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2. Cuttings
Wilhelm Fischer, der der Altmeister der österreichischen Bergroman=, bis in die letzte Fibel
Weder Wilhelm Fischer, Emil Ertl, beide in Graz, noch Schön¬
diese aus der Wie
tiker ist. Er war es, der schon vor zwanzig Jahren das Leben
herr oder Wallpach und Dallago wendeten dieses ihnen gemeinsame,
von einer Schärfe
als Fest der Kraft, Tat und des Schaffens besang; er war
mehr oder minder ausgeprägte Motiv ihres Schaffens so nach:
haltes Treffsicherhe
es, der an die Schweizer Meister der gehämmerten, geschmiedeten ge¬
drücklich in vaterländisches Gefühl um wie Bartsch. Noch stecken
Gestaltung,
härteten, getriebenen Wortkunst anknüpfte. Keller und K. F. Meyer
sie im Literarischen. Man hat eben nirgends so Angst, ein „vater¬
der Romantik
sind die Ahnen unserer Bergsänger überhaupt. Der Satz Carlyles:
ländischer“ Dichter zu sein, wie bei uns in Österreich.
Millionenstadt Schm
„Wer nicht auf das Unsichtbare seine sichtbare poetische Welt auf¬
Die „Haindlkinder“ entrollen den feelischen Kleinstaat einer öster¬
anders sagen — aus
baut, der hat keine Wirklichkeit zu erwarten, auch wenn er der erste
reichischen Familie. Ein wienerischer Roman, der nicht mit der
„Sterben“, der Arzt
Der Satz erschließt restlos die
Realist der Gegenwart heißt.“
Marke „Wiener Roman“ zu versehen ist! Nicht das Zinshaus,
Punkt entspringend:
dichterische Natur Fischers und all der jüngeren alpenländischen
nicht die proletarische Straße sind Ort der Handlung... Vater
lichem Hohn wider
Dichter. Realisten, wie etwa die Steinmetze, die Eisenschmiede der
Haindl ist ein Gewerbsmann, der, als er genug verdiente, mit
heißen werden.
Gotik. Ihre Motive ihre Stoffe wurzeln in der Erde, aber die
Frau, Tochter und drei Buben an die Abhänge des Wiener
In Graz sitzt
Seele, die eingehaucht wird, strebt ins unsichtbare, blaue Land der
Waldes zieht. Aus einem der Buben wird ein „Heist=Haindl“,
„Das blaue Gu
Phantasie, in Zeiten und Welten, die gären und brodeln, wallen
ein stiller, in sich blickender, verkappter Dichter, der zweite
schrieb. Diese e
Und Meister Fischer steckt am tiefsten in der
und dampfen.
ein „Kampf=Haindl“, das heißt ein politisch Empfindender, ein Ab¬
Erzählungsliteratur.
Romantik. Sein Lebenswerk, der Roman „Die Freude am Licht“
geordneter eines noch nicht bestehenden Idealparlamentes; dem
des sic
ist in seinen besten Teilen eine Andacht germanischen Sonnenkultes.
dritten beliebt es, sich zum Lebe=Haindl“ zu entwickeln: er läßt sich
mit
Die Unruhe vor dem Rätsel der Welt ist seine dichterische Emotion.
auschmachten nimmt das Schöne und Wohlschmeckende, woher und
Er schreibt einen gotischen Stil; er hat eine Spitzbogensyntax
in welcher Gestalt es kommt, erwirbt frühzeitig Geld und die Gicht
a
und nach einer geheimen Bauhütten=Lehr' zurechtgeformte Worte.
und endet im Philisterium. Papa Haindl aber ist doch eigentlich
er
Manchem mag er drum „maniriert“ erscheinen. Ist aber nur „die
der Klügste des Stammes; er hat alle drei Buben in sich. Und
eigene Seelen=Weis'“, die ja auch bei Bartsch sehr kräftig aus der
überdies auch Goethe und die patriarchalische Welt des guten Kaisers
Tiefe klingt. Er liebt es, seinem Stil Kolorit zu geben, und seine
Franz. Er ist der seltsamste Kauz, den die gewiß an Originalen
besten Arbeiten sind nachgedunkelt wie alte Familienbilder unbe¬
reiche Bartschische Galerie bisher besaß. Haindl sen. ist Patriot
kannter Meister. Fischers Poesie ist jene des Geheimnisvollen.
selbst beim Essen und Trinken. Die berüchtigte Genußsucht des
Keiner hat die Kunst so weg, die alten Zeiten, den alten Geist
Wieners hat wohl noch keine so poetische Verklärung, keine so fast
raunen und tönen zu lassen. Unser alter Märchenerzähler ist Fischer.
zeremonielle Verklärung erhalten: Laßt den königlichen Fasan ver¬
Wirk
Die Geschichten im Buche „Lebensmorgen“ sind märchengoldene
mählt mit der Goldrebe heilig hinuntergleiten in euch! Weihe!
Er ist
Wunderträume eines späteren Bruders Friedrich v. Hardenbergs.
