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2. Cuttings
handelt und ausspinnt, kurz in der Technik zeigt
Wesensverwandt mit Bahr und Hofmanns¬
er sich ols Schüler der japanischen Maler, deren
thal ist Peter Altenberg.
Farben und Töne er in Worte umsetzt.
Ihnen allen ist die Schönheit der Wieder¬
Auch wenn man ihn sieht und spricht, wird
gabe, also die Form, alles. Da schwirrt ein Ge¬
einem der ganze Mensch und Dichter klar.
danke in ihnen auf, an den sie sich ergötzen, be¬
Freundliche und doch scharfe Augen, eine helle
rauschen, und in diesem Bacchanale der Sinne
Stimme und ein starker, buschiger Schnurrbart
ranken sie sich um diesen einen Gedanken, immer
halb Mann, halb Kind, ein starker Geist mit
neue Gedanken, wie der Gärtner Blume auf
einer weichen Kinderseele.
Blume zu einem Strauße häuft. Jeder Gedanke
Hinter Bahr, Hofmannsthal und Altenberg,
ist ein von der Vernunft erfaßtes Vibriren der
die doch schon ihre Gemeinden haben, sind noch
Nerven= und Seelenstränge, eine aufgestiegene
ein paar geheime Größen.
Seelenwolke. Das Wort und die Stimmungen
Man kennt von ihnen höchstens Felix Dör¬
find so spröde, sind zu schwerfällig, um diese
mann aus seiner Neurotico, ihn, der eifrig an
Stimmungen zestzuhalten. Deshalb suchen diese
die Zeitungen Notizen über seine Werke verschickt,
Dichter ein Surrogat, und sie finden es in einer
die er nächstens schreiben wird. Er ist sicherlich
die
fast raffinirt gesuchten und verfeinerten Hand¬
ein Talent — natürlich ein formales. Man höre,
habung der Sprache. Hier muß eine stele Um¬
wie seine Gedanken, durch die Form gedrückt, ja
werthung sich vollziehen. Die Worte, die der
erstickt werden:
Seelenstimmung des Schaffenden entsprungen
Ich liebe die hektischen, bleichen
sind, müssen sich beim Lesen oder Anhören wieder!
Narcissen mit blutrothem Mund;
in jene Stimmungswolken umwandeln, aus denen
Ich liebe die Qualengedanken — die Herzen zer¬
sie entstanden sind. Dazu gehört aber ein ebenso
stochen und wund;
zartnerviges Naturell, man muß selbst ein Stück
Ich liebe die Fahlen und Bleichen, die Frauen
Künstler, Träumer und Phantaft sein, um diese
mit müdem Gesicht,
Worte wieder in jene Stimmung umzubilden.
Aus welchen in flammenden Zeichen — Verzeh¬
ine
Hinter den Worten und hinter den Gedanken
rende Sinnengluth spricht;
steht hier als der Kern des Ganzen: die Stim¬
Ich liebe die schillernden Schlangen, — so
mung. Das könt und braust und klingt und
schmiegsam und biegsam und kühl;
dröhnt in seinen Werken wie Orgeliöne und
Ich liebe die klagenden, bangen, — die Lieder von
Posaunenruf. Das größte, reifste und bedeutendste
Todesgefühl;
der
der Werke Hofmannthal's in diesem Sinne ist
Ich liebe die herzlosen, grünen — Smaragde vor
der „Thor und der Tod“: die Klage des Jüng¬
jedem Gestein;
ihen
lings, der als weltabgewandter Thor gelebt und
Ich liebe die gelblichen Dünen — im bläulichen
Mondenschein;
nun dem Tode verfällt:
Weltabgewandt wie Hofmannsthal, ist auch
Ich liebe die Gluthendurchtränkten, — die Düfte
Peter Altenberg. Er ist kein Dichter für die
berauschend und schwer;
thätigen Weltbürger, für jene mit der lauten
Die Wolken, die Blitze durchsengten — das graue
und
Stimme und den fertigen Idealen. Aber kluge,
wuthschäumende Meer;
rein,
adelige Frauen und einsame Künstlermenschen
Ich liebe, was niemand erlesen — was keinem
heint
werden seine Bücher „Wie ich es sehe" und
zu lieben gelang,
ge¬
„Was mir der Tag zuträgt“ immer gern in die
Mein eig'nes, urinnerstes Wesen — und alles,
inen
Hand nihmen. Es ist ein einzig hohes Lied auf
was seltsam und krank.
gollste
das Weib, gesungen in den süßesten, zarten Tö¬
Mit diesen Versen ist es wunderlich. Man
alle
nen! Ein demüthiger Ritter und stolzer Trou¬
kann ihre glückliche Form nicht leugnen, und die
auch
#thal badour ist Altenberg dem Weibe. In der Art,
wie er sein Thema, die Anbetung der Frau, be= „hektischen schlanken Nareissen mit blutrothem
Mund“ die „herzlosen grünen Smaragde“ die
„abgestumpften, wurzelwelken Nerven“ reizen.
