box 38/1
2. Cuttings
DER BAZAR
7.
MChTO“ Ivon Hans Schönfeld
3te ado N
Der ausgezeichnete Novellist und Lyriker Ludwig Finckh,
Heilkünstler der Menschheit und der Arzt
1876 geboren, lebt als praktischer Arzt in Gaienhofen am Boden¬
füihlungsvermögen des Dichters sie be¬
see. Frauenarzt in Prag war Hugo Salus, der zartsinnige Ly¬
nug auf gleichem Wege, sehen einander mit
riker, dessen Sang ein Hymnus an die Frau als Beglückeum ist.
in die Angen und wissen um das Gemein¬
Wie heißt es doch im „Ehefrühling“?
mmer wieder lockt es den Dichter, Arztliches
Geh ich dann Sonntag früh zu meinen Kranken,
as Mann in seinem „Zauberberg“ ist ein
So leuchtet es mir mahnend in die Augen,
ir— seltener aber ist der Fall, daß sich Arzt
Und zwischen Tod und Siechtum und Geburt,
kerson vereinigt finden. Dennoch kann man
Wie Blumen aus den Ritzen einer Mauer,
it und Gegenwart eine ganze Anzahl von
Lacht mir die Mahnung an mein Glück entgegen ...
Fen, in denen diese Verschmelzung verwandter
Alfred Döblin, der Autor des vielgelesenen Romans
as Problem Mensch im Brennpunkt des Er¬
„Berge, Meere und Giganten“, übt im Osten Berlins eine aus¬
genden künstlerischen Gestaltungen führte.
gedehnte ärztliche Praxis aus. Er ist vielleicht das vorbildliche
n Jahrhunderten waren die Beziehungen
Beispiel des modernen Dichterarztes. Heilen und Dichten ent¬
nst ziemlich rege. Der große Mystiker An¬
Professor Dr. Cetl Ludwig Schleich
so heiligt sie auch seinen Erztlichen Beruf zum Gottesdienst. —
Ein ausgezeichneter Dichter von Kirchenliedern war der Arzt am
Halleschen Waisenhaus Christian Friedrich Richter (gest. 1711).
Von ihm stammt das Liel „Es glänzet der Christen lebendiges
Leben“ das von Schleiermacher als Perle aller Kirchenlieder
gerühmt wird. Ein bekannter, wenn auch heute schon vergessener
Dichter war der Mediziner Johann Valentin Pietsch, der Lehrer
Gottscheds, dessen „Poetische Werke“ 1725 erschienen.
Albrecht von Haller, der berühmte Schweizer Dichter, war
nicht nur Mitbegründer der klassischen deutschen Poesie, sondern
auch einer der Hauptbegründer der Wissenschaft der Physiologie.
Als „göttlich“ gepriesen wird noch von Herder der Leibarzt
des Grafen Bentheim, Johann Philipp Withof, dessen Gedichte
1751 erschienen. Auch sein Kollege, der Professor der Medizin
an der Leipziger Universität, Frick lch Andreas Gallisch, mus
hier genannt werden. In den meisten Musenalmanachen seiner
Zeit ist er mit Gedichten vertreten.
Bekannt ist die Einwirkung, die der Augenarzt Jung¬
Stilling mit seiner poctischen Lebensbeschreibung auf Goethe
ausübte. Auch Johann Georg Zimmermann, der Arzt Friedrich's
Dr. Ludwig Finckh
des Großen und Freund Goethes, betätigte sich literarisch.
