VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1933, undatiert, Seite 34

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2. Cuttings
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Die Nation.
gleich ist, man muß nicht Mücken fangen mit dem gleichen! ursprünglich in der „Contemporary Review“ vom Februar 1883
Ernst, mit dem man auf den Adleranstand geht. Er hat j.und liegt hier in deutscher Uebersetzung vor.
männliche Gesinnungen, er spricht klar und schreibt ein
Es springt in die Augen, daß eine nachdrückliche Aussprache über
gutes Deutsch. Nur weiß er wenig von der Oekonomie des
den Diktator und sein Verhältniß zur französischen Nation einen wesent¬
Raumes, hier verweilt er sich gerne und muß dann an
lichen Beitrag zu des Autors Auffassung des französischen politischen
anderen Arbeiten hasten und knappen, wo man längeres
Naturells liefern muß. Gerade in diesem Theil, wie in dem seiner
Verweilen lieber gesehen hätte. So vermißt man ungern
Zeit noch von Hillebrand selbst angeschlossenen Essay über Renan,
ein Wort über die sehr feinen und anmuthigen Einakter
findet der Leser ohne Zweifel die meisten und lebendigsten Anknüpfungen
der Ebner, wird sich andererseits schwer mit Sittenbergers
an die Gedanken, die heute aufsteigen, wenn man sich fragt, wohin die
zu freundlicher Beurtheilung des Herrn von Wartenegg
Entwicklung in Frankreich geht. Die Beantwortung dieser großen Frage
und seines unmöglichen Preislustspieles: „Der Ring des
ist es auch gewiß, welche die Herausgeberin mit Recht bestimmt hat, vorerst
Osterdingen“ einverstanden erklären können. Sehr feine Be¬
nicht das ganze Werk der sieben Bände von „Völker, Zeiten und
merkungen bringt er über die Mundart und ihren Gebrauch.
Menschen“ sondern nur den Theil „Frankreich und die Franzosen“.
Die strenge Handhabung hat keinen Sinn, denn der Schau¬
wieder den deutschen Lesern zugänglich zu machen. Frankreich hat seit
spieler zerpflückt, was der Dichter gebunden. So bleibt denn
Jahrhunderten mehr als irgend ein Land das Privileg genossen, die
besonders für ernstere Arbeiten die dialektische Färbung des
Augen der Welt auf sich zu ziehen. Heute mehr als je zuvor. Was
Satzbaues, dem syntaktischen Geist des Volkes folgen, endlich die
ein so feiner, reicher Geist, ein solcher Kenner von Völkern, Zeiten und
kluge Anwendung gleichweiser und volksmäßiger Redensarten
Menschen und ganz besonders dieses Landes über dasselbe gedacht hat,
zu bevorzugen; vornehmlich in Deutschland, wo wir eigentlich
wie sich die Erlebnisse der Gegenwart im Spiegel dieser, anderthalb
das Muster, wie derlei zu geschehen hat, in der lutherischen
Jahrzehnte zurückliegenden, Betrachtungen und Urtheile ausnehmen, was
—Bibel haben. So kann man aus dem Buche Manches lernen und
sich davon bewährt, was sich anders gezeigt hat, das zu erfahren, ist
es ist eine recht gelegene Ergänzung zu Nagel und Zeidlers
heute von durchschlagendem Interesse. Hillebrand ist recht eigentlich ein
Litteraturgeschichte, die eben sich anschickt, unseren Gesammt¬
Völkerpsychologe, nicht als Methodiker, sondern als Praktiker. Das
besitz zu buchen. Vor Allem kann man sich überzeugen, daß
Fach hat seine Klippen, mehr als viele andere. Hillebrand ist ihnen
wir selber mit Ernst und ohne wechselseitige Ueberschätzung an
nicht immer entgangen. Aber, ob er nun überall richtig gesehen habe
der Arbeit sind, daß sich Manches regt und Früchte für eine
oder nicht, kompetent war er in hohem Grade, und sein Urtheil fällt ins
nicht zu ferne Zukunft verspricht. An ansehnlichen und
Gewicht. An vielen Stellen wird der Leser nicht umhin können, sich zu
selbst großen Erscheinungen hat es uns niemals gefehlt,
sagen, wie richtig das Urtheil war und wie vieles eingetroffen ist. Auch
seitdem wir in den Kreis des deutschen Geisteslebens nach einer
wenn der Verfasser nicht, wie Homberger sagt, ein vorzugsweise zum
Unterbrechung von Jahrhunderten eingetreten sind. Unser
Denken anregender Schriftsteller wäre, würde dies hier erneuerte Werk
eigenes Leben führten wir immerdar, nach eigenen Gesetzen
weite Verbreitung verdienen.
suchten wir uns immer zu entwickeln. Das muß so bleiben.