Aber es bleibt eine Lust des Verstandes, ohne
an das Gefühl zu gelangen. Sie bleiben deco¬
rativ wie Farben auf einer Palette, welche Glanz,
Pracht und Feuer, aber keinen Sinn, keine
Sprache zur Seele haben, oder wie eine Wahl
von bunten Mustern, welche doch, um zu kleiden,
erst in Gewänder zu schneiden wären, oder wie
eine Sammlung der besten Citate aus allen
Stilen der Gegenwart. Aber wer so in Citaten
der anderen nur spricht, kann natürlich das
Eigene, seine Art nicht sagen. Sein Apparat,
statt ihm zu dienen, lyrannisirt ihn. Er redet
nicht aus dem Leben: er redet immer aus frem¬
den Literaturen. Seine Schmerzen find von
Baudelaire, seine Wünsche sind von Swieburne.
Sich verkündet er nirgends. Anfangs durfte man
meinen, daß er sich eben erst suchte. Aber er sucht
schon etwas lange.
Das gilt nicht nur von Dörmann. Es gilt
von der ganzen Gruppe, von Richard Specht,
Paul Fischer, von Arthur Hollitscher, einem
Mittelding zwischen d' Annunzio und Hugo v.
Hofmannsthal. Die Schwüle Indiens ist über
seinen eben erschienenen Roman „Der vergiftete
Brunnen“ gelagert. Hollitscher's Gestalten haben
fast alles dasselbe Merkmal: sie sind Menschen,
vollblütige Menschen; aber ein Glashaus ist über
sie gestellt, ein Glashaus, das exotische Farben¬
pracht und wunderliche betäubende Düfte zeigt.*)
Auch er gehört zu den Suchenden und kenn¬
zeichnet sich dadurch als Jung=Wiener, ebense
wie Paul Arnheimer und Felix Salten, die
Jüngsten der Jungen.
Es ist nicht lange her, daß man in Wien
nur mit eigenartigem Lächeln von dem Herrn
Dr. med. Arthur Schnitzler sprach, dem blonden
Sohne des bekannten Profissors. E##f#ll auch
„dichten“ — hieß es. Und man erklärte, daß
dieser schreibende Herr wahrscheinlich unter den
Aerzten ein guter Dichter, unter den Dichtern
ein guter Arzt sei. Und als man vor einigen
Jahren Ludwig Fulda's „Kameraden“ am deut¬#
schen Volkstheater aufführte, durfte ein Wiener
*) H. Bahr a. a. O.
S
2. Cuttings
handelt und ausspinnt, kurz in der Technik zeigt
Wesensverwandt mit Bahr und Hofmanns¬
er sich ols Schüler der japanischen Maler, deren
thal ist Peter Altenberg.
Farben und Töne er in Worte umsetzt.
Ihnen allen ist die Schönheit der Wieder¬
Auch wenn man ihn sieht und spricht, wird
gabe, also die Form, alles. Da schwirrt ein Ge¬
einem der ganze Mensch und Dichter klar.
danke in ihnen auf, an den sie sich ergötzen, be¬
Freundliche und doch scharfe Augen, eine helle
rauschen, und in diesem Bacchanale der Sinne
Stimme und ein starker, buschiger Schnurrbart
ranken sie sich um diesen einen Gedanken, immer
halb Mann, halb Kind, ein starker Geist mit
neue Gedanken, wie der Gärtner Blume auf
einer weichen Kinderseele.
Blume zu einem Strauße häuft. Jeder Gedanke
Hinter Bahr, Hofmannsthal und Altenberg,
ist ein von der Vernunft erfaßtes Vibriren der
die doch schon ihre Gemeinden haben, sind noch
Nerven= und Seelenstränge, eine aufgestiegene
ein paar geheime Größen.
Seelenwolke. Das Wort und die Stimmungen
Man kennt von ihnen höchstens Felix Dör¬
find so spröde, sind zu schwerfällig, um diese
mann aus seiner Neurotico, ihn, der eifrig an
Stimmungen zestzuhalten. Deshalb suchen diese
die Zeitungen Notizen über seine Werke verschickt,
Dichter ein Surrogat, und sie finden es in einer
die er nächstens schreiben wird. Er ist sicherlich
die
fast raffinirt gesuchten und verfeinerten Hand¬
ein Talent — natürlich ein formales. Man höre,
habung der Sprache. Hier muß eine stele Um¬
wie seine Gedanken, durch die Form gedrückt, ja
werthung sich vollziehen. Die Worte, die der
erstickt werden:
Seelenstimmung des Schaffenden entsprungen
Ich liebe die hektischen, bleichen
sind, müssen sich beim Lesen oder Anhören wieder!
Narcissen mit blutrothem Mund;
in jene Stimmungswolken umwandeln, aus denen
Ich liebe die Qualengedanken — die Herzen zer¬
sie entstanden sind. Dazu gehört aber ein ebenso
stochen und wund;
zartnerviges Naturell, man muß selbst ein Stück
Ich liebe die Fahlen und Bleichen, die Frauen
Künstler, Träumer und Phantaft sein, um diese
mit müdem Gesicht,
Worte wieder in jene Stimmung umzubilden.
