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2. Cuttings
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BELN. HEARRTGREPAEEN
Triebe, die zur strammen Aktion in irgend einer Richtung stellung irgend welcher speziellen Ereignisse oder per¬
wieder ein Selbstporträt oder eine kleine persönliche
hinleiten müßten, durch windige Theoreme, durch
sönlichen Erfahrungen ist wertlos, sofern diese Ge¬
Abrechnung mit dem Publikum; ein andermal Größen¬
Gedankenketten und Selbstberedung niederzuhalten, und
schehnisse nicht in einen ethischen Zusammenhang mit
verkleinerung oder ein Konterfei aus der nächsten Um¬
das Empfinden des Meisters artet schließlich nicht nur
dem Allgemeinsinne gebracht werden. Hier liegt der
gebung. Diesem Verhalten entgegen, ringt Beer=Hof¬
in Gleichmut, sondern in eine eitel zur Schau gestellte
Trennungspunkt, wo die meisten modernen Stücke und
mann jahrelang nach dem Höchsten in der Bewältigung
Wurstigkeit aus. Für den Endspaß ist der erste Teil
die Kunst nach entgegengesetzten Richtungen von¬
großer ethischer Motive; Hugo v. Hofmannsthal such
der Komödie, ist die eine Hälfte des Charakters zu
einandergehen. Nietzsche, dazu noch mißverstanden,
das Ethos in fernen Zeiten und Zonen; Arthu
schwer und zu ernst angelegt. Dabei wurde im
hat das Unheil angerichtet. Man wähnie programm¬
Schnitzler bewegt sich gedankenvoll ohne Unterlaß um
Deutschen Volkstheater die lächerlche Szene, da der
gemäß die Moral in den Grund zu treten und man hat das ethische Urmotiv des Todes. Nur der Versumpfung
Meister die Photographie seines Weibes, das ihm
die erhischen Fundamente zerstört; man glaubte das der Theaterverhältnisse in Wien ist es zuzuschreiben
untreu wurde, durchschießt, zum Glücke weggelassen.
berüchtigte Medizinfläschchen voll Moral zum Fenster¬
daß die Bühnen den einsamen Weg zu dem ersten Ein¬
Die Motive für die Wendungen und Gedanken¬
hinauszuwerfen und man hat irrtümlicherweise das
akter der „Lehendigen Stunden“, zu einem Meister¬
windungen des Meisters sind unzureichend. Der
Ethos erwischt und durchs Fenster fliegen lassen.
werk, nicht suchen... Schönherr gräbt mit ruhier
Jugend, die das unmännlich gleichgiltige Verhalten
Moralitäten braucht die Kunst freilich nicht, aber vom
Kraft nach den ethischen Wurzeln des Lebens. Die
des Meisters, nachdem die Untreue seiner Frau durch
einfachsten Volksliede bis zu den Triumphen der Kunst,
meisten der jüngeren Wiener Talente aber, der anderen
ein anekdotisches Intermezzo aufgedeckt worden ist.
bis Shekespeare und bis zur Neunten Beethovens gibt
Schule zugewendet, geben sich auch nicht einmal di
mißversteht, versichert der Held, daß sein Vorgehen
es keine echte und wahrhaftige Kunsterscheinung, die
Mühe, sittliche Probleme tiefer zu fassen. Hans Müller,
nur dem Einzelfalle, der moralischen Atmosphäre inner= nicht auf das menschliche Allgemeinempfinden, auf
gewiß ein begabter Dichter, liefert ein lehrreiches B#
halb seiner vier Wände entspricht.
ethische Fundamente gegründet wäre.
spiel. Er wählt einen ethischen Titel, „Das stä
Mit diesem Bekenntnisse hat die dramatische
Ich habe mir oft zu erklären gesucht, daß Her¬
Leben“, und streut ringsum eine größere Anzahl
Kunst, die sich in der Richtung des „Meisters“ bewegt,
mann Bahr, einer der fleißigsten, geistreichsten, be¬
akter aus. So greift er nach dem tragischen Sta
selbst ihren Bankerott erklärt. Denn die Handlung des
weglichsten Autoren, formgewandt, welterfahren,
Savonarola. Der finstere Mönch wurde nach
„Meisters“ gibt sich den Schein, Allgemeingefühle an¬
strotzend von Talenten, nicht ein einziges Theaterstück
baren Torturen am 23. Mai 1498 stranguliert ur
zurufen, und ist doch nur auf einen ganz besonderen
zu produzieren vermochte, das mit dem Anspruch auf
Asche verbrannt. Man braucht nur einen Lexikonar
Hausfall, auf Ereignisse beschränkt, die schon von Nach¬
Fortdauer sich auf der Bühne hätte erhalten können.
