SothBirthdag box 39/1
erste Begegnung auf diesem Wege ist der Tod. Noch,
lim Sierben vernichtet er, was sich innig an ihn
Wenden! Rückseite beachten! Wenden!
schließen wollte: im Schauder vor der namenlosen
Einsamkeit, die sie erwartet, tötet sich seine Genebte.
Telephon 12.801.
Zwei Welten stehen gegeneinander, und der Dich¬
ster läßt keinen Zweifel darüber, welche er für die
hnenschlichere, sittlich höhere, zukunftreichere hält.
Ein Problem, das uralt und unerschöpflich ist -
„UDSERVER
sdie Grundfrage lautet: Freiheit oder Befestigung,
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Verantwortungslosigkeit oder Pflichterfüllung? —
kird hier in der empfindsam nachdenklichen Art
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Hieses Dichters mit schonungsvollstem Takt aber in
Vertretungen
Sittlicher Entschiedenheit abgehandelt. Feine, gut¬
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania¬
sgeschliffene Pointen durchleuchten den elegant ge¬
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
Führten Dialog und werfen ihre Blitzlichter bis tief
New-Nork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
kin die Falten der menschlichen Seelen. Die Schwächen
burg, Toronto.
im dramatischen Bau sind hier von so viel lebendigem
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Wissen und echtem Gefühl überwachsen, daß sich das
schöne Gleichgewicht der inneren Werte, das jedes
Ausschnitt aus:BOHEMIA, PRAG
große Kunstwerk auszeichnet, wie von selbst wieder¬
6 1972
herstellt. Edleres, Harmonischeres hat Schnitzler
vom:
nie geschrieben.
—
Noblesse und Zartheit sind die Grunderfor¬
dernisse, die eine zulängliche Aufführung dieses
Stückes erfüllen muß. An unserem Theater waren
Theater und Musik.
denn auch alle Kräfte nach dieser Richtung hin
langespannt. Die Inszenierung (Oberregisseur Dr.
„Der einsame Weg“.
[Eger) schuf gut abgetönte, eindrucksvolle Bühnen¬
Y (Shauspiel in fünf Akten von Arthur Schnitzle##### und hielt die Stimmung der Szeue durch¬
aus im richtigen Ton. In den einzelnen Leistun¬
Erstaufführung am Neuen deutschen Theäter.)
gen war viel Schönes, wenn auch nicht ganz gleich¬
Auf seinen vielverschlungenen Pfaden durch die
mäßig. Mit gemessenem Takt und einem künstle¬
*Verstecke und Veduten im Gehege kultivierter Men¬
rischen Verständnis, dem keines Wortes Bedeutung
sckenseelen kommt Schnitzler des öfteren auch an
entging, spielte Herr Huttig die geistig hervor¬
diesem schattenüberdeckten Weg vorbei, den er hier
ragendste Figur des Stückes, den hochmütig resig¬
den einsamen nennt. Es ist der Weg derjenigen, die
nierten in Todesnähe noch verschlossenen Herrns#
sich aus dem Leben schleichen, weil sie dem Leben
von Sala. Herrn Tiller gelang auf das über¬
nichts geben wollten; die ihre Einsamkeit wie eine
zeugendste die edel bescheidene Haltung und der#
Schuld zu tragen und zu bezahlen haben. Das
herzenswarme Ton des jungen Menschen, der im
Motiv klingt im Wert des Dichters immer wieder
Namen der Zukunft und des sittlichen Rechtes
an, von den ersten Regungen im „Anatol“, über die
zwischen zwei Vätern zu entscheiden hat. Den einens
verschiedenartigen Puppenspieler hin, die er da und
von ihnen, den unsteten, einsam gewordenen Künstler#
dort agieren läßt, bis zur letzten, schon ganz morali¬
spielte Herr Rittig bewegt und mit sympathischer“
sierenden Wendung und Verarbeitung des Themas
Wärme, den stillen gütigen Pflichtmenschen Herr
im „Weiten Land“.
Manning in seiner einfachen und verständigen Arts
Hier aber — im „Einsamen Weg“ — ist ihm der
Die Rolle einer dauerhaft Liebenden, die nur mit dem
Gedanke zu einer wunderbaren Fülle ausgereift, und
Herzen denkt, erfüllte Fräulein Medelsky mit
die Betrachtung noch so ruhig und furchtlos, daß
prächtiger Echtheit und Frische, Fräulein Hackel¬
die vornehme Klarheit der Figuren unter dem ethi¬
berg hatte für die junge Geliebte des Sala einen
schen Urtail des Dichters keineswegs leidet (wie es
Ton von interessanter Herbheit, der nur stellen
dann später doch im „Weiten Land“ geschah). Die
weise etwas haltbarer hätte sein müssen. In klei¬
Unmittelbarkeit des eben Durchlebten stärkt und
neren Rollen schlossen sich Frau Monati und
stützt hier auch diejenigen Erscheinungen die der
Herr Frieberg dem Ensemble gleichwertig aus
tiefere Wille ihres Schöpfers verneint. Wem der
Stück und Aufführung wirkten auf unser
Name Schnitzler nicht nur den geleeentlichen Genuß
Publikum mit der sicheren, eindringlichen Krafts
irgendwelcher modernen Literatur, sondern die wert¬
die von Schnitzlers Dichtungen unfehlbar ausgeht
volle Erkenntnis eines besonders feinen Geistes be¬
Arthur Schnitzler selbst, der der Vorstellung die
deutei, der wird erkennen müssen, daß gerade dieses
Ehre seiner Anwesenheit erwies, mußte wiederholts
Werk eine ganz wichtige Wendung seiner Entwicklung
an der Rampe erscheinen, um an der Seite ders
anzeigt. Hier ist zum ersten Male die Abkehr vom
Hauptdarsteller für den lebhaften und warmen
w. 1
spielerischen Leben, von der Anbetung des Augen¬
Beifall zu danken.
