VI, Allgemeine Besprechungen 2, Ausschnitte 1933, undatiert, Seite 195

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„USSHRTER
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burg, Toronto.
(Quellenangabe ohne Gewähr).
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„Arthur Schnitzler und Wien“ Eine Studie von Lco
Feigl. — Der Autor dieser scharfsinnigen Studie würdigt die
Werke des „Jungwieners“ Arthur Schnitzler, indem er zeigt,
wie innig und fest das Wesen des Dichters mit dem Milien,
mit seiner Umgebung verknüpft ist. Arthur Schnitzler hätte
niemals Werke wie „Liebelei“ oder „Der Weg ins Preie“
schaffen können, ohne dem Zauber der alten Donaustadt,
ohne den Reizen des Wienerwaldes. Wien und Arthur Schnitzler
gehören zusammen. Schnitzler, der mit Recht Vindobona
seine Muse nennen kann, bleibt immer in seinen Werken Wiener,
auch wenn er die Handlung nach Frankreich oder Italien
verlegt. Er ist gegenwärtig der schärfste Beobachter des
Wiener Lebens, das sich in seinen Werken wielerspiegelt und
er erfüllt die präzise Forderung lbsens, welcher einmal
sagte: „Dichten heißt Sehen!“ Und da ist es auch ganz
naturgemäß, daß ein so feiner Beobachter wie Arthur
Schnitzler in seiner Vaterstadt genng sicht, was er im Ge¬
wande der Poesie den Wienern, die meist für die Schön¬
heiten ihrer Stadt kurzsichtig sind, verkündet. Lco Feigl
charakterisiert Arthur Schnitzler als Wiener Poeten und
weist in dieser geistreichen Stüdie auf die vielen Stellen aus;
Schnitzlers Werken hin, wo der Bichter seiner Begeisterung:
und Liebe für Wien in herrlichen Worten Ausdruck verleiht.
Die Broschüre „Arthur Schnitzler und Wien“ ist eine er¬
schöpfende Ergänzung zu den treffenden Worten, die jüngst
der Burgtheaterdirektor Baron Berger über unseren großen
Wiener Poeten geschrieben hat.
T. E. St.
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rung versetzte und klärend, wie kein anderes Buch, auf sein
Den### wirkte. Er hat sie bekanntlich auch übersetzt. Jener
Begessterung hat der Zahn der Zeit nichts anzuhaben ver¬
mocht, dagegen hegt er für Mills Gesamtleistung nicht
mehr dieselbe Wertschätzung wie in den Tagen seiner
Jugend. Er ist zur Überzeugung gelangt, daß ein Übermaß
der Frühreise, wie die „Autobiographie“ es uns kennen
gelehrt hat, ihm den Blick für das Erreichbare und Wün¬
schenswerte getrübt, ihn in gewissem Sinne der Natur ent¬
fremdet hat. Niemand ist ungestraft ein Wunderkind.
Im Mittelvunkte seiner Studien standen die griechi¬
schen Denker. Gleichwohl hat er eine ihm 1867 von der
Grazer Universität angebotene außerordentliche Professur
für Geschichte der alten Philosophie abgelehnt und es vor¬
gezogen, an der Wiener alma mater als Privatdozent der
klassischen Philologie zu wirken. Die ausschließliche Be¬
schränkung auf die alte Philosophie widerstrebte ihm. Er
bedauert auch heute nicht den langjährigen Zwang der phi¬
Bereichen der
lologischen Professur, der ihn in mancher
ird er dadurch
Altertumswissenschaft heimisch werden lief
auch zeitweilig den literarischen Haupt fgaben seines
Lebens entfremdet, so ist schließlich auch diesen selbst die
also gewonnene Erweiterung des Umblicks zugute ge¬
kommen.
Es ist für seine wahrhaft antike Vielseitigkeit und für
den praktischen Einschlag in seinem Wesen bezeichnend, daß
die herkulanensischen Studien ihm Zeit ließen, sich im
Bunde mit Wilhelm Scherer, dem er in jenen Jahren
besonders nahe stand, und anderen Mitgliedern des „histo¬
rischen Kränzchens“ im Gefolge von Max Menger und
Adolf Ehrenfeld um die Schaffung und Förderung eines
Arbeiterbildungsvereins zu bemühen. Er gehörte auch einer
Deputation an, welche sich in das Ministerium des Innern
begab, um Begünstigungen für die in der Bildung begrif¬
senen Konsumvereine und Produktivgenossenschaften zu er¬
wirken. Auch an der Gründung der anfangs von dem geni¬
alen Rokitansky geleiteten „anthropolagischen Gesellschaft“.
hat er gleich Scherer teilgenommen. Indem er in diesen
Reminiszenzen schwelgt, kann er den Gedanken nicht los¬
werden, daß die Arbeitsteilung, die Fachsimpelei seither
mehr zum Heile der Wissenschaft als ihrer Pfleger gar er¬
hebliche Fortschritte gemacht hat. Seinem gepreßten Herzen
entringt sich der Stoßseufzer: „Damals hat die Gemeinsam¬
keit der Interessen in Wien wenigstens noch gar viele ver¬
einigt, von denen und von deren Nachfolgern jetzt fast jeder
seinen engumbegten Sonderpfad wandelt.“
Halten wir Rückschau auf sein Leben, so fällt uns sein
Distichon auf die Düne ein:
Blickst du ins türmende Wogen des Meeres mit staunendem
Sinne,
Sieh auf den Hügel zurück, den es zur Schranke sich wark
Immer in feste Gestaltung gebannt erhebt sich das Leben,
Und die gedrungene Kraft schüttet sich selber den Damm
Die „Erinnerungen“ schließen mit der Erlangung der
Professur und der gleichzeitigen Gründung eines Haus¬
standes im Jahre 1869. Möge es dem ausgezeichneten Den¬
ker nach Vollendung seines Hauptwerkes gegönnt sein, noch
einmal zum Griffel des Autobiographen zu greifen!
I. B. Münz.
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Wiener Theaterbrief.
Von Wilhelm v. Wymetal.
Die lieben Deutschen haben eine wenig sympathische
Eigenschaft: sie verquicken ihre allerpersönlichsten Privat¬
angelegenheiten gar zu gern mit Sachen der Kunst. Der
leidende Leil sind dabei nalürlich immer Kunst, Künstler
und Kunstfreund. In Wien aber ist es in dieser Beziehung
ganz besonders schlimm bestellt. Wehe, wenn hier persön¬
liche Verbindungen reißen! Donn ist sofort auch das In
#teresse an der Sachförderung erloschen.
Ein besonders bedauerlicher Fall dieser Art ist der
1= Konstikt Schlenther=Schnitzler. Bis zum „Ver¬
h##möchnis“ führte Schleutber jade Schnitzlersche Novität auf,
s Ung weil er dann über den „Schfeier der Veatrice“ mit