VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 43

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1. Soth Rirthdan
Plsner Tagblatt
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derungen. Der Dichter stößt nie an, er weiß im
Feuilleron.
entscheidenden Augenblick zarte Schleier über die
Begebenheiten zu decken, er verstößt nicht gegen unser
Arthur Schnitzler.
besseres Empfinden. Hi#rfür aber wissen wir ihm
(Zu seinem fünfsigsten G
besonders Dank, daß er der B## ali, Emode sein
Heil Dir, du segensreiches Jahr 1862! Denn
Mittun versagt. Darum ist sein jußes in del keine
an den Dichter=Herren, welche dasselbe der Mensch¬
Grisette, es ist die poctische leicht begeisterungs¬
heit in ungeahnter Fülle bescherte, hat auch unser
fähige, fröhliche Jugend, die doch, ach so sentimen¬
Jung=Oesterreich seinen Löwen=Anteil in unserem
tal werden kann. Damit hatte er seine Landsleute
Arthur Schnitzler.
gepackt und nun ging's an ein fröhliches Weiter¬
Vor nunmehr fünfzig Jahren als der Sohn
schaffen.
eines berühmten Laryngologen zu Wien geboren,
Nach diesen Bildern aus der Wiener Lebetvelt,
studierte er später Medizin und wurde mit 23 Jah¬
ren praktischer Arzt. Bald darauf trat er mit
stellte der Dichter sein süßes Mädel nach manchem
kleinen Novellen und Gedichten an die Oefsentlich¬
kleineren Werk in den Mittelpunkt seines ersten
keit. Die Goldmann'sche
Zeitschrift brachte die
großen 1895 erschienenen Werkes „Liebelei“. Seine
Sachen damals, und der entscheidende Wendepunkt
Heldin „Christine“ ist eine Figur von solcher
Schöne und Gemütstiefe, von so zartem Liebreiz
in Schnitzlers Schaffen trat ein, als nach sechs
daß man nicht weiß, welche Gestalt aus der mo¬
Jahren schriftstellerischer Tätigkeit der „Anatol¬
dernen Literatur man ihr an die #### stellen
Zyklus“ ihm einen ungeahnten Erfolg brachte.
eine
ist
dürfte. Die Entwicklung dieses praße
Schnitzler hat hier den Typus des herzigen, warm¬
unbestritten mustergiltige. Dieslustige Liebelei, aus
blütigen, lieben Wiener „Süßen Mädels“ geschaf¬
der sich alle Konsequenzen ergeben, bekommt schon
fen. Diese Gespräche zweier Freunde über die Liebe
im ersten Akt einen leichten dumpfen Unterton.
sind so etwas zart Duftendes, daß man es nicht
kritisch zerpflücken darf. Feine weiche Empfindung,
Das steigert sich von Akt zu Akt und wächst sich
eine wunderbare Klein=Malerei sind die Hauptzier¬
schließlich zu tragischer Wucht aus. In einer
den der drolligen, man möchte sagen naiven Schil= Größe steht Christine schließlich vor uns, die über¬
wältigend wirkt. Dieses Werk ist das Beste, was
puns Schnitzler bisher gab.
Danach ragt aus der Reihe der Schöpfungen
1900 „Der Schleier der Beatrice“ hervor. Hier hat
der Dichter die italienische Renaissance als Rahmen,
gegeben. Das lustige Genußleben strömt hier voll
aus in bunten Bildern. Der Typus der weiblichen
Hauptfigur weicht in diesem Werk ab von dem bei¬
Schnitzlers herkömmlichen des süßen Mädels. Den
von ihm geliebten Kontrast zwischen Genußsucht und
der Tragik des Todes bringt der Dichter auch hier
zur entscheidenden Geltung.
Arthur Schnitzler ist der begabteste unserer
vaterländischen Poeten und nicht genug ist ihm zu
danken, daß er seine Feder in den Dienst der Re¬
form des deutschen Dramas gestellt hat. Und es
ist sein Schaffen von reinem Adel: Seine inter¬
essanten kunstvollen Werke sind zielbewust und
dem Leben abgelauscht. Schnitzlers Kunstbetätigung
ist keine schablonenhaft erwerbsmäßige, sondern von
vornehmster Gesinnung.
Wir aber wissen, weit über die Grenzen
Oesterreichs hinaus klingt heute der Wunsch: Möge
uns der gottbegnadete Dichter noch lange erhalten
bleiben in segensreicher Schaffensfreude.
Ing. Richard Jerie.