box 39/1
SothBirthdar
agterlung
D
sich da („Heimliche Liebe“ heißt der öde Schmarren) als Profoß Allgegenwärtigkeit ist an Schnitzler, die sehr viel Größere
Schnitzler im italienischen Kriege und entdeckt durch Zufall, daß der Re= unter den lebenden Dichtern für uns nicht besitzen: wir be¬
#t#tambour ein Weib ist, das sich aus glühender Liebe dem obachteten eine Dame mit Paketen, die Weihnachtseinkäufe
Flemäe: gab es einen Bild= Hauptmann nachgeschlichen hat. Er will nun dem Vorgesetzten machte, wir fuhren mit der Eisenbahn durch sonnefliehende
Kit, irgendeiner Laune sol- den Tatbestand aufklären, kann aber, teils weil beide nicht Vorstädte, wir sahen über einen grünen Gartenzaun Georginen¬
ot und tierischen Abfällen allein im Zimmer sind teils vor eigenem Erstaunen, nicht
büsche nicken, und wir fühlten schon Schnitzler.
ndere gemacht hatten, nicht recht mit der Sprache heraus und macht deshalb vor seiner
In einem Sonett, das er dieser Tage an ihn richtete, rief
Arbeit dieses Mannes den
eigenen Brust verzweifelt konvexe Bewegungen, die andeuten
Eulenberg aus, Schnitzler sei fast das „Einzige, wodurch wir
agte er, „einer wie großen sollen: „Der Kerl dort ist kein Mann, er hat einen Busen!!“
draußen Wien noch kennten“. Das ist schon richtig; denn
zu machen, daß diese Fi¬ Das — niemand wird es ernstlich in Abrede stellen wollen —
Schnitzler ist wirklich der einzige unter den Könnern, der in
Diese Geschichte ist sich ist eine Schweinerei. Jetzt aber beobachtet nur, wie Girardi
Wien geblieben ist. Die Hofmannsthal, Beer=Hofmann, Wasser¬
Alexander Girardi an¬
es bringt! Als ob ein Panzerturm von Keuschheit um sie her
mann, sie sind körperlich, postalisch, polizeilich in Wien ge¬
so weise wäre wie jener
plötzlich aus der Erde wüchse, bewegen sich seine Hände. Keine
blieben; geistig aber haben sie nichts gemeinsam mit einer
jetzt, anläßlich des wiener
Zote formt sich, sondern höchste Humanität: Gott hat den Mann
Stadt, in der sie kein Publikum haben, die nicht einmal ihre
sich über und über zu
so geschaffen wie er die Frau nicht geschafsen hat; verehren wir
Bücher verlegt und die es ihnen übel nimmt, daß sie keine
rch vollendete Kunst, die ihn auch darum; ihn, der die Ulme anders gemacht hat wie die
Texte für Fall und Lehär schreiben — sie leben in einem ide¬
Eiche. Also'Religion. Also für das Herz gerettet, was unter
ellen Weimar. Und gar Karl Kraus? Er ist so wenig Wiener,
Gestalt von Shakespeare
den Gürtel treffen sollte: höchste Humanität!
wie es im Jahre 1805 Napoleon war. Würde er nicht,
eines reinsten karrari¬
Höchste Humanität: aus der kitschigen Operettensentimen¬
wenn er die Macht hätte, Kahlen= und Leopoldsberg mit Bat¬
wahr werdet ihr, die
talität, daß sich ein Mann mit einem Kanarienvogel unter¬
terien besetzen lassen und das Tal in einer Sintflut von Kar¬
meißelnd, einem Mix¬
hält, macht Girardi das grundlegende Zwiegespräch zwischen
tätschen ertränken? Aber Schnitzler, Schnitzler ist in Wien
Eck begegnen. Eng und
Mensch und Tier über die Lasten des Daseins. (Wie er schon
geblieben und hat gleich Girardi die unscheinbare und schlechte
choulifläschchens ist dank
vor Jahren seine berühmteste Leistung, das „Fiakerlied“, vor Materie aufgelesen und zur Sonne gehoben. Er hat voll¬
Welt schon geworden und
ähnlich ungeheure Hintergründe gestellt hatte. Das Kutschieren bracht, wozu Peter Altenbergs Kraft nicht häufig genug aus¬
Emmertal: wer zum Bei¬
als Gottesdienst, das Verwobensein mit dem Pferde als ein
reichte: das Talmi aus eigener Kraft in Gold zu verwandeln.
