VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1933, undatiert, Seite 77

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2. Cuttings
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nachahmlicher Kunst, überkleid
schmeichelten. Er war damals erst achtunddreißig Jahre alt,
aber doch beinahe schmächtig zu nennen, das Gesicht ziemlich
stand also in einem Alter, wo man sich noch entwickelt, zum all seiner Liebenswürdigkeit,
heit dieses Charakters mit d
junbedeutend, auch das Auge nicht besonders ausdrucksvoll,
Gelernten mancherlei hinzulernt.
Falle hatte er Selbstgefällig
nur der Mund fein gezogen und vielsagend, auch wenn er
Seine erste oder eine seiner ersten Rollen, die er als
und er tat es ohne jede Selb
schwieg. Dieser Mund konnte geistreich, liebenswürdig, ver¬
engagiertes Mitglied zu spielen hatte, war die Hauptrolle in
der alten Unsitte war ausgetill
führerisch lächeln und legitimierte einigermaßen die stolzeß
Schnitzlers „Der einsame Weg". Das Stück atmet eine
merhen, daß er unversehens
Beinamen, mit denen die Varietéplakate den beliebten Mimen
Melancholie, die wie süßes Gift betäubt und ganz eingetaucht
des Burgthenters geworden:
belastet hatten. Dieser Mund war vor allen Dingen ein
ist in jene Zwielichtstimmung, welche die Formen
bare Eigenschaftswort gebühr
Meister des Wortes. Harry Walden gehörte zu den volls
und Farben noch erkennen läßt, alles Stoffliche aber mit
Vorzug ging ihm ab, stets li
kommensten Sprechern der modernen Bühne und seins
Schleiern umhüllt und greifbare Gestalten in hingehauchte
immer jedoch gewann er das
Stimme war eine der bestgeschulten, ein weicher, warmerz
Traumgebilde aufzulösen scheint. Es ist ein Selbstmordstück.
ersten Wort, immer war er
Bariton mit hochreichenden Kopskönen, dem es aber in der
Die Heldin stürzt sich ins Wasser, und der Held, der von
er in reichlichem Maße. Er be
unteren Lage am wohlsten wurde. Alles in allem: eine ziem¬
Walden gespielte Herr v. Sala, erschießt sich zuletzt, nicht ohne
wollt“, noch gründlicher a
lich unansehnliche Figur, aber doch von der Natur reich be¬
*porher das Recht auf Selbstmord theoretisch zu begründen:
besten Leistungen war
schenkt und geistig hervorragend.
der Mensch müsse Herr seiner letzten Augenblicke bleiben,
rolle in einem italien
dürfe sich seine Todesstunde nicht wegeskamotieren lassen.
Weniger gelang ihm seine zweite oder dritte Antritts¬
Wieder hatte er da¬
Wer weiß, ob sich nicht der arme Künstler als er vorigen
rolle, Goelhes Clavigo, und doch wird gerade dieser vom
einen von ganz beson
Samstag die tödliche Dosis Morphium schluckte, an jene
Dichter nachdrücklichst als Herzensbezwinger geschildert.
Figur war nicht ohn
Rolle erinnerte und die Worte, die er damals zu sprechen
Sein Freund Carlos sagt von ihm: „Ich habe wenig Männer
einer auf die Welt,
hatte, rücksinnend vor sich hinlispelte. Abergläubische Ge¬
gekannt, die so großen und allgemeinen Eindruck auf die
schaffen zu haben
müter werden sogar mit dem Gedanken spielen, daß ihm
Frauen machen als du.“ Also ein Frauenliebling, und diesmal
Kampf gegen das
diese Selbstmörderfigur verhängnisvoll geworden, ihm den
dargestellt vom Frauenliebling par excellence. Das war
anderen, den hübschen Juni
einsamen Weg vorgezeichnet habe, den er sieben Jahre später
immerhin ein pikantes Zusammentreffen, führte aber zu
durch die Kraft seines Versta
einer kleinen Enttäuschung. Alles Weltmännische, was in der
wandern sollte. Er war ein vortrefflicher Stephan v. Sala.
Tat, seine Häßlichkeit wirk
Wohl brachte er die Ueberlegenheit dieses Mannes, der seinen!
Rolle steckt, alles Feine und Liebenswürdige gelang dem
verschlossenen Herzen öffne
bewußten, wohldurchdachten, glattfrisierten Egoismus zur
Künstler aufs beste, doch als es galt, echte Herzenstöne an¬
gerade die Häßlichkeit unw
aristokratischen Lebensphilosophie erhebt, nicht voll zum Aus¬
zuschlagen, hörte man eben doch nur einen Schauspieler, der
ausgesetzt, daß man diesen
druck, doch gerade die letzte Szene, die vor dem Selbstmord,
sich zu behelfen wußte, da und dort den Ton steigerte, das
auszunützen wisse. Diese
Tempo beschleunigte, die Stimme vibrieren ließ, von wahrem,
spielte er ganz ausgezeichnet. Wer hätte gedacht, daß e
Künstler, der sich in dieser R
innerlichem Feuer aber nur wenig besaß. Sein Clavigo war
diese künstlerische Leistung eines Tages am eigenen Leibe
Bart verunstaltet hatte, in d
eine hübsche Rokokofigur, kaum viel mehr, ihm fehlte die
in grausige Wirklichkeit übertragen würde!
machen. Immerhin mag er
Flamme. Mit der Zeit freilich — und das war der Segen des
Mit jeder neuen Rolle lebte er sich besser und tiefer in
dieses Lustspieles sich erschö
Burgtheaters, des Wirkens an festgegründeter Arbeitsstätte,
das Burgtheater ein. Wie gelungen war er in dem kleinen
lichkeit ablegen durfte, un
im Bunde mit bedeutenden Kunstgenossen, im Banne einer
Stück „Die große Szene“, das wiederum Schnitzler für ihn
scheinungen zu widmen.
lebendigen Tradition — mit der Zeit machte sich dieser
schrieb. Er hatte da einen berühmten Mimen in seiner
Ein anderer Frauenlie
Mangel immer weniger bemerkbar, fand der „Künstler tiefer
Häuslichkeit zu schildern, einen Liebling des Publikums zu
hinab in die eigene Innerlichkeit und überraschte uns bis¬
weilen auch mit gemütvollen Tönen, die sich, wenn sie ihm lerihieren, mußte also gewissermaßen das eigene Selbst aufj der großartigste unter alle
nicht vom Herzen kamen, doch in das Herz des Zuhörers ein= de Brettern an den Pranger stellen, und er tat es mit un= der von Molière. Es warn