VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1931–1933, Seite 30

POLITIK. WIRTSCHAFT
KULTUR
VERLAG
BuKUM A. G.
WIEN I,
BAUERNMARKT 3
Tel. U-21-4-79 U-27-3-64
Acmnemmmmmnnummnimmmmmmmmmimmmmmmtn
Wichtigstes Informations- und
Insertionsorgan für die Wirt¬
schaft der Donaustaaten
innsummmmninummnenmnimunnmmmmmmmmmmmmmmmmmn
——
Seite 4
Bialik ein großartiger Sprecher und Redner,
ein ungemein fesselnder Vortragender.
Außerhalb Palästinas sprach er jiddisch.
Der Meister der hebräischen Sprache prunkte
nicht mit diesem Kleinod im Ringe der hi¬
storischen Kette. In der Galuth-Sprache des
Volkes sprach er zum Volke. Nicht be¬
wundert wollte er werden, nur verstanden.
Aber welch hohe Geistigkeit, welch Gedan¬
kenreichtum erfüllten, welch wunderbare
Bilder und Gleichnisse durchzogen den Fluß
seiner Rede! Der Born, aus dem Bialik
schöpfte, war die alte Kultur der Vergan¬
genheit seines Volkes, sein eigenes Schaffen
und Wirken, dem nun der Tod ein viel zu
frühes Ende gesetzt, Mitweben an Gegen¬
wart und Zukunkt.
Dor jaiom
Wir sind ein armes und verwaistes Volk)
geworden. Nicht mehr weilt unter uns der
Seher und Worner der vielleicht als Ein¬
ziger in unserer Zeit das tiefere Sein des
Judentums begriffen und erschaut hat. Wie
ein einsumer Fets ragte er über uns, über
das Geschlecht der Zwerge, dus Großes und
Heiliges in den Kot zerrt, blutlosen Schemen
aber nachjagt. Nie mehr werden wir die
warnende Stimme unseres jüdischen Volks¬
gewissens zu hören vermeinen, ienn die so
hochaufsteigenden Wogen des Bruderhasses!
und der Verblendung unsere Augen trüb
und unser Herz vers ockt machen werden.
Wir werden es nicht mehr nötig haben, von
Zeit zu Zeit aufzuhorchen und beschämt
eine Welle innezuhalten, wenn von Bialiks
Munde herbe Worte fallen, Worte aus
großem Schmers und großer Liebe zugleich
geboren. Jetzt kann in der jüdischen Gasse
ungestraft und ungehindert der schaurige
Tanz aller bösen Geister fortgeführt wer¬
den. Giftige Federn können nun weiter!
käßliche Galle gegen andersdenkende Brü¬
der spriizen. Kleinliche Rachesucht, eng¬
stinige Demagogie, Mangel an Reife und
Verantwortung werden zügellos auf unseren
Versammlungen und Tagungen weiter
toben und walten. Nur munter weiter zer¬
setzen, spalien und sprengen, nur munter
weiter verfälschen und verwässern unser
zionistisches Ideal! Wer wird denn heute
noch der Reinheit und Ganzheit unserer Be¬
strebungen ein Wort zu sprechen wagen?
Die Verknöcherten von links, die Propheten
der „Abrechnung“ von rechts, etwa die
Zaghaften und Unschlüssigen aus den übri¬
gen Lagern? Verstummt ist Bialik, ver¬
stummt sind die Lippen, die zu trösten und
aufzurichten, aber auch unbarmherzig zu
geißeln wußten. Dor jatom. Ein Gefühl der
Verlassenheit und der Verwaisung über¬
kommt uns. Wir besitzen keine zentrale’ Per¬
sönlichkeit mehr, keinen ungekrönten
Führer, der allen Volksteilen gleich teuer,
von allen gleich anerkannt wäre. Was soll
Die STIN
Chaim Nachmann Bialiks:
An das Vöglein!
El Hastper“)
Die ich pflanzte die Blumen, sag’, sind
Sei gegrüßt mir am Fenster, lieb Vöglein
sie schon werk,
6u,
Wie ich selbst, ach, welkend verbfüht?
Wieder heim au. sonnigem Land.
Wie bangt ich nach deiner Stimme süß, (Noch denk ich's, da ich gleick ihnen
spraß,
Da Winters mit dir sie entschuind!
Doch jetzt bin ich greise unc mück.
Teures Vöglein, sing und sage mir an,
Von den Wundern des Landes 80 weit,
Was flüstert geheim von Strauck zu
Ob auch dort im schönen, im sonnigen
Strauch
Land
Und was raunen die Blätter dir zu?
Sich häufen Unglück und Leid!
Sag’, künden sie Trest und karren sie
wurde.
auch
Sag’, bringst von den Brüdern, so jerne,
der
30 nak. Der Erfüllung, Vögelein du?
H
Aus Zion du Gruß übers Meer?
Die Glücklichen, ach, sie wissen icht Weine Brüder, die Ihr in Trünen gesät,
kaum, Sollt ernten die Garben voll Lust.
Was mich drückt, ach, drückt an Be-[Gebt Schwingen mir, in mein Land ##
Rien'n
schwer!
Zu der Mandeln, der Palmen Brust:
90
Sag', wissen sie, wie der Beschldigter
tio
Zorn Und was sag' ich dir, lieb Vögelein du
der
Mich in steigenden Flammen umsprüht? Was hoffst du zu hören von mir?
sank
Sing', Vöglein, Wunder mir; sing' von Nicht Lieder tönen aus eisigem Land,
no
dem Land, Nur Klagen und Seufzer kier.
Soll vom Leid ich erzählen, das längst
Wo eiriger Frühling uns blüht!
b4
dir bekannt,
26
Sag', bringt dein Gesang mir Grüße vom Da das Leben mich herverweht,
7
Land,IVon dem Leid, ohne Zahl, das mich jüh
für de
Aus dem Tal, von den Bergen herabt
übermannt,
des K
Hat Gott sich Zions tröstend erbarmt,
Vom Leid, das da kommt und gehtt
schon
Liegt verlassen es noch wie ein Grab?
sind
Fort, Vöglein, fliek’ deinen Bergen zu,
punkt
Wächst in Sc ons Tal und am Weik¬
rauchberg Wohl dir, läßt mein Zelt du zurück!
de
Denn bliebest du hier, auch Singvöglein
4
Noch der Murrhen, der Narden Pracht?

