VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 165

SothBirthdag box 39/1
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erglänzt hier in vornehm gedämpftem Licht, im
Dialog reiht sich Perle an Perle. Die berühmten
Worte über den Tod und über die Liebe, die man vor
Monatsfrist in allen Schnitzier gewidmeten Studien
zum Ueberdruß oft zitiert finden konnte, stammen
aus diesem Drama; ein Mann spricht sie, der in
seiner Adligkeit wiederum die Eigenschaften Schnitz¬
lerscher Helden förmlich konzentriert, bis zur Ueber¬
treibung gesteigert aufweist. Ein Mann, der sich so
sehr vor dem Pathos fürchtet, daß er das Wort
Freundschaft nicht leiden mag und keine Freunde hat
sondern nur Leute die ihm die Stichworte brin¬
gen. Herr von Sala hat die dilettierenden Nei¬
gungen, mit denen Schnitzler später den Freiherrn
von Wergenthin ausstattete, er hat dessen Vornehm¬
heit, seine äußere Ungebundenheit, seinen Reichtum.
Aber er hat nicht Wergenthins Fähigkeit zur Hin¬
gabe; und wenn er sagt, Lieben heiße für jemand
anderen auf der Welt sein, so verschweigt er, daß er
selbst ein beträchtlich schwächeres Gefühl nicht aufzu¬
bringen vermag oder es aufzubringen verschmäht.
Das Große an ihm ist die unerbittliche Selbstkennt¬
nis; sie leiht ihm den Mut zur Grausamkeit gegen
die Geliebte, sie gibt ihm die marmorne Kühle; aber
sie verleiht ihm auch, erst unvermerkt, dann mit
steigender Deutlichkeit den Anstrich des Poseurs, der
gewaltsam die Haltung wahren will, in Liebe
und Tod.
Der einsame Weg, den Herr von Sala be¬
schreitet, ist der Weg zum Tode. Vo. ihm hat ihn
die Frau des Professors Wegrath betreten, und auch
für sie war er einsam. Denn als sich die Schleier der
Krankheit und des nahen Sierbens über sie senken,
da weicht ihre Tochter Johanna in Grauen von
sihrem Lager. Und ihr einstiger Geliebter, Julian
Fichtner, dessen Sohn den Namen Wegraths führt,
erfährt von ihrem Tode erst, nachdem sie gestorben
ist. Er, der begabte Maler, den sein Talent unstät
sumhertrieb, will sich in Felix Wegrath einen Ge¬
nossen des einsamen Alters erziehen und enthüllt
ihm das Geheimnis ohne Pathos, mit verstehender
Wehmut, wie sie Schnitzlersche Menschen bei solchen
Anlässen zeigen, nimmt Felix das Geständnis auf.
Seine Schwester Johanna hat inzwischen die Sehn¬
sucht nach einem Erlebnis in Salas Arme getrieben,
der nicht ahnt, daß ihm die Todeskrankheit am
Herzen nagt. Johanna treibt die doppelte Erkennt¬
nis, daß sie Sala liebe und daß der Geliebte sterben
müsse, zum Selbstmord. Felix kann sich die Rache
am Verführer der Schwester sparen. Kühl schickt sich
Sala an, der unerbittlichen Natur zuvorzukommen.
Einsame Menschen sind es, die so den einsamen
Weg gehen. In anderen drängt und stürmt die Sehn¬
sucht nach Leben und Liebe. Die Schauspielerin
Irene Herms, die der Bühne entsagt hat und jetzt
frei auf dem Lande lebt, macht es als Zweiund¬
vierzigjährige ihrem einstigen Geliebten Julian
Fichtner zum Vorwurf, daß sie kein Kind von ihm
bekommen habe. Felix lechzt nach Abenteuern. Julian
selbst schreckt vor der Vereinsamung des Alters
zurück. Aber in keinem der Schnitzlerschen Dramen
herrscht so wie in diesem die äußerste Gedämpft¬
heit, wird der Ruf des Lebens durch den Gedanken
an den Tod so sehr ins Elegische transponiert. Und
darin besteht die Eigenark dieses Dramas, daß es,
trotz dieser Stimmung, eher ins Posenhafte als ins!
Sentimentale abirren konnte.
Die Aufführung des in leisen Dialogen hin¬
fließenden Stückes erfordert Sprecher, die nicht nur
Kultur sondern auch die Fähigkeit zur Hingabe an
feinste Gedanken und Stimmungen besitzen. In die¬
sem Sinne befriedigte am meisten Frl. Hackel¬
[berg, die mit zarter Eindringlichkeit und visio¬
närem Blick ins Ferne den Verzweigungen dieser
nach dem Unbekannten verlangenden Seele folgte.
Ihr Schaudern vor der sterbenden Mutter, ihr
Gang zu Sala und das stumme Spiel vor dem Teich
war individuell gestaltet und des Dichters würdig.
Herr Huttig hingegen läßt die Person des Sala
in nichtssagenden Geberden und Aeußerlichkeiten
verschwimmen. Erfrischend natürlich und gesund
war Frl. Medelsky, von edler Männlichkeit Hr.
[Rittig, sympathisch die Herren Tiller und
[Manning. Den Arzt gab Herr Frieberg
mit der Maske des Dichters; aber können sich die
Wiener Hausärzte wirklich nur in diesem Jargon
ihren Patienten verständlich machen? Der In¬
szeuierung hat Herr Dr. Eger Stil und Glanz ge¬
geben. In einer Loge wohnte Schnitzler der Vor¬
stellung bei und wurde nach jedem Aufzug von dem
zahlreichen Publikum mit Begeisterung auf
st.
Bühne gerufen.