keiner Frau reuelos glück¬
Schicksalsgeheiß, dies Auf=dem=Bocke=Sitzen ganz und gar um Auch ihm war es, in einer koketten und spielerischen Jugend,
Abt „dja, ßo a Weiberl is
des Lebens und nicht um der Eitelkeit willen, das wur's, ihr nicht immer ernst darum. Aber längst ist Schnitzler nicht mehr
Verkehr mit der Archi= Leute, was euch Tränen erpreßte; und nicht etwa die Glori= der Dichter des süßen Mädels. Eine Durchgottung ist hinzu¬
n Wiens in den Straßen fizierung speziell wienerischen Fuhrwesens war daran schuld.)
getreten, eine begierdelose und schöne Ruhe, ein weiseres Ins¬
darf „Eiserner, eiserner
Jenes Zwiegespräch mit dem Kanarienvogel wird von Girardi
Auge=Fassen der Tinge. Die wissen nichts von ihm, die nicht
höltnis an!“ Schon er¬
nicht schlechter gespielt als Homer die Begegnung des
freudig bekennen, daß der heutige Schnitzler hundertmal be¬
und Fiakern, Mizzi und Odysseus mit dem Hunde geschrieben hat — und gerade
deutender sei als der vor zwanzig Jahren.
quälender bevölkert, Welt= hier erwächst für jeden Liebhaber des Schauspiels die Frage:
Was mir der Schnitzler von heute ist, wie fasse ich es ein?
en hoch erhoben, stürzen
warum muß sich dieser Künstler überhaupt an so Unwürdiges
Ein Gleichnis muß herbei das mir einst von ihm träumte.
Gott aber, der weder das
verschwenden? Wenn seine Natur ins Klassische sich schon nicht
In einer der sonderbaren Transpositionen, die Träume vielem
#te, hat ein Einsehen und
fügen wollte, warum begibt er sich nicht in den Dienst des
zu geben pflegen, sah ich Schnitzler einmal als Sache: er war
durchaus nicht, wie man
Mannes, der, als einziger gleich ihm, ein Wiener bleibend
ein englisches Landhaus im Wienerwald. Drinnen wurde in
ieners ist, sondern dessen
das wiener Wesen geadelt und an Gott zurückgegeben hat?
weiß getäfeltem Raume von kühlen und freundlichen Diene¬
die Kultur, aus Große
Warum bringt er uns nicht die Menschen Arthur Schnitzlers?
rinnen der Tisch gedeckt, eine weiße, sehr vornehme Katze
fardis zu Wien: daß er
Arthur Schnitzler: wenn in den letzten Tagen unsere Ge- schnellte die Treppe herauf, dann wurde alles still, nur ein
Gott zurückgibt. Siehe,
danken vom Parlamentskonflikt, vom dänischen Thronwechsel, Klavier erklang im leisen Zugwind. Es kam eine Schubert¬
ligbringergleichnis wäre,
vom Türkenkrieg gleichwie in eine plötzlich aufgetane Heimat
weise zur Tür herein, sie lächelte durch das Fenster wieder
al Uebertreibung ist es.
zu diesem stille leuchtenden Namen immer wieder zurückirrten
hinags; an vielen Fliederbüschen vorbei die Lindenallee ent¬
#terie dieser Mann seine — da fühlten wir auf einmal, wie rettungslos von je die Taten lang zur Donau tauchend zerfloß sie am abendroten Himmel.
hmen hat! Er befindet dieses nun Fünfzigjährigen unser Herz umstellt hatten. Eine
Heinrich Eduard Jacob.