L. B.
Denn ein Strom mit zwei Quellflüssen kann niemals ver¬
siegen und füddeutsches und norddeutsches Wesen ergießen
sich zuletzt dennoch in einem Bette. Was hier geschaffen
wurde in den letzten Jahren, seitdem man ernstlich zu suchen
und sich von den Schablonen loszusagen begann, das hat
J. C. Helt: An heiligen Wassern. Roman. Stuttgart. 1898.
Sittenberger mit löblichem Fleiße und einer Unbefangenheit
J. C. Cotta.
zu verzeichnen gesucht, die ihn vielleicht nur zweimal ver¬
In schweizerische Hochgebirgswelt führt uns dieses nicht alltäg¬
ließ. Das ist nicht gar viel. Ist aber des Guten nicht
liche Buch. Lawinen donnern nieder und Urväterbrauch zwingt durch
mehr — für die schwere Zeit, für die grenzenlosen Schwierig¬
Loos oder als Sühne für Frevelthat Männer der Gemeinde, bei der
keiten, mit denen man hier zu kämpfen hat, ist es genug und
halsbrecherischen auf schwindelnder Höhe geforderten Besserungsarbeit
bei uns wie Ihnen stehen die Schaffenden noch in jenen
Leib und Leben einzusetzen. Liebes= und Familientragödien verflechten
Jahren, wo ihnen selbst für die weitere Entfaltung noch
sich in diese aufregenden Historien. Patriarchalische Kernmenschen und
Aussicht gegönnt ist.
übergroße Gewaltnaturen greifen in das vom Aberglauben der Aelpler
Wien.
J. J. David.
beherrschte Gemeindeleben ein. Ein heroisches Liebespaar besteht alle
Anfechtungen. Der blutarme Mann der Wahl der charakterfesten,
patrizischen Wirthstochter zumal löst den alten Bann, indem er — dem
Ansturm der aufgehetzten, bigotten Aelpler zum Trotz — als auto¬
didaktischer Wasserbaumeister die heiligen Wasser durch moderne Technik
Zeiten, Völker und Menschen. Von Karl Hillebrand. Erster
bändigt und sänftigt. Gegen die Verwicklung der Fabel und manche
Band: Frankreich und die Franzosen. Vierte verbesserte
allzu pathetische Wendung in Sprache und Charakteristik wäre manches
und vermehrte Auflage. Straßburg. Verlag von Karl J. Trübner. 1898.
zu sagen. Desto wärmere Zustimmung verdienen die groß stilisirten Land¬
Kurz nach dem am 18. Oktober 1884 erfolgtem Ableben Hille¬
schaftsbilder; hier meldet sich ein verheißungsvolles Talent, das Zucht
brand's hat in der „Nation“ (vom 29. Nov., 6. und 13. Dezember 1884)
und Maß finden wird. Lob gebührt auch einer Reihe gut geschauter
Heinrich Homberger ihm einen ausführlichen Nachruf gewidmet, der zum
und sicher gezeichneter ernster und heiterer Nebengestalten.
besten gehört, nicht nur, was über ihn, sondern was überhaupt in
— m.
unseren Tagen auf diesem Gebiete geschrieben worden ist. Dies kleine
Meisterstück ist der neu vorliegenden Ausgabe als Anhang beigefügt.
Wenn die korrekte Ordnung des Stoffs ganz natürlich diesen Text in
den Anhang verwies, so möchte ich doch dem Leser des Buches rathen,
Für die Redaktion bestimmte Mittheilungen, Manuskripte, zur
mit ihm anzufangen. Nichts könnte ihn besser auf den richtigen Genuß
und das Verständniß des Autors vorbereiten als diese Schilderung
Rezension bestimmte Bücher und dergleichen bitten wir zu senden an
seines ganzen Wesens. Homberger war zu dieser Leistung wie ge¬
eines der Mitglieder der
schaffen. Die Seelen der beiden Männer wie ihr Bildungsgang waren
einander verwandt. Sie hatten persönlich einander nahe gestanden und
Redaktion
sich wechselseitig gefördert. Die Herausgeberin der neuen Auflage hat
Dr. Th. Barth,
Dr. P. Nathan,
daher sehr wohlgethan, indem sie den Band um diesen Nekrolog be¬
reicherte. Noch eine andere Beigabe ist ganz am Platze, ebenfalls ein
W. Thiergartenstraße 37.
W. Ziethenstraße 27.
Anhang, dem letzten vorausgehend. Es ist eine Abhandlung, die
Hillebrand nach dem Tode Gambetta's über diesen schrieb. Sie erschien
Verantwortlicher Redakteur: Otto Böhme in Berlin. — Druck von H. S. Hermann in Bertin SW., Beuthstraße 8.