentsatz der jüdischen
gekündet; aber eben diese unerschrockene Wahrheitsliebe
Trunkenheit und leichterer, beschwingierer, gleichsam tänze¬
rt.
war es, die verblüsste und — siegte. Hüben und drüben.
rischer Lebensauffassung, zu guterletzt aber auch aus slavi¬
gen Kopfzahl der jüdi¬
Nachdem er diesen, seinen persönlichen Existenzkampf in
scher Weichheit und Verträumtheit, Versonnenheit und Ver¬
diger und lebenschaffen¬
den urbauen Formen des „Oestreichers“ ein für allemal
sponnenheit, nebst einer gegenstandslosen, um alle Dinge und
geführt hatte, griff seine junge draufgängerische Streitnatur,
5 kulturellen Leben der
Ereignisse des realen Lebens webenden und schwebenden
der Sturm und Drang des werdenden, wachsenden Ppeten,
issenschaftlichen Diszi¬
Trauer und Wehmut, gab seinem Wesen jene letzte subtile
alle verstaubten, vermoderten, ihn reaktionär dünkenden
nenteste Vertreter. (Es
Verseinerung, jene etwas moribunde Süße, die jungen, ein¬
Institutionen seiner engeren Heimat, die gleichzeitig die Rück¬
nern, daß der erste
heitlichen, gegen fremde Einflüsse noch abgeschlossenen Völ¬
ständigkeiten der gesamten Kulturwelt in sich schlossen mit
##kern fehlt, und #e. dech wrsricht den letzten Ertraft, die
die unbestrittene An¬
Verlogene Geschichtsclitte¬
schäf eschlifsenen Wassen an.
„tine seur der Meuschheit, schlechthin bedeuten. Und von
turwelt diessels am¬
rung in vielgespielten Bühnenstücken wie „Der grüne
diesen großen Volksverführeren, Rattensängern wider Wil¬
JInde, nämlich Albert
und „Der jange Medardus“, militärische
Kakadn“
len war Ar# ur Schnitzler, der Dichter, einer der verfüh¬
pferischen Künsten hiel¬
Ueverheblichkeit in seinem lange von der Zensur verbotenen
rerischsten, bestechendsten,
„Lentnant Gust!“, Hypokrisie des Familienlebens und
e Tate; ihr Einfluß auf
Einer mohlangesehenen Wiener Bürgersamilie entsprossen.
der Familientyrannei in „Comtesse Mizzi oder der
gen auf den „Brettern.
wandte sich der früh erwachende Arthur vorerst dem in
Familientag“, „Liebelei“. „Der einsame Weg“.
solkstümlich genug. um
seinem Hause traditionellen, von Vater und Bruder ersola¬
„Die letzten Masken“ und
„Das weite Land“
Des¬
zu bedürfen.
reich geübten ärztlichen Beruse zu. Aber er erkannte
vielen anderen, über alle europäischen Bühnen im Triumph¬
bald, daß die exalte Wissenschaft ihn unbefriediat ließ, und so
der Publizistik ihres
zug ziehenden Werken mehr. Einen Sturm des Beifalls wie
wechselte er, nachdem er zuvor noch den medizinischen Doktor¬
ffentlichen Mei¬
der Empörung entfachte sein „Prosessor Bernhardi“.
grad in Ehren beslanden, schweisend und sehnsüchtig von Ana¬
mer noch eine unüber¬
in dem er 2 inmitten des streng orthodoxen alten Oesterreichs
tomie und Hörsaal zum lockenben, weil noch in ferner Hoheit
— wagte, die Menschlichkeit wider das Dogma zu
je derer gibt, die weder
schimmernden Parnaß hinüber. Heute steht er auf dem Gip¬
verteidigen, und in dem er noch einmal. aber gleichsam nur
st jeder erneute Beweis
fel des heiligen Berges und weiß wohl kaum mehr, wie heiß
leise, zart, abgetönt, wie ein milder Abglanz ehemaligen
utsche Jude in seinen
und schwer der Passionsweg war, den er (Passionsweg
Schmerzes, an die konfessionellen Gegensätze rührte, die
singen Deutscher ist und
im zwiesachen Sinne der Leidenschaft und des Lei¬
selbst vor dem Hause der Charitas nicht haltmachen wollten.
Volkstumse Wurzeln
dens) zurückgelegt hat.
Jahre um Jahre sind über diesen breunenden Zeit= und
Es maa um die Jahre 89 bis 90 des vorigen Jahrhunderis
asund eistenlich.