Weihe! Ihr eßt und trinkt den ganzen Waldherbst, die Poesie der
Wie Wilhelm Fischer ja überhaupt der größte Formalist des öster¬
Feldhölzer und den vollen Sonnentraum eines Sommers mit
and
erarif
hinunter.“ Ein Satz übrigens, der die Sprache Bartsch' auf der
reichischen Romaus jetzt ist.
arti
Er hat einige wesenlose („Der Mediceer"), einige hübsche
Höhe ihrer (Besonderheit zeigt!)
Su
Die „Haindlkinder“ sind rein literarisch gewertet, keineswegs auf
„Sonnenopfer“) und zwei pracht¬
(„Unter dem Himmel“,
der Höhe des älteren Romanes; aber hier soll nicht klassifiziert, sondern!
volle Bücher geschrieben. Im Roman „Die Freude am Licht“
sollen die Erscheinungen in ihrer Entwicklung betrachtet werden.
und in der Erzählung „Hans Heinzlin“ ruhte Fischers Wissenschaft:
Er zeigt eine weitere Vertiefung eines Wesenzuges der ganzen
geradliniger und doch reich verzierter Vortrag, eine Deutschheit
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Gruppe, den Zug: Leben und Seele in eine romantische Lokalfarbe
wie jene der kunstvollen, weitläufigen stählernen Schlösser in alten
Unter
zu tauchen und in einem Spiegelbild erscheinen zu lassen, das die
Burgen, so grünend blühend mannhaft wie die Linden in den
sind a
Wahrheit nicht trübt und doch mit Licht umgibt.
Höhen einer zeitzermürbten Feste.
Bartsch dem jungen Mann, fielen Siegeskränze zu, um die ein
Artistischen Stilistei
Es sei gestattet, ein Buch des jetzt vielgenannten Karl
Sechzigjähriger einen nicht leichten, rosigen Poetenweg schreiten,
des Österreichers h
Schönherr aus der Vergessenheit zu ziehen das vielleicht wertvoller
um die ein Leben reich an Enttäuschungen, an Zurücksetzung hin¬
baren Licht, zur S
ist als seine Dramen. „Caritas“ enthält sieben Geschichten „Gottes
gegeben werden mußte. Es war dies Los Wilhelm Fischer — in
Graz, wie er deutschtümelnd seinem Namen hinzusetzte — beschieden: ! Schwiegermutter", „Fuhrmanns=Engeln“, — in Tirol spielend, echt!
A
—
S
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Wilhelm Fischer, der der Altmeister der österreichischen Bergroman=, bis in die letzte Fibel
Weder Wilhelm Fischer, Emil Ertl, beide in Graz, noch Schön¬
diese aus der Wie
tiker ist. Er war es, der schon vor zwanzig Jahren das Leben
herr oder Wallpach und Dallago wendeten dieses ihnen gemeinsame,
von einer Schärfe
als Fest der Kraft, Tat und des Schaffens besang; er war
mehr oder minder ausgeprägte Motiv ihres Schaffens so nach:
haltes Treffsicherhe
es, der an die Schweizer Meister der gehämmerten, geschmiedeten ge¬
drücklich in vaterländisches Gefühl um wie Bartsch. Noch stecken
Gestaltung,
härteten, getriebenen Wortkunst anknüpfte. Keller und K. F. Meyer
sie im Literarischen. Man hat eben nirgends so Angst, ein „vater¬
der Romantik
sind die Ahnen unserer Bergsänger überhaupt. Der Satz Carlyles:
ländischer“ Dichter zu sein, wie bei uns in Österreich.
Millionenstadt Schm
„Wer nicht auf das Unsichtbare seine sichtbare poetische Welt auf¬
Die „Haindlkinder“ entrollen den feelischen Kleinstaat einer öster¬
anders sagen — aus
baut, der hat keine Wirklichkeit zu erwarten, auch wenn er der erste
reichischen Familie. Ein wienerischer Roman, der nicht mit der
„Sterben“, der Arzt
Der Satz erschließt restlos die
Realist der Gegenwart heißt.“
Marke „Wiener Roman“ zu versehen ist! Nicht das Zinshaus,
Punkt entspringend:
dichterische Natur Fischers und all der jüngeren alpenländischen
nicht die proletarische Straße sind Ort der Handlung... Vater
lichem Hohn wider
Dichter. Realisten, wie etwa die Steinmetze, die Eisenschmiede der
Haindl ist ein Gewerbsmann, der, als er genug verdiente, mit
heißen werden.
Gotik. Ihre Motive ihre Stoffe wurzeln in der Erde, aber die
Frau, Tochter und drei Buben an die Abhänge des Wiener
In Graz sitzt
Seele, die eingehaucht wird, strebt ins unsichtbare, blaue Land der
Waldes zieht. Aus einem der Buben wird ein „Heist=Haindl“,
„Das blaue Gu
Phantasie, in Zeiten und Welten, die gären und brodeln, wallen
ein stiller, in sich blickender, verkappter Dichter, der zweite
schrieb. Diese e
Und Meister Fischer steckt am tiefsten in der
und dampfen.
ein „Kampf=Haindl“, das heißt ein politisch Empfindender, ein Ab¬
Erzählungsliteratur.