Dr. Arthur Schnitzler
Karl Arnold Kortum, vor einem Jahrhundert als Vergarzt
springen bei ihm aus dem gleichen Überfluß einer an das Welt¬
ichter des „Cherubinischen Wandersn. ann“,
in Bochum verstorben, schrieb in seiner „Jobsiade“ das beste
ganze sich verlierenden Persönlichkeit. In seinen Romanen spielt
derlichen Ehren“ in Padua zum Doktor der
komische Heldengedicht, das wir bisher in deutscher Sprache
das psychologische Moment eine große Rolle. Auch die Psycho¬
r war eine Zeitlang als Leibarzt in Ols tätig.
haben. Ihm widmet Otto Julius Bierbaum in seiner Vorrede
analyse mit ihrer Entdeckung der vielen Unterströmungen in Ge¬
ernannte ihn zum Hofmedikus. Bei Angelus
zur Inselausgabe der Jobsiade die humoristischen Verse:
danken und Träumen gab Döblin starke Anregung. In seinen
kystische Grundstimmung seiner ganzen Per¬
Karl Arnold Kortum, Dostor der Med¬
kurzen Erzählungen, die oft erschütternde Bilder aus dem
lied zwischen Dichter und Arzt. Der in Gott
Leben unserer Zeit wiedergeben, verwertet er nicht selten Be¬
izin war nebenbei bloß Poet.
m das Wunder aller Wunder, und wie seine
Denn er hielte nicht wenig auf seinen Magen
obachtungen, die der sorgfältig forschende Arzt an der Psyche
t zum dichterischen Erlebnis aufglühen läßt,
und meinte, das Hungertüchernagen
sei weder gesund noch angenehm;
drum dichtete er bloß außerdem
und legte sich fleißig aufs Krankekurieren,
Oper=Pur=Ordin= und Medizinieren,
weshalb ihm die Arzte in Bochum zuletzt
und nicht die Poeten ein Denkmal gesetzt.
Groß ist die Zahl der Arzte, die führend in den literarischen
Bewegungen unserer Zeit hervorgetreten sind. Nur einige Namen
sollen hier genannt werden. Ein Arzt, Dr. Conrad Küster, rief
den Verein „Durch“ ins Leben, der mit Wille, Bölsche, Mackay
und anderen dem Naturalismus in Deutschland Vorpostendienste
leistete. Das Schlagwort „Die Moderne“ (Gegensatz: Die Antike)
wurde in diesem Verein geprägt und blieb lange in Geltung.
Aberauch in der vordersten Linie der Dichtenden selbst stehen Arzte.
2. Cuttings
DER BAZAR
7.
MChTO“ Ivon Hans Schönfeld
3te ado N
Der ausgezeichnete Novellist und Lyriker Ludwig Finckh,
Heilkünstler der Menschheit und der Arzt
1876 geboren, lebt als praktischer Arzt in Gaienhofen am Boden¬
füihlungsvermögen des Dichters sie be¬
see. Frauenarzt in Prag war Hugo Salus, der zartsinnige Ly¬
nug auf gleichem Wege, sehen einander mit
riker, dessen Sang ein Hymnus an die Frau als Beglückeum ist.
in die Angen und wissen um das Gemein¬
Wie heißt es doch im „Ehefrühling“?
mmer wieder lockt es den Dichter, Arztliches
Geh ich dann Sonntag früh zu meinen Kranken,
as Mann in seinem „Zauberberg“ ist ein
So leuchtet es mir mahnend in die Augen,
ir— seltener aber ist der Fall, daß sich Arzt
Und zwischen Tod und Siechtum und Geburt,
kerson vereinigt finden. Dennoch kann man
Wie Blumen aus den Ritzen einer Mauer,
it und Gegenwart eine ganze Anzahl von
Lacht mir die Mahnung an mein Glück entgegen ...
Fen, in denen diese Verschmelzung verwandter
Alfred Döblin, der Autor des vielgelesenen Romans
as Problem Mensch im Brennpunkt des Er¬
„Berge, Meere und Giganten“, übt im Osten Berlins eine aus¬
genden künstlerischen Gestaltungen führte.
gedehnte ärztliche Praxis aus. Er ist vielleicht das vorbildliche
n Jahrhunderten waren die Beziehungen
Beispiel des modernen Dichterarztes. Heilen und Dichten ent¬
nst ziemlich rege. Der große Mystiker An¬
Professor Dr. Cetl Ludwig Schleich
so heiligt sie auch seinen Erztlichen Beruf zum Gottesdienst. —
Ein ausgezeichneter Dichter von Kirchenliedern war der Arzt am
Halleschen Waisenhaus Christian Friedrich Richter (gest. 1711).
