box 39/1
SethBirthdar
Bitte, Rückseite beachten ! !
Telephen 12.801.
90—
„ODSEIVEN
I. Beterr. bahördl. konz. Usternohmon für Zeltunge-Ausephaltto
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Verirelungen
Im Berlin, Budupest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
gen, Lenden, Madrid, Mailand, Minnespolle, New-Verk.
Faris, Rom, öan Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
#be eiune Gru##ch.
Ansschaltt aus: 1
ager Taghiat
D
*.—. Abschluß des Arthur Schnitzler=Zu#
Gorgen Sonntog schließt in—Rellen Theater der
Schnitzler=Zyklus mit der dramatischen Historie
„Der junge Medardus“ ab. (202. Abv. 2.
Serie, Serienwechsei!) Das große Werk ist
bei uns anläßlich der vorjährigen Maifestspiele zur
erstenmale gegeben worden, und hat seitdem mehre:
Wiederholungen erlebt, in welchen der tiefgehende
Eindruck der ersten Aufführung sich stets erneuerte.
Es wurbe an den Schluß pes Schnitzler=Zyklus ge¬
stellt, weil es unzweifelhaft den Höhepunkt des dra¬
ukatischen Schaffens Arthur Schnitzlers bedeutet und
weil es durch die große Mannigfaliigkeit der Fi¬
guren, durch seinen historischen Hintergrund und
durch die rege Handl. ug ein großes Publikum an¬
zuziehen und die Populariiät des Dichters zu ver¬
breiten geeignet ist. Der Theaterzettel weist nicht
weniger als 55 Rollen auf, abgesehen von der Kom¬
parserie, sodaß zu dem gesamten Schauspielpersonal
auch mehrere Opernkräfte hinzugezogen werben
mußten, die sich bereitwillig in den Dienst der Dich¬
tung stellten. Als Prinzessin Helene tritt Else
Wohlgemuth vom Wiener Höfburgtheater auf.
Die Regie hat Dr. Paul Eger,“
Ausschhnt Aus
daus Bomnen, Prag
20 5 4912
vom:
—
Schnitler=Zyklus.
Zum 50. Wiegenfest=Axtur Schnitzlers stellt sich unser
Theater mit einer Gratulation Ausgiebigkeit
alles weit hinter sich läßt, was andere dentsche Bühnen
aus diesem Anlasse getan haben. Bei uns wird mitten
zwischen den anspannenden Maifestspielen ein eigener auf
vier Wochen berechneter Schnitzler=Zyklus absolviert, der
des Dichters Werke vom vergessenen „Märchen“ bis zum
„Jungen Medardus“ umfaßt und durch seine Vollständig¬
keit natürlich aufs beste geeignet ist, als ein Stück lebendiger
Literaturgeschichte über die Bedeutung des dramatischen
Schaffens Artur Schnitzlers aufzuklären. Mit dem Jugend¬
werk „Das Märchen“ wurde vergangenen Mittwoch der
Zyklus eingeleitet. Das Märchen von den Gefallenen, deren
Schuld vor dem Hochzeitsmorgen man vergessen sollte,
aber nicht vergessen will oder kann, bleibt bestehen und
die Betroffene sieht keinen anderen Ausweg, als in ihrer
Kunst das Glück zu finden, das ihr das Vorurteil der
bürgerlichen Gesellschaft vorenthält. In der Rolle der Schau¬
spielerin debütierte mit Glück Frl. Dahlmann, die für
die wechselnden Gefühlstöne den richtigen Ausdruck fand.
Temperamentvoll war der Denner des Herrn Tiller,
prächtige Chargen boten die Herren Huttig und Ro¬
manowsky. Die Damen Niedt, Monati und Glasel
fügten sich ausgezeichte in aus Ensemble, dessen Harmonie
liebevolles Studium Auf den „Anatol“=Zyklus und
„Fr#ewild“, die in der bekannten Besetzung aufgeführt
wurden, folgten gestern Abends im Landestheater „Liebelei“
und „Denksteine". Das sind zwei kleine Edelsteine die
Anatol am Tage vor der Hochzeit im Schreibtisch seiner
Braut Emilie findet. Die Vergangenheit hat er ihr ver¬
ziehen (was verzeiht man nicht alles, wenn man liebt!)
alle Liebespfänder aus der Zeit, bevor sie ihn liebte, hat
sie vor ihm und mit ihm vernichtet und weggeworfen.
Warum nicht diese? Sein zitternder Argwohn will die
Wahrheit wissen — vielleicht steckt in ihr doch etwas, das
sie begreiflich macht. Denn wir Männer glauben ja so
gern all die beseligenden Lügen der Weiber. Anatol er¬
fährt die Wahrheit. Der eine Stein, ein Rubin, hatte
damals im Grase geglitzert, als sie, ein sechzehnjähriges
Mädchen, durch einen Andern Weib wurde. Diese Minute
bleibt jedem Weibe unvergeßlich. Wie schwer ist es aber,
diese Erinnerung zu verzeihen! Anatol tnt es dennoch.
