VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 96

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Soth Birthdar
e nach=heraustrat und volkstümlich wurde, seinen“
ein Ge= Charakter sehr verändert. Das Wiener süße
er, der Mädel wurde das hübsche unbedenkliche Ma¬
er nach
del der Großstadt schlechtweg, der Ausdruck
wurde so verallgemeinert, daß die feinen
ffassung
aber sehr bestimmten Linien des Schnitzler¬
ont von
kenburg
schen Typus verloren gingen. Und wenn die
Dichter der bekannten Operette „Das süße

tschaft“ Mädel“
im besten Librettistendeutsch ver¬
etwas
sicherten:
eswegs
„Das ist das süße Mädel,
rstoßen¬
So wie es akkurat
heißt
In seiner besten Laune
Der Herrgott g’schaffen hat",
zzi oder
so verschlug es nichts mehr, daß dieses süße
tönigen
Freuden; Mädel zufällig den Beruf einer — Masseuse
ausübte. Das süße Mädel war ein Mode¬
rgessen,
wort geworden, das heute in Wien längst
anzu¬
außer Gebrauch gekommen ist. Man kennt es
drein,
noch als Firma eines nächtlichen Weinlokals;
ikus in
ebevoll= um vom süßen Mädel in seiner einstigen Be¬
snahme deutung reden zu hören, wird man weit in
in der die Provinz reisen müssen. Aber mag heute
ngeben= auch das Wort abgegriffen und fast ver¬
„süßenschollen sein, das Urbild lebt in tausend und
kin, die abertausend anmutigen Vertreterinnen fort.
Jeder Wiener kennt es, und mitunter mag
mentale
es sich in seinem holden Reize auch dem
Berlin,
Fremden offenbaren, wenn er ein Sonntags¬
tine ist
kind ist. Nur darf er das süße Mädel nicht
Mädels, suchen wollen, genau so wenig, wie man vier¬
iterat blättrigen Klee suchen darf.

, eul Praneisco, Stochne.
(Quollenangabe chae Gewähr).
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sich da („Heimliche Lie
Von Girardi und Schnitzler, imn italienischen Kriege
mbour ein W#
In dem Alegandria eines der Piolemier gab es einen Bild= Hhaupimann nachgeschlif
hauer, der bei einem Künstlerwettstreit, irgendeiner Laune fol- den Tatbestand aufkläl
gend, seine Skulpturen aus Straßenkot und tierischen Abfällen
allein im Zimmer si
erschuf. Obschon nun, was einige andere gemacht hatten, nicht
recht mit der Sprache
schlechter schien, zog der Pharao die Arbeit dieses Mannes den
eigenen Brust verzwei
Werken seiner Freunde vor, „denn,“ sagte er, „einer wie großen
sollen: „Der Kerl dor
Kunst bedurfte es hier, uns vergessen zu machen, daß diese Fi¬ Das — niemand wird
guren im Grunde nicht wohlriechen!“ Diese Geschichte ist sich
ist eine Schweinerei.
selbst genug, aber sie kann auch auf Alexander Girardi an¬
es bringt! Als ob ein
gewandt werden. Und wenn Berlin so weise wäre wie jener
plötzlich aus der Erde
helleno=gegyptische König, so hätte es jetzt, anläßlich des wiener
Zote formt sich, sonder
Gastspiels im Lessingtheater, Grund, sich über und über zu
so geschaffen wie er die
verwundern: denn wieder ward, durch vollendete Kunst, die
ihn auch dorum; ihn,
Nase einer ganzen Stadt betrogen.
Eiche. Also' Religion.
So wahr ihr, wenn ihr eine Gestalt von Shakespeare
den Gürtel treffen sollt
oder Ibsen anbrecht, die Milch eines reinsten karrari¬
Höchste Humanität
schen Steines finden werdet, so wahr werdet ihr, die
talität, daß sich ein
Figuren eines wiener Libretto anmeißelnd, einem Mix¬
hält, macht Girardi
tum von Puder, Schmalz und Dreck begequen. Eng und
Mensch und Tier über
stinkend wie der Bauch eines Patchoulifläschchens ist dank
vor Jahren seine beri
den Bemühungen der Operette die Welt schon geworden und
ähnlich ungeheure Hintl
allen guten Europäern ein rechtes Jammertal: wer zum Bei¬
als Gottesdienst, das
spiel möchte sich noch in den Armen einer Frau reuelos glück¬
Schicksalsgeheiß, dies
lich fühlen, solange es ein Couplet gibt „dja, ßo a Weiberl is
des Lebens und nicht
a Freid, Djössas na!“ oder wer sich am Verkehr mit der Archi¬
Leute, was euch Trän
tektur ergötzen, solange das Wahrzeichen Wiens in den Straßen
sizierung speziell wien
mit den Worten angesprochen werden darf „Eiserner, eiserner
Jenes Zwiegespräch mi
Rathausmann, g'fang mit mir a Verhöltnis an!“ Schon er¬
nicht schlechter ges
hebt sich, da die Welt mit Schiebern und Fiakern, Mizzi und
Odysseus mit dem Hu
Strizzi sich immer drohender und atemquälender bevölkert, Welt¬
hier erwächst für jeden
flucht allerorten, und, schwarze Fahnen hoch erhoben, stürzen
warum muß sich dieser
die Besten in die Arme der Askese. — Gott aber, der weder das
verschwenden? Wenn
feiste noch das magere Scheusal meinte, hat ein Einsehen und
fügen wollte, warum
schickt Girardi. Diesen Girardi, der durchaus nicht, wie man
Mannes, der, als ein
zu glauben pflegt, der Urtypus des Wieners ist, sondern dessen
das wiener Wesen ge
Vergottung, dessen Rückbindung an die Kultur, aus Große
Warum bringt er uns
Arthur Schnitzler:
Leben. Das ist das Verhältnis Girardis zu Wien: daß er
danken vom Parlamen
es in die Hände nimmt, ballt und Gott zurückgibt. Siehe,
vom Türkenkrieg gleich
es stinkt nicht mehr! . . Dies Heiligbringergleichnis wäre,
meint ihr, Blasphemie? Nicht einmal Uebertreibung ist es.
zu diesem stille leuchtes
— da fühlten wir auf
Bedenkt doch einmal, mit welcher Materie dieser Mann seine
gottesdienstlichen Handlungen vorzunehmen hat! Er befindet! dieses nun Fünfzigjähl