über Savonarosa und gar nicht Lenau zu lesen,
bargefühlen nicht erfaßt werden können. Die wahre
Alles sehr interessant, amüsant für Leute, die sich einen
das erregte Blut kocht in den Adern. Doch der jung
Kunst wird aber immer und ewig den entgegengesetzten
Abend ein wenig freuen oder ein bißchen ärgern sollen;
Dichter, dessen Empfindungen heißer sein sollten,
Weg wählen und in inem besonderen Zeichen oder
ein Widerhall aber in Allgemeingefühlen, ein
spaziert gemütlich, als ob es ihn nicht anginge, an der
Sinnbild, in einem spezifischen dramatischen Charakter,
dauerndes Nachschwingen in den Seelen ist aus¬
ethischen Begriffen vorbei, hängt dem Mönch eine Li
in einem einzelnen dramatischen Vorgang allein das¬ geschlossen. Wir empfinden den Verlust des ethischen
schaft an und findet dann aus dem Konflikt nichtm
jenige auszusprechen suchen, was in allgemeinen Moments; denn das ist die Methode: Hier ein End¬
hinaus ins Freie. Im Geiste dieses Dichters
menschlichen Gefühlen ruht oder in Allgemeingefühle spaß — verehrtes Publikum, es war nichts — dort
Savonarola als blamierter Europäer. Eine der größten
aberachen in. Des Dichters Freude an der Dar= eine virtugs nachgebildete Parlamentssiene; dann Tragödien der Weltgeschichte schrumpft im Gefühled
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BELN. HEARRTGREPAEEN
Triebe, die zur strammen Aktion in irgend einer Richtung stellung irgend welcher speziellen Ereignisse oder per¬
wieder ein Selbstporträt oder eine kleine persönliche
hinleiten müßten, durch windige Theoreme, durch
sönlichen Erfahrungen ist wertlos, sofern diese Ge¬
Abrechnung mit dem Publikum; ein andermal Größen¬
Gedankenketten und Selbstberedung niederzuhalten, und
schehnisse nicht in einen ethischen Zusammenhang mit
verkleinerung oder ein Konterfei aus der nächsten Um¬
das Empfinden des Meisters artet schließlich nicht nur
dem Allgemeinsinne gebracht werden. Hier liegt der
gebung. Diesem Verhalten entgegen, ringt Beer=Hof¬
in Gleichmut, sondern in eine eitel zur Schau gestellte
Trennungspunkt, wo die meisten modernen Stücke und
mann jahrelang nach dem Höchsten in der Bewältigung
Wurstigkeit aus. Für den Endspaß ist der erste Teil
die Kunst nach entgegengesetzten Richtungen von¬
großer ethischer Motive; Hugo v. Hofmannsthal such
der Komödie, ist die eine Hälfte des Charakters zu
einandergehen. Nietzsche, dazu noch mißverstanden,
das Ethos in fernen Zeiten und Zonen; Arthu
schwer und zu ernst angelegt. Dabei wurde im
hat das Unheil angerichtet. Man wähnie programm¬
Schnitzler bewegt sich gedankenvoll ohne Unterlaß um
Deutschen Volkstheater die lächerlche Szene, da der
gemäß die Moral in den Grund zu treten und man hat das ethische Urmotiv des Todes. Nur der Versumpfung
Meister die Photographie seines Weibes, das ihm
die erhischen Fundamente zerstört; man glaubte das der Theaterverhältnisse in Wien ist es zuzuschreiben
untreu wurde, durchschießt, zum Glücke weggelassen.
