VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 16

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1. 50th Birthday
pertoire der deutschen Bühnen ausgenommen worden
das Drama Das Vermachrnis
Alch drei Huppenspiel=Einatiel, Maridnetten,
sind, findet sich der Ausdruck zum erstenmal. Dort
die nun folgen, und der Novellenzyklus Dämmer¬
ikter, von denen die starke Revolutions¬
stellt der Dichter das süße Mädel in beabsichtigten
seelen gehören innerlich zusammen; hier taucht
rüne Kakadu am berühmtesten ge¬
Gegensatz zur Dame der bürgerlichen Gesellschaft,
der Dichter ganz ins Uebersinnliche, Unterbewußte,
jährend die unendliche feelische Armut
die ihren Herzensneigungen gern gefolgt wäre,
wie er es schon einmal im Paracelsus tat.
ckes: Paracelsus, nur wenigen Er¬
wenn sie den Mut aufgebracht hätte. Das süße Mä¬
Nun kommt der einzige große Roman, den
zu sagen hatte. Feine Novellen ran¬
del aber, das aus der Enge eines dürftigen Haus¬
Schnitzler geschrieben hat, Der Weg ins Freie,
ischen: die ergreifende Studie Ster¬
haltes kommt, den es gewiß als Ladenmamsell oder
ein überreiches Werk, in dem Menschen, Schicksale,
en Arbeiten, die unter dem Titel Die
Kontoristin mit bestreiten hilft, hat diesen Mut —
Gedanken so dicht gedrängt stehen, daß sie einander
Beisen gesammelt worden sind — für
oder diesen Leichtsinn — ganz wie man will.
fast die Luft wegnehmen. Zum erstenmal wollte der
hönste, was Schnitzler geschrieben hat.
Jude Schnitzler von den Jnden sprechen, und zwar
scharf gewürzten, aus früherer Zeit
von den Juden der Wiener Gesellschaft, unter denen
zunächst nur für einen engen Freun¬
Dem süßen Mädel sitzt die unstillbare Sehnsucht
er groß geworden ist. In allen seinen Gesellschafts¬
mmten Dialoge: Reigen. Mit dem
nach Liebe, mag sie auch veränglich sein wie die
dramen zwar hatte er sie geschildert, aber zum ersten¬
Der Beatrice, einem Renaissance¬
Schönheit eines Maisonntags im Wienerwald, tief
mal sprach er es aus, daß es Jnden waren und wie
chnitzler zum erstenmal das Gebiet der
im warmen Herzen; sie fragt nicht nach Schmuck,
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sie zu der Kultur ihrer Zeit standen. Wenn man in
die betreten. „Treulos wie die Welle“
Toiletten oder gar Automobil, und gänzlich fern
späten Zeiten einmal etwas über die vornehme Wie¬
Shakespeare, unter das Bildnis seiner
liegt ihr der Wunsch nach einer eigenen Wohnung,
ner jüdische Gesellschaft wird erfahren wollen — hier
en. Abermals Einakter: Lebendige
dem Ideal ihrer Pariser Kollegin. Was sie von dem
ist sie mit Flaubertscher Eindringlichkeit geschildert.
sein paar Novellen: Die griechische
Gefährten ihrer blühenden Tage verlangt, das ist
Kein „Wiener“ Roman — nur ein kleiner Ausschnitt
ein unendlich zarter, kleiner Frauen¬
Liebe und wieder nur Liebe. Tief beglückt ist sie,
Wiens, doch vollendet in seiner Art.
wenn sie an seinem Arme über blumige Frühlings¬
der österreichischen Provinz: Frau
Schnitzlers Begabung geht nicht in die Breite,
rlan. Und nun sammelt er sich zu
wiesen streifen kann, und führt er sie abends in ein
sondern in die Tiefe. Was sein Geist erfaßt hat, das
bescheidenes Gasthaus, so wird sie auf der Speisekarte
as mir sein tiefstes und edelstes scheint,
läßt er nicht mehr los. Und doch ist sein Sondieren
gewiß gleich unten nachsehen, wo die billigen Speisen
man es liest oder von der Bühne her¬
bei aller Schärfe gütig, seine leise, ironische, weh¬
lbert Bassermann in der Hauptrolle)
verzeichnet sind. Daß er, der einer höheren Gesell¬
mütia=schmerzliche Art steht über den Dingen. Aber
en läßt: Der einsame Weg, die
schaftsklasse entstammt, Offizier ist oder Beamter,
er will auch, daß man sich liebevoll in sein Werk ver¬
stolz alternden Egoisten, auf die sich
Doktor oder wenigstens Student in späteren Se¬
senke, und darum haben manche seiner späteren Ar¬
mestern, sie niemals heiraten wird, das weiß sie.