Ppprali¬
e Gnume
em
2. Guttings
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Organ der Vereinigung für das liberale Judentum e. V.
Anzeigenpreise: Die 12 gespattene Nonpareillezeile
jährlich N. 2.50
Die „Jüdisch-übereie Zeitung“ erscheint jeden Freitag.
0,45 Goldmark, die Reklamezeile 3,00 Goldmark, bei
ng i. Inland 0.25
W 3 3:
Wiederholungen Rabatt.
3 3 5
Redaktion u. Geschäftsstelle: Berlin SW, Wilhelmstr. 147.
der Bezugspreis
Anzeigenannahme: „Jüdisch=liberale Zeitung“
Vornent: Sasenheide 356, 3350 Nachornek fümtlicher Oeiginat-Betrüge
en. :
Inseratenabteilung: Berlin SW 48, Wilhelmstroße 147
Doftschemkonto: Bortin nwr Nr. 1sr0de nur mit vorheriger Genchmigung der
(Hasenheide: 3358—59), sowie sämtl. Annoncen=Ezped.
Redaktion gestattet.
Vereinigung für das überale Judentum
nno Woyda.
6. Jahr#ang
Berlin, 17. Dezember 1926
Geistert
Sutschen
500
sagen lannte, sondern in seinem eigenen tausendjührigen
eines Nationalstaates, kaum je einen ein heitlichen,
Blute schmerzhaft erspüiren mußte, er teilte mit salomenischer
glieder der
organisch gesügten Typus darzustellen vermochte. Und denn¬
Weisheit die Wiener Juden seiner Zeit, in zwei
noch, wenn auch ethnologisch ein Unsinn, eine contradictio in
demie.
große Gruppen ein: in die eine, die immer in der Furcht
adjecto; körperlich, geistig, seelisch und woralisch hat es ihn
lebte, bei ihrer sorglich verhehlten und durch reichliche Assi¬
tiner.
trotzdem gegeben und gibt es ihn noch heute, den melbefeh¬
milierung überzuckerten Abstammung mruchlings ertappt zu
Niemand
deten, scheinbar nicht existenten „Oesterreicher“.
ürger deutscher Nation
werhen, und in die andere, die jedem Neutralen und Unbe¬
hat das in schöneren, klareren und einleuchtenderen Worten
ermittelten Statistiken
fangenen sofort mit dem fatalen Bekenntnis zur eigenen
zu beweisen gewußt als der „Auch=Oesterreicher“ Felx Sal¬
Rasse ungefragt ins Gesicht sprang. Verleugnen oder Be¬
al ein Prozent der ge¬
ten in seinem mit Herzblut geschriebenen Buche: „Das öster¬
kennen: ein Drittes, nämlich harmloses Da=sein, selbstverständ¬
gen Deutschen Reiches.
reichische Antlitz“. Denn gerade jene vermeintlichen Mängel,
liches gutes Europllertum, gab es zu jenen Zeitläuften, da
liedensschluß von Ver¬
die in den Augen des pedantischen und unerbittlichen Volks¬,
der Antisemitismus im Reich wie in der habsburgischen
Sprach=, Stammes= und Geschichtsforschers dem Oesterreicher
kerte Gebiete deutschen
Monarchie in hellen Flammen stand, für den Juden, selbst
anhafteten oder ihm überhaupt den Garaus machten, liehen
iche Elsaß=Lothringen.
wenn er ein freier, künstlerisch schaffender Mensch war, noch
ihm in jedem vielleicht weniger buch= und buchstabengelehr¬
erhebliche Teile Ober¬
nicht. Schnitzler hat sich mit diesen vitalen Problem der
ten Sinn seine besondere Eigenart und seine individuellen,
nd und andere Gebiete
eigenen Existenz nui dieses eine Mail, dafür aber unter den
unnachahmlichen Vorzüge Künstler würden sich ruhig zu
weitsichtigsten und kritischsten Auspizien auseinandergesetzt
sprachigen Gébiete der
dem freudig bejahenden Wort „Reize“ versteigen. Denn
und sein Roman sand neben der künstlerischen auch die mora¬
marchie blieb vorläufig
gerade, daß der besagte „Oesterreicher“ ein „sujet mixte“ war
lische Anerkennung des feindlichen wie des frenndlichen
die etwaige staatliche
aus deutscher Herbheit, Kühle, Willenskraft und Selbstbe¬
Lagers. Er hatte unerschrocken manch unliebsame Wahrheit
herrschung sowie aus romanischer Formbegabung, musischer
kozentsatz der jüdischen
gekündet; aber eben diese unerschrockene Wahrheitsliebe
Trunkenheit und leichterer, beschwingierer, gleichsam tänze¬
rt.
