VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1933, undatiert, Seite 155

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2. Cuttings
Sossof dien bemalen, hoß dieser Besehl mi einer Aktion der itglienischen
Flotie im Aegäischen Meer zusammenhängt, die schon morgen be¬
0 Mark
n“ Zen- ginnen soll.
n
e. Aber Aufhebens gemacht zu werden brauchen. Ein Dichter dieses
esMittel Ranges dürfte selbst für eine Arbeit seines eigentlichen Gebiets
ing nicht verlangen, daß man sich weniger mit ihren hoffnungslosen als
mit ihren hoffnungsvollen Partien befaßt. Aber der Wahn von
er hat im
der neuen Gattung mußte ein für alle Mal zerstört werden.
ische Zu¬
Erst jetzt wird zu sagen sein, was Heinrich Mann mit diesem
on Dick¬
Produkt einer alten Gattung gewollt hat.
rüber ist
Nicht mehr und nicht weniger, als zu zeigen: wie die Halb¬
blick auch
heit der Geringen alle Großen zur Lüge um ihrer höchsten Wahr¬
er Ibsen
heit willen herabzwingt, wie in dieser Welt tapfere Seelen die
den muß,
Wahrheit ihrer Persönlichkeit mit Lügen ihrer Lippen erkaufen
müssen. Die siegreiche Schauspielerin Leonie Hallmann steht
irgend¬
gegen die Durchschnittsmenschheit, die ihr Glanz und ihre Ent¬
das noch
rücktheit lockt, und bei der sie wieder Frieden, Wärme und Sicher¬
weck wie
heit zu finden hofft. Aber diese Sphären sind unvereinbar. Das
wenn bei
wird mit schmerzhaftester Folgerichtigkeit dargetan. Da es Leo¬
zwischen
nies Beruf ist, mit Gefühlen zu spielen, die sie nicht hat, so wer¬
eicht, ein
wenn der den ihr im entscheidenden Moment die Gefühle nicht geglaubt,
te durchs die sie hat, oder gar nur dann geglaubt, wenn sie auch diese spielt.
Sardon Daran geht sie zugrunde, vielfach zerspalten, wie sie sich empfin¬
die Rededet. Sie wird hin= und hergerissen zwischen Harry Seiler und
ufig von Robert Fork, zwischen ihrem Menschentum und ihrem Künstler¬
etwa, daß stum, zwischen Selbstbewunderung und Selbstverachtung und noch
schwollenezwischen der Wollust und der Qual ihrer Zerspaltenheit. Sie
bema des braucht beide Männer um ihrer Gegensätzlichkeit willen: sie
er über¬
braucht Harrys Feinheit und Roberts Brutalität; sie braucht
her Aus¬
Reinheit und Lasterhaftigkeit, anbetendes Sklaventum und be¬
in jeder
fehlendes Herrentum; sie braucht den Typus, auf den sie fliegt,
es aller¬
und den Typus, der erst lange um sie werben muß; sie braucht
ückliche!“] lodernde Flammen und ein stilles Herdfeuer. Sie belügt keinen,
und nicht einmal sich selbst, wenn sie fast mit den gleichen Worten
solchen
ist der jedem von beiden gesteht, daß sie im ganzen Leben niemand
weiter als ihn geliebt habe. Aber sie ermattet sich zwischen beiden
ant, daß
zu Tode, weil der grenzenlosen Aufrichtigkeit des Künstlers nicht
gereichen
die Kraft der Bürger entspricht. Sie entgleiten und schwanken.
refflicher
Sie sind entweder zu weich oder zu kalt. Sie wissen nicht, daß
kon denen
problemalisch organisierte Menschen, wie diese Leonie, nur die
vollzogen
gkeit des
Umwege zum Ziel führen. Sie selber gehen den kurzen und
graden Weg von Impulsen zu Worten und von Worten zu Taten,
verleiht,
los aus¬
und gehen irre, weil die Impulse schwach, die Worte zahm und
reif aus¬
die Taten klein sind. Es ist eine fast zu grelle Ironie, die Hein¬
in! Zum
rich Mann zum Schluß gegen die Bürger kehrt, wenn er Robert
Forks Frau es der toten Leonie zum Vorwurf machen läßt: nur
rache des
sich gekannt, nur gespielt, sich sogar ihren Tod gespielt und nicht
ddaraus
daran gedacht zu haben, daß sie, Herr und Frau Fork und Herr
rebt hat.
ks in die Harry Seiler, „fühlende Menschen“ sind. Es ist eine überdeut¬
nicht viel liche Erklärung der dichterischen Absichten, die obendrein zu spät