Aber der zweite, dunkle Stein? Das (so kündet Emilie
triumphieretd) ist ein schwarzer Diamant, eine Viertel¬
million wert; in ihren Augen flackert dabei der Stolz der
Eitelkeit und die dirnenhafte Begehrlichkeit — die beiden
tückischen Erbfehler des Beschlechtes. Und sie wühlt den
Stein der Schande, den er ins Feuer wirft, mit alerigen
Händen aus der Glut. Jetzt sprach sie die Wahrheit, viel¬
leicht das erstemal, und da verwirft er sie — die Ver¬
worfene. — Dieser kleine Akt aus dem Anatolzyklus, der
für Prag eine Erstaufführing bedeutet, ist der Ausdruck
Ihmerzlichster Erkenntnis der weiblichen Pfyche. Es glitzert
darin auf, wie die Lichter eines Rubius, vielleicht ist diese
dunkle Erkenntnis auch kostbar, wie ein schwarzer Diamant.
Aber wer besitzt den Probirstein für die Echtheit der
weiblichen Seele? Vielleichi ist sie Edelgestein, vielleicht
Talmi? Und so wird denn auch dem Zweifler dieses
glitzernde Stück kostbar und echt, dem Gläubigen nur als
ein glänzeder Tand erscheinen. Ich zwetfle und darum
glaube ich. Die Darsteller Frl. v. Helling und Herr
Tiller wurden den Intentionen des Dichters bis zur
Schlußpointe vortrefflich gerecht; da aber versagten beide.
Nicht der gemeine Geldwert ist für Emilien entscheidend,
wie ihr Spiel den Anschein erregte; und der ernste Anatol
dieses Stückes wirft seiner Braut das entsetzliche Wort
„Dirne“ nicht achselzuckend und leichthin vor die Füße,
sondern schleudert es ihr verzweiflungsvoll ins Gesicht.
Im Publikum fand denn auch der kleine skizzenhafte
Dialog, sei es nun durch die Schuld des Dichters oder
der Darsteller, nur schwachen Nachhall. Umso stärkerer
Beifall ward dem folgenden Meisterstücke Schnitzlers
„Liebelei“ zu Teil, dieser wundervollen Mischung von
Scherz und Ernst, von köstlichem Humor und tiefster
Tragik, das in bekanmier trefflicher Besetzung in Szeg#
SethBirthdar
Bitte, Rückseite beachten ! !
Telephen 12.801.
90—
„ODSEIVEN
I. Beterr. bahördl. konz. Usternohmon für Zeltunge-Ausephaltto
Wien, I., Concordiaplatz 4.
Verirelungen
Im Berlin, Budupest, Chicago, Christiania, Genf, Kopen¬
gen, Lenden, Madrid, Mailand, Minnespolle, New-Verk.
Faris, Rom, öan Francisco, Stockholm, St. Petersburg.
#be eiune Gru##ch.
Ansschaltt aus: 1
ager Taghiat
D
*.—. Abschluß des Arthur Schnitzler=Zu#
Gorgen Sonntog schließt in—Rellen Theater der
Schnitzler=Zyklus mit der dramatischen Historie
„Der junge Medardus“ ab. (202. Abv. 2.
Serie, Serienwechsei!) Das große Werk ist
bei uns anläßlich der vorjährigen Maifestspiele zur
erstenmale gegeben worden, und hat seitdem mehre:
Wiederholungen erlebt, in welchen der tiefgehende
Eindruck der ersten Aufführung sich stets erneuerte.
Es wurbe an den Schluß pes Schnitzler=Zyklus ge¬
stellt, weil es unzweifelhaft den Höhepunkt des dra¬
ukatischen Schaffens Arthur Schnitzlers bedeutet und
weil es durch die große Mannigfaliigkeit der Fi¬
guren, durch seinen historischen Hintergrund und
durch die rege Handl. ug ein großes Publikum an¬
zuziehen und die Populariiät des Dichters zu ver¬
breiten geeignet ist. Der Theaterzettel weist nicht
weniger als 55 Rollen auf, abgesehen von der Kom¬
parserie, sodaß zu dem gesamten Schauspielpersonal
auch mehrere Opernkräfte hinzugezogen werben
mußten, die sich bereitwillig in den Dienst der Dich¬
tung stellten. Als Prinzessin Helene tritt Else
Wohlgemuth vom Wiener Höfburgtheater auf.
Die Regie hat Dr. Paul Eger,“
Ausschhnt Aus
daus Bomnen, Prag
20 5 4912
vom:
—
Schnitler=Zyklus.