Von ihm stammt das Liel „Es glänzet der Christen lebendiges
Leben“ das von Schleiermacher als Perle aller Kirchenlieder
gerühmt wird. Ein bekannter, wenn auch heute schon vergessener
Dichter war der Mediziner Johann Valentin Pietsch, der Lehrer
Gottscheds, dessen „Poetische Werke“ 1725 erschienen.
Albrecht von Haller, der berühmte Schweizer Dichter, war
nicht nur Mitbegründer der klassischen deutschen Poesie, sondern
auch einer der Hauptbegründer der Wissenschaft der Physiologie.
Als „göttlich“ gepriesen wird noch von Herder der Leibarzt
des Grafen Bentheim, Johann Philipp Withof, dessen Gedichte
1751 erschienen. Auch sein Kollege, der Professor der Medizin
an der Leipziger Universität, Frick lch Andreas Gallisch, mus
hier genannt werden. In den meisten Musenalmanachen seiner
Zeit ist er mit Gedichten vertreten.
Bekannt ist die Einwirkung, die der Augenarzt Jung¬
Stilling mit seiner poctischen Lebensbeschreibung auf Goethe
ausübte. Auch Johann Georg Zimmermann, der Arzt Friedrich's
Dr. Ludwig Finckh
des Großen und Freund Goethes, betätigte sich literarisch.
Dr. Arthur Schnitzler
Karl Arnold Kortum, vor einem Jahrhundert als Vergarzt
springen bei ihm aus dem gleichen Überfluß einer an das Welt¬
ichter des „Cherubinischen Wandersn. ann“,
in Bochum verstorben, schrieb in seiner „Jobsiade“ das beste
ganze sich verlierenden Persönlichkeit. In seinen Romanen spielt
derlichen Ehren“ in Padua zum Doktor der
komische Heldengedicht, das wir bisher in deutscher Sprache
das psychologische Moment eine große Rolle. Auch die Psycho¬
r war eine Zeitlang als Leibarzt in Ols tätig.
haben. Ihm widmet Otto Julius Bierbaum in seiner Vorrede
analyse mit ihrer Entdeckung der vielen Unterströmungen in Ge¬
ernannte ihn zum Hofmedikus. Bei Angelus
zur Inselausgabe der Jobsiade die humoristischen Verse:
danken und Träumen gab Döblin starke Anregung. In seinen
kystische Grundstimmung seiner ganzen Per¬
Karl Arnold Kortum, Dostor der Med¬
kurzen Erzählungen, die oft erschütternde Bilder aus dem
lied zwischen Dichter und Arzt. Der in Gott
Leben unserer Zeit wiedergeben, verwertet er nicht selten Be¬
izin war nebenbei bloß Poet.
m das Wunder aller Wunder, und wie seine
Denn er hielte nicht wenig auf seinen Magen
obachtungen, die der sorgfältig forschende Arzt an der Psyche
t zum dichterischen Erlebnis aufglühen läßt,
und meinte, das Hungertüchernagen
sei weder gesund noch angenehm;
drum dichtete er bloß außerdem
und legte sich fleißig aufs Krankekurieren,
Oper=Pur=Ordin= und Medizinieren,
weshalb ihm die Arzte in Bochum zuletzt
und nicht die Poeten ein Denkmal gesetzt.
Groß ist die Zahl der Arzte, die führend in den literarischen
Bewegungen unserer Zeit hervorgetreten sind. Nur einige Namen
sollen hier genannt werden. Ein Arzt, Dr. Conrad Küster, rief
den Verein „Durch“ ins Leben, der mit Wille, Bölsche, Mackay
und anderen dem Naturalismus in Deutschland Vorpostendienste
leistete. Das Schlagwort „Die Moderne“ (Gegensatz: Die Antike)
wurde in diesem Verein geprägt und blieb lange in Geltung.
Aberauch in der vordersten Linie der Dichtenden selbst stehen Arzte.