Blatt, sind uud ##

wärtigen Amtes. Wir können also nur noch einmal den Wunsch!“
wiederholen, alle Ressorts gründlich zu reorganisieren.
Ministerkrisis in Frankreich
Paris, 12. November. Der Artikel der heutigen „Temps“ über
die Mißstände im Ministerium des Aeußeren erregt in allen Teilen
field
der Bevölkerung das größte Aufsehen. Besonders erstannt ist man
3. Ga
über die kühne Sprache des Blattes, die sich in einem Artikel gegen
Vers
eine Staatseinrichtung schon lange nicht gefunden hat. Mit großer
Spannung sieht man der morgigen Kammersitzung entgegen, in der
de
kommt. Der Dramatiker Heinrich Mann hat eben vorläufig
noch zu selten, zu unzuverlässig die Fähigkeit, die unberechen¬
baren Plötzlichkeiten temperamentvoll handelnder Menschen
10
anders als durch Knalleffekte, die jäh aufflutenden Stimmungen
differenzierter Seelen anders als durch direkte Formulierungen
de
auszudrücken. Die Personen eines guten Dramas haben Selbst¬
verrat zu treiben und nicht vom Autor verraten zu werden. Daß
san
der Verfasser der Schauspielerin“, an Handwerkszeug und Ar¬
plat
beitsmethode des Epikers gewöhnt, nicht durchweg kann, was er
Es s
soll, scheint mir entschuldbar. Es ist ja viel, daß ers doch schon
werde
zu einem Drittel kann.
nation
Das Theater in der Königgrätzerstraße hat sich mit der Tat¬
verspf
sache der Aufführung ein größeres Verdienst erworben als mit
lung
der Art der Aufführung. Es schmälert von vornherein den
ob die
Kredit eines Stückes, wenn man es am Montag und für eine
einzige Sondervorstellung ansetzt, und es erhöht nicht die Ver¬
ständlichkeit eines ausgesprochen geistigen Werkes, wenn man
einzelne Rollen liehlos oder geradezu sinnwidrig besetzt. Auch
ein unbegabterer Regisseur als Herr Bernauer würde sich einen
Kommerzienrat, eine Rivalin der gefeierten Leonie Hallmann
und gar einen Dämoniker anders vorstellen, als sie uns hier ge¬
über
zeigt wurden. Wie viel mehr hätte für die äußere Irrwischhaf¬
D
tigkeit der Komödiantenpartei, für die äußere Solidität der Bür¬
sich in
gerpartei geschehen können! Manchmal legt Heinrich Mann die
Jahres
Nerven seiner Menschen bloß, als ob er sie auf dem Seziertisch
den Z
hätte. Dann fröstelt es uns. In diesen Fällen hätte jeder Dar¬
neuen
steller seine Rolle besonders eindringlich, besonders drastisch „ver¬
diesen
körpern“ müssen. Was der Dichter gewollt hat, wurde ganz
Unter
greifbar nur in dem leis philisterhaften Harry Seiler des Herrn
eine
Lindner und in der wundervoll zerquälten, kultiviert=hysterischen
Nachd
täglich
und auch wieder einfach rührenden Leonie der Frau Durieux,
hande
die ich noch lauter loben würde, wenn das nicht bereits Heinrich
zimme
Mann besorgt hätte. Dabei ist ihm ein Irrtum unterlaufen.
Burech
Er freut sich, daß die Stimmen verstummt sind, die Frau
kanisch
Durieux „bis vorgestern kalt und Technikerin“ nannten. Leider
geahn
verwechselt er die Tage. Nicht bis vorgestern: bis gestern. Bis
fehlte
vorgestern hatte Frau Durieux Jahre hindurch bei Reinhardt
heute
gezeigt, daß „ihre Beherrschung unsrer modernen Menschlichkeit
kam.
schlechthin umfassend“ ist. Gestern war sie zu Meinhard und
Jahr
für kü
Bernauer gekommen und hatte zunächst nur zeigen können, daß
ungla
es sie nach dem fragwürdigen Lorbeer der Virtuosin gelüstete,
Bure
und daß dieser ihr zu hoch hängt. Heute ist sie die alte Künst¬
ware
lerin gewesen. Das beweist keineswegs, daß wir ihr gestern
Unrecht getan haben, sondern weiter nichts, als daß Heinrich
griffen
Mann ihr eine Rolle von jener lobenswerten Sorte geliefert
fande
hat, die bis vorgestern „diesem erlesenen Bühnentemperament“.
richtu
oft und oft „zu unmißverständlicher Wirkung“ verholfen hat. lassen
S. J.nism