Romantik. Sein Lebenswerk, der Roman „Die Freude am Licht“
geordneter eines noch nicht bestehenden Idealparlamentes; dem
des sic
ist in seinen besten Teilen eine Andacht germanischen Sonnenkultes.
dritten beliebt es, sich zum Lebe=Haindl“ zu entwickeln: er läßt sich
mit
Die Unruhe vor dem Rätsel der Welt ist seine dichterische Emotion.
auschmachten nimmt das Schöne und Wohlschmeckende, woher und
Er schreibt einen gotischen Stil; er hat eine Spitzbogensyntax
in welcher Gestalt es kommt, erwirbt frühzeitig Geld und die Gicht
a
und nach einer geheimen Bauhütten=Lehr' zurechtgeformte Worte.
und endet im Philisterium. Papa Haindl aber ist doch eigentlich
er
Manchem mag er drum „maniriert“ erscheinen. Ist aber nur „die
der Klügste des Stammes; er hat alle drei Buben in sich. Und
eigene Seelen=Weis'“, die ja auch bei Bartsch sehr kräftig aus der
überdies auch Goethe und die patriarchalische Welt des guten Kaisers
Tiefe klingt. Er liebt es, seinem Stil Kolorit zu geben, und seine
Franz. Er ist der seltsamste Kauz, den die gewiß an Originalen
besten Arbeiten sind nachgedunkelt wie alte Familienbilder unbe¬
reiche Bartschische Galerie bisher besaß. Haindl sen. ist Patriot
kannter Meister. Fischers Poesie ist jene des Geheimnisvollen.
selbst beim Essen und Trinken. Die berüchtigte Genußsucht des
Keiner hat die Kunst so weg, die alten Zeiten, den alten Geist
Wieners hat wohl noch keine so poetische Verklärung, keine so fast
raunen und tönen zu lassen. Unser alter Märchenerzähler ist Fischer.
zeremonielle Verklärung erhalten: Laßt den königlichen Fasan ver¬
Wirk
Die Geschichten im Buche „Lebensmorgen“ sind märchengoldene
mählt mit der Goldrebe heilig hinuntergleiten in euch! Weihe!
Er ist
Wunderträume eines späteren Bruders Friedrich v. Hardenbergs.
Weihe! Ihr eßt und trinkt den ganzen Waldherbst, die Poesie der
Wie Wilhelm Fischer ja überhaupt der größte Formalist des öster¬
Feldhölzer und den vollen Sonnentraum eines Sommers mit
and
erarif
hinunter.“ Ein Satz übrigens, der die Sprache Bartsch' auf der
reichischen Romaus jetzt ist.
arti
Er hat einige wesenlose („Der Mediceer"), einige hübsche
Höhe ihrer (Besonderheit zeigt!)
Su
Die „Haindlkinder“ sind rein literarisch gewertet, keineswegs auf
„Sonnenopfer“) und zwei pracht¬
(„Unter dem Himmel“,
der Höhe des älteren Romanes; aber hier soll nicht klassifiziert, sondern!
volle Bücher geschrieben. Im Roman „Die Freude am Licht“
sollen die Erscheinungen in ihrer Entwicklung betrachtet werden.
und in der Erzählung „Hans Heinzlin“ ruhte Fischers Wissenschaft:
Er zeigt eine weitere Vertiefung eines Wesenzuges der ganzen
geradliniger und doch reich verzierter Vortrag, eine Deutschheit
210
Gruppe, den Zug: Leben und Seele in eine romantische Lokalfarbe
wie jene der kunstvollen, weitläufigen stählernen Schlösser in alten
Unter
zu tauchen und in einem Spiegelbild erscheinen zu lassen, das die
Burgen, so grünend blühend mannhaft wie die Linden in den
sind a
Wahrheit nicht trübt und doch mit Licht umgibt.
Höhen einer zeitzermürbten Feste.
Bartsch dem jungen Mann, fielen Siegeskränze zu, um die ein
Artistischen Stilistei
Es sei gestattet, ein Buch des jetzt vielgenannten Karl
Sechzigjähriger einen nicht leichten, rosigen Poetenweg schreiten,
des Österreichers h
Schönherr aus der Vergessenheit zu ziehen das vielleicht wertvoller
um die ein Leben reich an Enttäuschungen, an Zurücksetzung hin¬
baren Licht, zur S
ist als seine Dramen. „Caritas“ enthält sieben Geschichten „Gottes
gegeben werden mußte. Es war dies Los Wilhelm Fischer — in
Graz, wie er deutschtümelnd seinem Namen hinzusetzte — beschieden: ! Schwiegermutter", „Fuhrmanns=Engeln“, — in Tirol spielend, echt!
A
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