war es, die verblüsste und — siegte. Hüben und drüben.
rischer Lebensauffassung, zu guterletzt aber auch aus slavi¬
gen Kopfzahl der jüdi¬
Nachdem er diesen, seinen persönlichen Existenzkampf in
scher Weichheit und Verträumtheit, Versonnenheit und Ver¬
diger und lebenschaffen¬
den urbauen Formen des „Oestreichers“ ein für allemal
sponnenheit, nebst einer gegenstandslosen, um alle Dinge und
geführt hatte, griff seine junge draufgängerische Streitnatur,
5 kulturellen Leben der
Ereignisse des realen Lebens webenden und schwebenden
der Sturm und Drang des werdenden, wachsenden Ppeten,
issenschaftlichen Diszi¬
Trauer und Wehmut, gab seinem Wesen jene letzte subtile
alle verstaubten, vermoderten, ihn reaktionär dünkenden
nenteste Vertreter. (Es
Verseinerung, jene etwas moribunde Süße, die jungen, ein¬
Institutionen seiner engeren Heimat, die gleichzeitig die Rück¬
nern, daß der erste
heitlichen, gegen fremde Einflüsse noch abgeschlossenen Völ¬
ständigkeiten der gesamten Kulturwelt in sich schlossen mit
##kern fehlt, und #e. dech wrsricht den letzten Ertraft, die
die unbestrittene An¬
Verlogene Geschichtsclitte¬
schäf eschlifsenen Wassen an.
„tine seur der Meuschheit, schlechthin bedeuten. Und von
turwelt diessels am¬
rung in vielgespielten Bühnenstücken wie „Der grüne
diesen großen Volksverführeren, Rattensängern wider Wil¬
JInde, nämlich Albert
und „Der jange Medardus“, militärische
Kakadn“
len war Ar# ur Schnitzler, der Dichter, einer der verfüh¬
pferischen Künsten hiel¬
Ueverheblichkeit in seinem lange von der Zensur verbotenen
rerischsten, bestechendsten,
„Lentnant Gust!“, Hypokrisie des Familienlebens und
e Tate; ihr Einfluß auf
Einer mohlangesehenen Wiener Bürgersamilie entsprossen.
der Familientyrannei in „Comtesse Mizzi oder der
gen auf den „Brettern.
wandte sich der früh erwachende Arthur vorerst dem in
Familientag“, „Liebelei“. „Der einsame Weg“.
solkstümlich genug. um
seinem Hause traditionellen, von Vater und Bruder ersola¬
„Die letzten Masken“ und
„Das weite Land“
Des¬
zu bedürfen.
reich geübten ärztlichen Beruse zu. Aber er erkannte
vielen anderen, über alle europäischen Bühnen im Triumph¬
bald, daß die exalte Wissenschaft ihn unbefriediat ließ, und so
der Publizistik ihres
zug ziehenden Werken mehr. Einen Sturm des Beifalls wie
wechselte er, nachdem er zuvor noch den medizinischen Doktor¬
ffentlichen Mei¬
der Empörung entfachte sein „Prosessor Bernhardi“.
grad in Ehren beslanden, schweisend und sehnsüchtig von Ana¬
mer noch eine unüber¬
in dem er 2 inmitten des streng orthodoxen alten Oesterreichs
tomie und Hörsaal zum lockenben, weil noch in ferner Hoheit
— wagte, die Menschlichkeit wider das Dogma zu
je derer gibt, die weder
schimmernden Parnaß hinüber. Heute steht er auf dem Gip¬
verteidigen, und in dem er noch einmal. aber gleichsam nur
st jeder erneute Beweis
fel des heiligen Berges und weiß wohl kaum mehr, wie heiß
leise, zart, abgetönt, wie ein milder Abglanz ehemaligen
utsche Jude in seinen
und schwer der Passionsweg war, den er (Passionsweg
Schmerzes, an die konfessionellen Gegensätze rührte, die
singen Deutscher ist und
im zwiesachen Sinne der Leidenschaft und des Lei¬
selbst vor dem Hause der Charitas nicht haltmachen wollten.
Volkstumse Wurzeln
dens) zurückgelegt hat.
Jahre um Jahre sind über diesen breunenden Zeit= und
Es maa um die Jahre 89 bis 90 des vorigen Jahrhunderis
asund eistenlich.
Ppprali¬
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