blicks verkündet, hier wird mit dem Gespenst des
ME.F J.:
Todes — das ja durch alle Dichtungen Schnitzlers
geistert — nicht mehr in kokett höflichen Manieren
sondern auf eine ernste Art und im Namen einer
verbündeten Menschheit gesochten. Hier wird für
Mannheit und Haltung, gegen den selbstherrlich
losgebundenen Geist entschieden. Und ohne morali¬
sches Gezeter, versteht sich, in würdigster Vornehm¬
heit, unter freigebigster Anerkennung der Größe und
Höhe dieser Verdammten. Die Beiden, die Schnitz¬
ler in seinem Drama den schmerzvollen Weg der
Einsamkeit gehen läßt, sind ohne Zweifel die bedeu¬
tendsten Persönlichkeiten des Stückes. Zwei Künstler,
die ihr Leben wie ein ewiges Spiel gelebt haben, —
ein Spiel mit hohen und edlen Dingen freilich, aber
ohne den geringsten Einsatz an eigener Persönlich¬
keit. Sie haben der Welt nichts von sich zu geben
vermocht, haben immer nur empfangen und immer
nur die Schätze ihres Lebens hergezeigt; niemanden
gibt es, dem sie von ihrer tiefsten Menschlichkeit zu¬
geteilt hätten, niemanden, den sie sich durch ihr selbst¬
loses Opfer dauernd zu eigen gemacht hätten. Ihnen
erste Begegnung auf diesem Wege ist der Tod. Noch,
lim Sierben vernichtet er, was sich innig an ihn
Wenden! Rückseite beachten! Wenden!
schließen wollte: im Schauder vor der namenlosen
Einsamkeit, die sie erwartet, tötet sich seine Genebte.
Telephon 12.801.
Zwei Welten stehen gegeneinander, und der Dich¬
ster läßt keinen Zweifel darüber, welche er für die
hnenschlichere, sittlich höhere, zukunftreichere hält.
Ein Problem, das uralt und unerschöpflich ist -
„UDSERVER
sdie Grundfrage lautet: Freiheit oder Befestigung,
I. österr. behördl. konz. Unternehmen für Zeitungs-Ausschnitte
Verantwortungslosigkeit oder Pflichterfüllung? —
kird hier in der empfindsam nachdenklichen Art
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Hieses Dichters mit schonungsvollstem Takt aber in
Vertretungen
Sittlicher Entschiedenheit abgehandelt. Feine, gut¬
in Berlin, Basel, Budapest, Chicago, Cleveland, Christiania¬
sgeschliffene Pointen durchleuchten den elegant ge¬
Genf, Kopenhagen, London, Madrid, Mailand, Minneapolls,
Führten Dialog und werfen ihre Blitzlichter bis tief
New-Nork, Paris, Rom, San Francisco, Stockholm, St. Peters¬
kin die Falten der menschlichen Seelen. Die Schwächen
burg, Toronto.
im dramatischen Bau sind hier von so viel lebendigem
(Quellenangabe ohne Gewähr.)
Wissen und echtem Gefühl überwachsen, daß sich das
schöne Gleichgewicht der inneren Werte, das jedes
Ausschnitt aus:BOHEMIA, PRAG
große Kunstwerk auszeichnet, wie von selbst wieder¬
6 1972
herstellt. Edleres, Harmonischeres hat Schnitzler
vom:
nie geschrieben.
—
Noblesse und Zartheit sind die Grunderfor¬
dernisse, die eine zulängliche Aufführung dieses
Stückes erfüllen muß. An unserem Theater waren
Theater und Musik.
denn auch alle Kräfte nach dieser Richtung hin
langespannt. Die Inszenierung (Oberregisseur Dr.
„Der einsame Weg“.
