VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 10

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1. 50th Birthdar
jetzt versteht er die Kunst indirekter Charakte= aus einer Hypertrophie seines
Menschen, während ihn Künstler über Episoden des Liebeslebens hinauskommen
ristik wie kaum ein zweiter deutscher Dichter, der reine Ausgleich zwischen
hlungen, „Sterben“, inließ. Jetzt drängt sein Drama nicht zum vorbestimmten
er schreibt einen hochdeutschen Dialog, der doch in der von ihm dargestellten Au
so wunderbaren Bund Ausgange hin, sondern versucht mit komplizierten
jeder seiner Wendungen echt wienerisch klingt, sein nicht vollzogen. Sein 50. L##
einer epischen Kunst zeigt. Menschen ein naturwissenschaftliches Experiment. Was
Realismus bedarf, selbst wo er in die Tiefe des nach durchaus nicht vor einem
teile, gerade um diese Wen
wird aus Amandus und seiner Gattin, wenn sie an
tritt Schnitzler Ibsen
Volkes und der gegenständlichsten Erotik hinabsteigt,
fast jugendliche Stürme seines
ihrer Ehe herumzuklügeln beginnen? Ein „Zwischen¬
äußerlicher Nachahmung
nicht des gemeinen Wortes, um in vollster Plastik zu
hoben. Sie ruhten schon
spiel“ für beide, an dessen Abschlusse, der nicht, wie
Er antwortet nicht mehr,
wirken.
in einem seiner allerersten, w
im echten Drama, der einzig mögliche ist, sondern nur
t graues Haar, und das
Aber mit der Vertiefung und der Vergeistigung
dramatischen Versuche „Alkau
einer von vielen, der Dichter selbst sagt: „Unser
bens ist die Einsamkeit,
seiner Gestalten und Vorwürfe, mit dem schönen
öffentlicht) spielt der Lebenstra
wird zuweilen zur Re= Versuch ist mißglückt.“ Was wird aus Hofreiter
Streben, den ganzen Reichtum der in ihm sich
Rolle wie in der „Frau u
und Frau Gina, die das inquisitorische Ver¬
Ergebung, öfter aber zur
drängenden Ideen dichterisch zu bewältigen, ohne eine
fahren des Gatten in die Arme eines Buhlen
schon zeigt sich auch eine
sal, das nunmehr als
restlose Lösung bisher zu finden, droht Artur Schnitzler
treibt, was wird aus dem armen weiblichen
sein Georg Wergenthin ist der
nitzlers ganzer Gedanken¬
die große Gefahr, sich von dem Leben, das er so ganz
Wesen, das in der „Hirtenflöte“ ins wilde Leben ge¬
der aus barer Liebelei und ep
e Zwangsvorstellung des
beherrschte, zu entfernen und sich in Abstraktion und
seinen frohesten Stunden stoßen wird? Der Dichter, die Lupe vor dem Auge,
schöpferischen Beruf entgegen
Konstruktion zu verlieren. Staunend sieht er Unerklär¬
Fatalismus geführt, und beobachtet. Derartig subtile Analysen haben und be¬
mehr bedeutet als eine angen
liches vor sich gehen und sucht es in Hypnose, Traum¬
Schnitzler bisher das Beste,
juf das Leben, dessen dürfen eine gewisse Kälte, sie bedingen bei aller
bild, Vision und dem Wunderbaren, das eine immer
faßt wie sein brutales Subjektivität die schärfste Erwägung von außen,
nicht gegeben, ist die sicherste
größere Rolle in seinen Dichtungen spielt, festzuhalten,
dadurch entsteht leicht der Eindruck von Temperament¬
Entwicklung. Wird sie uns di
ein Spiel, die Menschen,
Phantasie und Wirklichkeit gleitet ihm fast untrenn¬
losigkeit und Härte, er stellt sich bei Schnitzler auch
wie er sie auf dem Boden 2
rähten, und der Dichter,
bar durcheinander. Nichts bezeichnender als der Titel,
zuweilen ein; aber der Dichter siegt durch die un¬
schen Revolution, der Renai
fällt selbst durch einen
den er der eben erschienenen Sammlung von Prosa¬
vergleichliche Innigkeit des Vortrages, der, immer
vorbereitet? Soll sie uns de
ntseelt zu Boden. Wer
stizzen gegeben: „Masken und Wunder". Das Unbe¬
auf künstlerischer Höhe, sich stark dem Goetheschen
spiel schenken, das zu sche
tlerschen Schriften nicht
greifliche tritt ihm nicht nur in der Umwelt, sondern
Altersstile annähert, ein musikalischer Wohlklang von
berufen scheint? — Wir wiss
wie „Der einsame
in seinen eigenen Geschöpfen entgegen, und Hofreiter
Reinheit und Güte bestrickt unser Ohr. Immer mehr
scheint mir sicher: Wenn e
tiefen, unverarbeiteten
muß von sich sagen: „In mich kann niemand hinein¬
gelingt es ihm, das Gespräch zum Drama zu erheben,
den „Ruf des Lebens“ vern
eines hohen, lebensmüden
sehen.“ Der Dichter aber ist ein Deuter, und von ihm
und immer weniger will äußerliche Theatralik, wie
funden, was er mit so
Schnitzler dieses Stück
erwarten wir das lösende Wort für die Gestalten, die
sie z. B. „Der Ruf des Lebens“ bringt, in das weit¬
strenger Selbstzucht sucht: de
sen als heute, viel älter
er beschworen. Schon stellen sich bei ihm auch Sym¬
verästelte Gefüge seiner Seelenstudien passen. In
Ale
Werken, in denen er an
bole und Allegorien ein, die nur zu leicht Surrogate
1 Mädchens verheißungs= seiner Frühzeit gaben sich die Menschen seiner
ngen oder einen jungen Dramen durchwegs in Selbstdarstellung kund; für echte Poesie werden. Bei ihm stammen sie wohl!
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