SothBirthdar
agterlung
D
sich da („Heimliche Liebe“ heißt der öde Schmarren) als Profoß Allgegenwärtigkeit ist an Schnitzler, die sehr viel Größere
Schnitzler im italienischen Kriege und entdeckt durch Zufall, daß der Re= unter den lebenden Dichtern für uns nicht besitzen: wir be¬
#t#tambour ein Weib ist, das sich aus glühender Liebe dem obachteten eine Dame mit Paketen, die Weihnachtseinkäufe
Flemäe: gab es einen Bild= Hauptmann nachgeschlichen hat. Er will nun dem Vorgesetzten machte, wir fuhren mit der Eisenbahn durch sonnefliehende
Kit, irgendeiner Laune sol- den Tatbestand aufklären, kann aber, teils weil beide nicht Vorstädte, wir sahen über einen grünen Gartenzaun Georginen¬
ot und tierischen Abfällen allein im Zimmer sind teils vor eigenem Erstaunen, nicht
büsche nicken, und wir fühlten schon Schnitzler.
ndere gemacht hatten, nicht recht mit der Sprache heraus und macht deshalb vor seiner
In einem Sonett, das er dieser Tage an ihn richtete, rief
Arbeit dieses Mannes den
eigenen Brust verzweifelt konvexe Bewegungen, die andeuten
Eulenberg aus, Schnitzler sei fast das „Einzige, wodurch wir
agte er, „einer wie großen sollen: „Der Kerl dort ist kein Mann, er hat einen Busen!!“
draußen Wien noch kennten“. Das ist schon richtig; denn
zu machen, daß diese Fi¬ Das — niemand wird es ernstlich in Abrede stellen wollen —
Schnitzler ist wirklich der einzige unter den Könnern, der in
Diese Geschichte ist sich ist eine Schweinerei. Jetzt aber beobachtet nur, wie Girardi
Wien geblieben ist. Die Hofmannsthal, Beer=Hofmann, Wasser¬
Alexander Girardi an¬
es bringt! Als ob ein Panzerturm von Keuschheit um sie her
mann, sie sind körperlich, postalisch, polizeilich in Wien ge¬
so weise wäre wie jener
plötzlich aus der Erde wüchse, bewegen sich seine Hände. Keine
blieben; geistig aber haben sie nichts gemeinsam mit einer
jetzt, anläßlich des wiener
Zote formt sich, sondern höchste Humanität: Gott hat den Mann
Stadt, in der sie kein Publikum haben, die nicht einmal ihre
sich über und über zu
so geschaffen wie er die Frau nicht geschafsen hat; verehren wir
Bücher verlegt und die es ihnen übel nimmt, daß sie keine
rch vollendete Kunst, die ihn auch darum; ihn, der die Ulme anders gemacht hat wie die
Texte für Fall und Lehär schreiben — sie leben in einem ide¬
Eiche. Also'Religion. Also für das Herz gerettet, was unter
ellen Weimar. Und gar Karl Kraus? Er ist so wenig Wiener,
Gestalt von Shakespeare
den Gürtel treffen sollte: höchste Humanität!
wie es im Jahre 1805 Napoleon war. Würde er nicht,
eines reinsten karrari¬
Höchste Humanität: aus der kitschigen Operettensentimen¬
wenn er die Macht hätte, Kahlen= und Leopoldsberg mit Bat¬
wahr werdet ihr, die
talität, daß sich ein Mann mit einem Kanarienvogel unter¬
terien besetzen lassen und das Tal in einer Sintflut von Kar¬
meißelnd, einem Mix¬
hält, macht Girardi das grundlegende Zwiegespräch zwischen
tätschen ertränken? Aber Schnitzler, Schnitzler ist in Wien
Eck begegnen. Eng und
Mensch und Tier über die Lasten des Daseins. (Wie er schon
geblieben und hat gleich Girardi die unscheinbare und schlechte
choulifläschchens ist dank
vor Jahren seine berühmteste Leistung, das „Fiakerlied“, vor Materie aufgelesen und zur Sonne gehoben. Er hat voll¬
Welt schon geworden und
ähnlich ungeheure Hintergründe gestellt hatte. Das Kutschieren bracht, wozu Peter Altenbergs Kraft nicht häufig genug aus¬
Emmertal: wer zum Bei¬
als Gottesdienst, das Verwobensein mit dem Pferde als ein
reichte: das Talmi aus eigener Kraft in Gold zu verwandeln.