[Eger) schuf gut abgetönte, eindrucksvolle Bühnen¬
Y (Shauspiel in fünf Akten von Arthur Schnitzle##### und hielt die Stimmung der Szeue durch¬
aus im richtigen Ton. In den einzelnen Leistun¬
Erstaufführung am Neuen deutschen Theäter.)
gen war viel Schönes, wenn auch nicht ganz gleich¬
Auf seinen vielverschlungenen Pfaden durch die
mäßig. Mit gemessenem Takt und einem künstle¬
*Verstecke und Veduten im Gehege kultivierter Men¬
rischen Verständnis, dem keines Wortes Bedeutung
sckenseelen kommt Schnitzler des öfteren auch an
entging, spielte Herr Huttig die geistig hervor¬
diesem schattenüberdeckten Weg vorbei, den er hier
ragendste Figur des Stückes, den hochmütig resig¬
den einsamen nennt. Es ist der Weg derjenigen, die
nierten in Todesnähe noch verschlossenen Herrns#
sich aus dem Leben schleichen, weil sie dem Leben
von Sala. Herrn Tiller gelang auf das über¬
nichts geben wollten; die ihre Einsamkeit wie eine
zeugendste die edel bescheidene Haltung und der#
Schuld zu tragen und zu bezahlen haben. Das
herzenswarme Ton des jungen Menschen, der im
Motiv klingt im Wert des Dichters immer wieder
Namen der Zukunft und des sittlichen Rechtes
an, von den ersten Regungen im „Anatol“, über die
zwischen zwei Vätern zu entscheiden hat. Den einens
verschiedenartigen Puppenspieler hin, die er da und
von ihnen, den unsteten, einsam gewordenen Künstler#
dort agieren läßt, bis zur letzten, schon ganz morali¬
spielte Herr Rittig bewegt und mit sympathischer“
sierenden Wendung und Verarbeitung des Themas
Wärme, den stillen gütigen Pflichtmenschen Herr
im „Weiten Land“.
Manning in seiner einfachen und verständigen Arts
Hier aber — im „Einsamen Weg“ — ist ihm der
Die Rolle einer dauerhaft Liebenden, die nur mit dem
Gedanke zu einer wunderbaren Fülle ausgereift, und
Herzen denkt, erfüllte Fräulein Medelsky mit
die Betrachtung noch so ruhig und furchtlos, daß
prächtiger Echtheit und Frische, Fräulein Hackel¬
die vornehme Klarheit der Figuren unter dem ethi¬
berg hatte für die junge Geliebte des Sala einen
schen Urtail des Dichters keineswegs leidet (wie es
Ton von interessanter Herbheit, der nur stellen
dann später doch im „Weiten Land“ geschah). Die
weise etwas haltbarer hätte sein müssen. In klei¬
Unmittelbarkeit des eben Durchlebten stärkt und
neren Rollen schlossen sich Frau Monati und
stützt hier auch diejenigen Erscheinungen die der
Herr Frieberg dem Ensemble gleichwertig aus
tiefere Wille ihres Schöpfers verneint. Wem der
Stück und Aufführung wirkten auf unser
Name Schnitzler nicht nur den geleeentlichen Genuß
Publikum mit der sicheren, eindringlichen Krafts
irgendwelcher modernen Literatur, sondern die wert¬
die von Schnitzlers Dichtungen unfehlbar ausgeht
volle Erkenntnis eines besonders feinen Geistes be¬
Arthur Schnitzler selbst, der der Vorstellung die
deutei, der wird erkennen müssen, daß gerade dieses
Ehre seiner Anwesenheit erwies, mußte wiederholts
Werk eine ganz wichtige Wendung seiner Entwicklung
an der Rampe erscheinen, um an der Seite ders
anzeigt. Hier ist zum ersten Male die Abkehr vom
Hauptdarsteller für den lebhaften und warmen
w. 1
spielerischen Leben, von der Anbetung des Augen¬
Beifall zu danken.
blicks verkündet, hier wird mit dem Gespenst des
ME.F J.:
Todes — das ja durch alle Dichtungen Schnitzlers
geistert — nicht mehr in kokett höflichen Manieren
sondern auf eine ernste Art und im Namen einer
verbündeten Menschheit gesochten. Hier wird für
Mannheit und Haltung, gegen den selbstherrlich
losgebundenen Geist entschieden. Und ohne morali¬
sches Gezeter, versteht sich, in würdigster Vornehm¬
heit, unter freigebigster Anerkennung der Größe und
Höhe dieser Verdammten. Die Beiden, die Schnitz¬
ler in seinem Drama den schmerzvollen Weg der
Einsamkeit gehen läßt, sind ohne Zweifel die bedeu¬
tendsten Persönlichkeiten des Stückes. Zwei Künstler,
die ihr Leben wie ein ewiges Spiel gelebt haben, —
ein Spiel mit hohen und edlen Dingen freilich, aber
ohne den geringsten Einsatz an eigener Persönlich¬
keit. Sie haben der Welt nichts von sich zu geben
vermocht, haben immer nur empfangen und immer
nur die Schätze ihres Lebens hergezeigt; niemanden
gibt es, dem sie von ihrer tiefsten Menschlichkeit zu¬
geteilt hätten, niemanden, den sie sich durch ihr selbst¬
loses Opfer dauernd zu eigen gemacht hätten. Ihnen