Zum 50. Wiegenfest=Axtur Schnitzlers stellt sich unser
Theater mit einer Gratulation Ausgiebigkeit
alles weit hinter sich läßt, was andere dentsche Bühnen
aus diesem Anlasse getan haben. Bei uns wird mitten
zwischen den anspannenden Maifestspielen ein eigener auf
vier Wochen berechneter Schnitzler=Zyklus absolviert, der
des Dichters Werke vom vergessenen „Märchen“ bis zum
„Jungen Medardus“ umfaßt und durch seine Vollständig¬
keit natürlich aufs beste geeignet ist, als ein Stück lebendiger
Literaturgeschichte über die Bedeutung des dramatischen
Schaffens Artur Schnitzlers aufzuklären. Mit dem Jugend¬
werk „Das Märchen“ wurde vergangenen Mittwoch der
Zyklus eingeleitet. Das Märchen von den Gefallenen, deren
Schuld vor dem Hochzeitsmorgen man vergessen sollte,
aber nicht vergessen will oder kann, bleibt bestehen und
die Betroffene sieht keinen anderen Ausweg, als in ihrer
Kunst das Glück zu finden, das ihr das Vorurteil der
bürgerlichen Gesellschaft vorenthält. In der Rolle der Schau¬
spielerin debütierte mit Glück Frl. Dahlmann, die für
die wechselnden Gefühlstöne den richtigen Ausdruck fand.
Temperamentvoll war der Denner des Herrn Tiller,
prächtige Chargen boten die Herren Huttig und Ro¬
manowsky. Die Damen Niedt, Monati und Glasel
fügten sich ausgezeichte in aus Ensemble, dessen Harmonie
liebevolles Studium Auf den „Anatol“=Zyklus und
„Fr#ewild“, die in der bekannten Besetzung aufgeführt
wurden, folgten gestern Abends im Landestheater „Liebelei“
und „Denksteine". Das sind zwei kleine Edelsteine die
Anatol am Tage vor der Hochzeit im Schreibtisch seiner
Braut Emilie findet. Die Vergangenheit hat er ihr ver¬
ziehen (was verzeiht man nicht alles, wenn man liebt!)
alle Liebespfänder aus der Zeit, bevor sie ihn liebte, hat
sie vor ihm und mit ihm vernichtet und weggeworfen.
Warum nicht diese? Sein zitternder Argwohn will die
Wahrheit wissen — vielleicht steckt in ihr doch etwas, das
sie begreiflich macht. Denn wir Männer glauben ja so
gern all die beseligenden Lügen der Weiber. Anatol er¬
fährt die Wahrheit. Der eine Stein, ein Rubin, hatte
damals im Grase geglitzert, als sie, ein sechzehnjähriges
Mädchen, durch einen Andern Weib wurde. Diese Minute
bleibt jedem Weibe unvergeßlich. Wie schwer ist es aber,
diese Erinnerung zu verzeihen! Anatol tnt es dennoch.
Aber der zweite, dunkle Stein? Das (so kündet Emilie
triumphieretd) ist ein schwarzer Diamant, eine Viertel¬
million wert; in ihren Augen flackert dabei der Stolz der
Eitelkeit und die dirnenhafte Begehrlichkeit — die beiden
tückischen Erbfehler des Beschlechtes. Und sie wühlt den
Stein der Schande, den er ins Feuer wirft, mit alerigen
Händen aus der Glut. Jetzt sprach sie die Wahrheit, viel¬
leicht das erstemal, und da verwirft er sie — die Ver¬
worfene. — Dieser kleine Akt aus dem Anatolzyklus, der
für Prag eine Erstaufführing bedeutet, ist der Ausdruck
Ihmerzlichster Erkenntnis der weiblichen Pfyche. Es glitzert
darin auf, wie die Lichter eines Rubius, vielleicht ist diese
dunkle Erkenntnis auch kostbar, wie ein schwarzer Diamant.
Aber wer besitzt den Probirstein für die Echtheit der
weiblichen Seele? Vielleichi ist sie Edelgestein, vielleicht
Talmi? Und so wird denn auch dem Zweifler dieses
glitzernde Stück kostbar und echt, dem Gläubigen nur als
ein glänzeder Tand erscheinen. Ich zwetfle und darum
glaube ich. Die Darsteller Frl. v. Helling und Herr
Tiller wurden den Intentionen des Dichters bis zur
Schlußpointe vortrefflich gerecht; da aber versagten beide.
Nicht der gemeine Geldwert ist für Emilien entscheidend,
wie ihr Spiel den Anschein erregte; und der ernste Anatol
dieses Stückes wirft seiner Braut das entsetzliche Wort
„Dirne“ nicht achselzuckend und leichthin vor die Füße,
sondern schleudert es ihr verzweiflungsvoll ins Gesicht.
Im Publikum fand denn auch der kleine skizzenhafte
Dialog, sei es nun durch die Schuld des Dichters oder
der Darsteller, nur schwachen Nachhall. Umso stärkerer
Beifall ward dem folgenden Meisterstücke Schnitzlers
„Liebelei“ zu Teil, dieser wundervollen Mischung von
Scherz und Ernst, von köstlichem Humor und tiefster
Tragik, das in bekanmier trefflicher Besetzung in Szeg#