keiner Frau reuelos glück¬
Schicksalsgeheiß, dies Auf=dem=Bocke=Sitzen ganz und gar um Auch ihm war es, in einer koketten und spielerischen Jugend,
Abt „dja, ßo a Weiberl is
des Lebens und nicht um der Eitelkeit willen, das wur's, ihr nicht immer ernst darum. Aber längst ist Schnitzler nicht mehr
Verkehr mit der Archi= Leute, was euch Tränen erpreßte; und nicht etwa die Glori= der Dichter des süßen Mädels. Eine Durchgottung ist hinzu¬
n Wiens in den Straßen fizierung speziell wienerischen Fuhrwesens war daran schuld.)
getreten, eine begierdelose und schöne Ruhe, ein weiseres Ins¬
darf „Eiserner, eiserner
Jenes Zwiegespräch mit dem Kanarienvogel wird von Girardi
Auge=Fassen der Tinge. Die wissen nichts von ihm, die nicht
höltnis an!“ Schon er¬
nicht schlechter gespielt als Homer die Begegnung des
freudig bekennen, daß der heutige Schnitzler hundertmal be¬
und Fiakern, Mizzi und Odysseus mit dem Hunde geschrieben hat — und gerade
deutender sei als der vor zwanzig Jahren.
quälender bevölkert, Welt= hier erwächst für jeden Liebhaber des Schauspiels die Frage:
Was mir der Schnitzler von heute ist, wie fasse ich es ein?
en hoch erhoben, stürzen
warum muß sich dieser Künstler überhaupt an so Unwürdiges
Ein Gleichnis muß herbei das mir einst von ihm träumte.
Gott aber, der weder das
verschwenden? Wenn seine Natur ins Klassische sich schon nicht
In einer der sonderbaren Transpositionen, die Träume vielem
#te, hat ein Einsehen und
fügen wollte, warum begibt er sich nicht in den Dienst des
zu geben pflegen, sah ich Schnitzler einmal als Sache: er war
durchaus nicht, wie man
Mannes, der, als einziger gleich ihm, ein Wiener bleibend
ein englisches Landhaus im Wienerwald. Drinnen wurde in
ieners ist, sondern dessen
das wiener Wesen geadelt und an Gott zurückgegeben hat?
weiß getäfeltem Raume von kühlen und freundlichen Diene¬
die Kultur, aus Große
Warum bringt er uns nicht die Menschen Arthur Schnitzlers?
rinnen der Tisch gedeckt, eine weiße, sehr vornehme Katze
fardis zu Wien: daß er
Arthur Schnitzler: wenn in den letzten Tagen unsere Ge- schnellte die Treppe herauf, dann wurde alles still, nur ein
Gott zurückgibt. Siehe,
danken vom Parlamentskonflikt, vom dänischen Thronwechsel, Klavier erklang im leisen Zugwind. Es kam eine Schubert¬
ligbringergleichnis wäre,
vom Türkenkrieg gleichwie in eine plötzlich aufgetane Heimat
weise zur Tür herein, sie lächelte durch das Fenster wieder
al Uebertreibung ist es.
zu diesem stille leuchtenden Namen immer wieder zurückirrten
hinags; an vielen Fliederbüschen vorbei die Lindenallee ent¬
#terie dieser Mann seine — da fühlten wir auf einmal, wie rettungslos von je die Taten lang zur Donau tauchend zerfloß sie am abendroten Himmel.
hmen hat! Er befindet dieses nun Fünfzigjährigen unser Herz umstellt hatten. Eine
Heinrich Eduard Jacob.