berüchtigte Medizinfläschchen voll Moral zum Fenster¬
daß die Bühnen den einsamen Weg zu dem ersten Ein¬
Die Motive für die Wendungen und Gedanken¬
hinauszuwerfen und man hat irrtümlicherweise das
akter der „Lehendigen Stunden“, zu einem Meister¬
windungen des Meisters sind unzureichend. Der
Ethos erwischt und durchs Fenster fliegen lassen.
werk, nicht suchen... Schönherr gräbt mit ruhier
Jugend, die das unmännlich gleichgiltige Verhalten
Moralitäten braucht die Kunst freilich nicht, aber vom
Kraft nach den ethischen Wurzeln des Lebens. Die
des Meisters, nachdem die Untreue seiner Frau durch
einfachsten Volksliede bis zu den Triumphen der Kunst,
meisten der jüngeren Wiener Talente aber, der anderen
ein anekdotisches Intermezzo aufgedeckt worden ist.
bis Shekespeare und bis zur Neunten Beethovens gibt
Schule zugewendet, geben sich auch nicht einmal di
mißversteht, versichert der Held, daß sein Vorgehen
es keine echte und wahrhaftige Kunsterscheinung, die
Mühe, sittliche Probleme tiefer zu fassen. Hans Müller,
nur dem Einzelfalle, der moralischen Atmosphäre inner= nicht auf das menschliche Allgemeinempfinden, auf
gewiß ein begabter Dichter, liefert ein lehrreiches B#
halb seiner vier Wände entspricht.
ethische Fundamente gegründet wäre.
spiel. Er wählt einen ethischen Titel, „Das stä
Mit diesem Bekenntnisse hat die dramatische
Ich habe mir oft zu erklären gesucht, daß Her¬
Leben“, und streut ringsum eine größere Anzahl
Kunst, die sich in der Richtung des „Meisters“ bewegt,
mann Bahr, einer der fleißigsten, geistreichsten, be¬
akter aus. So greift er nach dem tragischen Sta
selbst ihren Bankerott erklärt. Denn die Handlung des
weglichsten Autoren, formgewandt, welterfahren,
Savonarola. Der finstere Mönch wurde nach
„Meisters“ gibt sich den Schein, Allgemeingefühle an¬
strotzend von Talenten, nicht ein einziges Theaterstück
baren Torturen am 23. Mai 1498 stranguliert ur
zurufen, und ist doch nur auf einen ganz besonderen
zu produzieren vermochte, das mit dem Anspruch auf
Asche verbrannt. Man braucht nur einen Lexikonar
Hausfall, auf Ereignisse beschränkt, die schon von Nach¬
Fortdauer sich auf der Bühne hätte erhalten können.
über Savonarosa und gar nicht Lenau zu lesen,
bargefühlen nicht erfaßt werden können. Die wahre
Alles sehr interessant, amüsant für Leute, die sich einen
das erregte Blut kocht in den Adern. Doch der jung
Kunst wird aber immer und ewig den entgegengesetzten
Abend ein wenig freuen oder ein bißchen ärgern sollen;
Dichter, dessen Empfindungen heißer sein sollten,
Weg wählen und in inem besonderen Zeichen oder
ein Widerhall aber in Allgemeingefühlen, ein
spaziert gemütlich, als ob es ihn nicht anginge, an der
Sinnbild, in einem spezifischen dramatischen Charakter,
dauerndes Nachschwingen in den Seelen ist aus¬
ethischen Begriffen vorbei, hängt dem Mönch eine Li
in einem einzelnen dramatischen Vorgang allein das¬ geschlossen. Wir empfinden den Verlust des ethischen
schaft an und findet dann aus dem Konflikt nichtm
jenige auszusprechen suchen, was in allgemeinen Moments; denn das ist die Methode: Hier ein End¬
hinaus ins Freie. Im Geiste dieses Dichters
menschlichen Gefühlen ruht oder in Allgemeingefühle spaß — verehrtes Publikum, es war nichts — dort
Savonarola als blamierter Europäer. Eine der größten
aberachen in. Des Dichters Freude an der Dar= eine virtugs nachgebildete Parlamentssiene; dann Tragödien der Weltgeschichte schrumpft im Gefühled