Ist der Wälder Greis, Vater Libanon,
Beweintest gor keiß mein Geschick.
Aus dem tiefen Schlummer erwacht?
Doch nicht Weinen und Tränen machen

gesund,
Und auf Hermon herab fällt wie Perien
Nicht heilen sie meinen Schmerz,
der Tau
Mein Aug’ ist schon trüb und der Tränen
Oder füllt er gleich Tränen zugrund?
satt,
Und wie steht’s mit des Jordans lauterem
Gleich Gras ist zertreten mein Herz.
Nap,
Mit den Bergen, den Hügeln im Rund?
Jede Träne versiegt, Prophezelung ver¬
stummt,
Entwich von kinnen das dichte Gewölk
410
Meinem Leid kein Ende man sieht.
Und der finstere Nebel zerstob?
Sei gegrüßt, daß du heimkehrst, lieb
Sing', Vöglein, vom Land, das den
D
Vögelein du,
Vätern mein,
Du, singe schmetternd dein Lied!
So Leben wie Sterben wob.
(Aus dem Hebrdischen übersetst von Dr. E. M. Zweig, Jerusalem.)
dung
versche
Man
Grundsteinlegung von Kirjat Bialik
wird
neue
Von unserem Spezialberichterstatter.
jemeth
Auf der Riesenfläche, welche der Keren Stelle des erkrankten Gründers und Vor¬
Kajemeth zwischen Haifa und Akko vor stehers der Siedlung Herrn Kurt Ruppin 1500
Jahren fürsorglich erworben hat, wurde be-und verkündete den Beschluß, die Siedlung Sierung
von Süd nach Nord fort-I nach dem verewigten Volksdichter Kirjat Direkto
kanntlich