Aus welchen in flammenden Zeichen — Verzeh¬
ine
Hinter den Worten und hinter den Gedanken
rende Sinnengluth spricht;
steht hier als der Kern des Ganzen: die Stim¬
Ich liebe die schillernden Schlangen, — so
mung. Das könt und braust und klingt und
schmiegsam und biegsam und kühl;
dröhnt in seinen Werken wie Orgeliöne und
Ich liebe die klagenden, bangen, — die Lieder von
Posaunenruf. Das größte, reifste und bedeutendste
Todesgefühl;
der
der Werke Hofmannthal's in diesem Sinne ist
Ich liebe die herzlosen, grünen — Smaragde vor
der „Thor und der Tod“: die Klage des Jüng¬
jedem Gestein;
ihen
lings, der als weltabgewandter Thor gelebt und
Ich liebe die gelblichen Dünen — im bläulichen
Mondenschein;
nun dem Tode verfällt:
Weltabgewandt wie Hofmannsthal, ist auch
Ich liebe die Gluthendurchtränkten, — die Düfte
Peter Altenberg. Er ist kein Dichter für die
berauschend und schwer;
thätigen Weltbürger, für jene mit der lauten
Die Wolken, die Blitze durchsengten — das graue
und
Stimme und den fertigen Idealen. Aber kluge,
wuthschäumende Meer;
rein,
adelige Frauen und einsame Künstlermenschen
Ich liebe, was niemand erlesen — was keinem
heint
werden seine Bücher „Wie ich es sehe" und
zu lieben gelang,
ge¬
„Was mir der Tag zuträgt“ immer gern in die
Mein eig'nes, urinnerstes Wesen — und alles,
inen
Hand nihmen. Es ist ein einzig hohes Lied auf
was seltsam und krank.
gollste
das Weib, gesungen in den süßesten, zarten Tö¬
Mit diesen Versen ist es wunderlich. Man
alle
nen! Ein demüthiger Ritter und stolzer Trou¬
kann ihre glückliche Form nicht leugnen, und die
auch
#thal badour ist Altenberg dem Weibe. In der Art,
wie er sein Thema, die Anbetung der Frau, be= „hektischen schlanken Nareissen mit blutrothem
Mund“ die „herzlosen grünen Smaragde“ die
„abgestumpften, wurzelwelken Nerven“ reizen.
Aber es bleibt eine Lust des Verstandes, ohne
an das Gefühl zu gelangen. Sie bleiben deco¬
rativ wie Farben auf einer Palette, welche Glanz,
Pracht und Feuer, aber keinen Sinn, keine
Sprache zur Seele haben, oder wie eine Wahl
von bunten Mustern, welche doch, um zu kleiden,
erst in Gewänder zu schneiden wären, oder wie
eine Sammlung der besten Citate aus allen
Stilen der Gegenwart. Aber wer so in Citaten
der anderen nur spricht, kann natürlich das
Eigene, seine Art nicht sagen. Sein Apparat,
statt ihm zu dienen, lyrannisirt ihn. Er redet
nicht aus dem Leben: er redet immer aus frem¬
den Literaturen. Seine Schmerzen find von
Baudelaire, seine Wünsche sind von Swieburne.
Sich verkündet er nirgends. Anfangs durfte man
meinen, daß er sich eben erst suchte. Aber er sucht
schon etwas lange.
Das gilt nicht nur von Dörmann. Es gilt
von der ganzen Gruppe, von Richard Specht,
Paul Fischer, von Arthur Hollitscher, einem
Mittelding zwischen d' Annunzio und Hugo v.
Hofmannsthal. Die Schwüle Indiens ist über
seinen eben erschienenen Roman „Der vergiftete
Brunnen“ gelagert. Hollitscher's Gestalten haben
fast alles dasselbe Merkmal: sie sind Menschen,
vollblütige Menschen; aber ein Glashaus ist über
sie gestellt, ein Glashaus, das exotische Farben¬
pracht und wunderliche betäubende Düfte zeigt.*)
Auch er gehört zu den Suchenden und kenn¬
zeichnet sich dadurch als Jung=Wiener, ebense
wie Paul Arnheimer und Felix Salten, die
Jüngsten der Jungen.
Es ist nicht lange her, daß man in Wien
nur mit eigenartigem Lächeln von dem Herrn
Dr. med. Arthur Schnitzler sprach, dem blonden
Sohne des bekannten Profissors. E##f#ll auch
„dichten“ — hieß es. Und man erklärte, daß
dieser schreibende Herr wahrscheinlich unter den
Aerzten ein guter Dichter, unter den Dichtern
ein guter Arzt sei. Und als man vor einigen
Jahren Ludwig Fulda's „Kameraden“ am deut¬#
schen Volkstheater aufführte, durfte ein Wiener
*) H. Bahr a. a. O.
S