reigewählte Einsamkeit als schwerste
beiten im Rampenlicht nicht das Glück gehabt, das
Aber sie weiß auch, daß die nachsichtige Auffassung
sie verdient hätten. Es ist unmöglich, alles, was über
ihres Kreises ein Gretchenschicksal nicht befürchten
sein Lebenswerk zu sagen wäre, in den Rahmen
läßt. Will sie nachher noch heiraten, so findet sich
reifende Ehedrama Zwischenspiel
eines kurzen Zeitungsartikels zusammenzudrängen:
immer ein Gevatter Schneider oder Handschuh¬
sten Stück Schnitzlers, Das weite
unmöglich und vermessen. Manche Saat, die er gesät
macher, der ihr das nicht weiter nachträgt, worüber
aus verwandt: hier wie dort ein Ehe¬
hat, ist noch gar nicht alfgegangen. Einige seiner
nach Hebbels strengerer norddeutscher Auffassung
schwersten Kämpfen innerer Trennung,
schönsten Werke sind allzu wenig gewürdigt auf Ko¬
„kein Mann hinwegkommt“. Ist Egmont von der
findens und Auseinandergehens. Im
sten von geringeren, die leichter zum großen Publi¬
Szene getreten, so nimmt Brackenburg freundwillig
nur der Mann, dessen Seele so weit
kum sprechen. Er steht auf der vollen Höhe seiner
seine Stelle ein. Im Elternhause wird die „Bekannt¬
kiebe zu einer Frau allein sie nicht er¬
Kraft und hat uns noch seine ganze gereifte Weis¬
schaft“ freilich nicht gern gesehen, aber oft als etwas
die Frau wird durch seine Haltung in
heit zu geben. Darum soll man ihm auch noch gar
Unvermeidliches hingenommen. Keineswegs braucht:
hineingetrieben, und nun erst gehen die
nicht danken, denn die besten Gaben kommen viel¬
das süße Mädel mit dem Verstoßenwerden zu rech¬
der völlig verloren, die sich im Grunde
leicht noch. Aber man darf ihm zu seinem fünfzig¬
nen. Alles versteh'n, heißt alles verzeih'n, und die
ältere Stück will mir als das stärkere
sten Geburtstage wohl sagen, wie sehr man ihn liebt
Mutter der Mizzi oder der Josefin hat wohl im
Menschen leben und weben in einer in¬
L. Andro.
Laufe der eintönigen kleinbürgerlichen Ehejahre die
Atmosphäre als in dem späteren
kurzen Freuden ihrer Jugend nicht so vollständig
in viel flacheren Gesellschaftskreisen
Das süße Mädel.
vergessen, um sie ihrer Tochter als Todsünden anzu¬
[Rufdes Lebens, der auf das Zwi¬
kreiden. Seltener findet sich der Vater drein, und
Es stammt vom Gretchen ab, wenn auch manche
t, hat eine gleiche Zeitatmosphäre wie
immerhin mag der alte Musikus in Schnitzlers Lie¬
Züge auf eine nahe Verwandtschaft mit dem Klär¬
storische Drama Derjunge Medar¬
belei mit seinem liebevoll=entschuldigenden Begreifen
chen und auch mit der Luise Millerin hinweisen.
Fäbelgerassel der Freiheitshelden ist die
als Ausnahme gelten, wenn auch seine Christine in
Aber für Wien ist der Typus von Artur Schnitz¬
beider Stücke. Wieder scheint mir das
der Wärme und Ursprünglichkeit ihrer hingebenden
ler ein für allemal festgelegt worden. In diesen
luf des Leben, das bedeutendere zu sein.
Empfindung die Reinkultur des süßen Mädels dar¬
Tagen, da er seinen fünfzigsten Geburtstag begeht,
iner Uraufführung hat man aber das
stellt. Ihre Gegenspielerin, die heiter=kecke und so
mag es am Platze sein, einiges über seine populärste
antische, Hoffmannesk=Sputhafte des¬
gar nicht sentimentale Schlagermizzi wäre in Mün¬
Figur, über das Wiener süße Mädel zu sagen. Im
ig verstanden, daß es zu einem argen
chen, in Berlin, in Köln ebenso gut möglich — Chri¬
l kam. Viel später erst gelang es einer ! Anatol, jener Sammlung lebensprühender Dialoge,
die 1893 erschien und deren einige in das ständige Re= stine ist reinstes Wiener Blut.
ihrung, es zu rehabilitieren.

Indes
er aus den
und volkst
ändert. T
unbedenklig
Ausdruck
aber sehr
Typus ver
bekannten
Librettisten
so verschlu
zufällig den
süße Mädel
en lä
ale
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geg
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Nur darf
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