VII, Verschiedenes 2, 50ster Geburtstag, Seite 213

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andere herausgreifen und wird auf jeder Seite für sein seinen Figuren nur eine Variante des melancholischen Lebejünglings
inneres Bekenntnis einen Anhaltspunkt finden und den Sinn, und des hingebungsvollen Mädchens aus der Vorstadt. Aber
ton.
dem Leben unterschiebt, aus einem Satz heraus= was ursprünglich nur wie eine Verkleinerung seines dichterischen
den er
aber zugleich unfrei. Vermögens aussah, ist mittlerweile eine große Wahrheit geworden.
Er ist ein Bejaher,
holen.
Freilich in anderem Sinne. Er schreibt auch heute noch seine
an den Menschen hat
Einer, der den großen Glauben
Fhler.
Anatols, aber sie sind inzwischen älter geworden; sie kamen
und dabei ein Zweifler bleibt. Man lese einmal jene
allmählich auch in die Fünfzig. Sie sehen dem Anatol
in dem Roman „Der Weg ins Freie“
Stelle
wo er zu der Formel gelangt: „Jeder muß von früher auch nur gerade soweit ähnlich wie ein Jugend¬
bson.
nach,
selber zusehen, wie er herausfindet aus seinem Aerger, aus seiner porträt gegen eine Photographie von heute gehalten. Man ent¬
Fünfzigern. Es ist ein
deckt noch bestimmte Züge, die sich gleich geblieben sind, dennoch
Verzweiflung, oder aus seinem Ekel, irgendwohin, wo er wieder
Hauptmann, Dehmel,
ge liegen nicht weit von frei aufatmen kann. Solche Wanderungen ins Freie lassen sich ist es ein anderer Mensch. Auch das süße Mädel kehrt wieder.
lang den Zusammenhängen nicht gemeinsam unternehmen, denn die Straßen laufen ja Anatol liebt aber jetzt schon lange nicht mehr in der Vorstadt,
Emmersons zuneigen, daß nicht im Lande draußen, sondern in uns selbst. Es kommt nur sondern nur noch im Salon. Christine und Mizzi sind inzwischen
nheit sich immer in be für jeden darauf an, seinen inneren Weg zu finden. Dazu ist mondaine Damen geworden, und ihre Verwandtschaft mit den
die dann mit einem es notwendig, möglichst klar in sich zu sehen, den Mut seiner süßen Mädeln ist erst bei schärferem Hinsehen zu erkennen.
en. Das gilt auch von der eigenen Natur zu haben, sich nicht beirren zu lassen.“ Und Schnitzler ist in die Gesellschaftssphäre geraten, wo man es aus¬
schließlich mit intelligenten gutangezogenen Menschen zu tun hat.
in das Wort „Unbeirrtheit“ hinein.
tzt um Artur Schnitzler, der Schnitzler preßt dies alles
erreicht hat. Nichts scheint Unbeirrtheit müßte das tägliche Gebet jedes Menschen sein. Wenn er sie einmal ins Kostüm steckt, in die Renaissance versetzt.
der Umstand, daß sie noch Schnitzlers dichterisches Schaffen geht nun diesen einsamen Weg oder sonst in eine Zeit der Vergangenheit weist, bleiben es doch
im Kreise. Immer wieder weist man darauf hin, daß er eigentlich Wiener und Wienerinnen.
kein überholter Literatur¬
Die Begriffe „Seele" „Liebe", „Sterben“ gehören zum
Arzt sei. Für banale Gleichnisse ist es sicht unwichtig: # be¬
ie Gegenwart, Ausdruck der
d das Morgen. Jeder in horcht und beklopft vie Menschen, hört ihnen den Herzschlag ab, Hauptinventer von Schnitzlers Schaffen. Es gibt welche, die
darüber lächeln. Nun ja: die Seele ist ein weites Land; die Liebe
ient: d#r herbe Naturalist, prüft ihr Blut und ihr feelisches Befinden. Aber in jedem
ornige Agitator und der wirklichen Dichter steckt auch etwas von einem guten Arzt, der höret nimmer auf; sterben müssen wir alle. In diesen Begriffen
ein guter Monsch sein muß. Es ist bei Schnitzler schon ein erschöpft sich schließlich alle Dichtkunst. Nur daß sie keiner
gedankenreicher und anmutiger Form abwandelt, wie
rtur Schnitzler die Geburts- bißchen Koketrerie geworden, daß er in seinen Stücken und No¬
ihm. Dort, wo er selber manen immer einen solchen Arzt vorführt, der eine Art Selbstporträt gibt. Schnitzler. Jede Seele ist ihm ein neues Erlebnis, jede
Ein Ton ganz fremd. Es ist, Güte hat Schnitzler in unendlichem Maße. Sie leuchtet ihm von Liebe eine neue Offenbarung, jedes Sterben ein neues
frecken, auf die Zehenspitzen der Stirn, leuchtet aus seien Augen, quillt ihm aus dem Schicksal. Seine Erkenntnisse weisen ihn eigentlich auf die Epik.
#utun. Ihm fehlt die große Herzen in die Feder. E## mitleidig, und wenn er der Narrheit Aber es ist merkwürdig, wie sehr er auf dem Theater
ebens. Sein Weg führt ihn begegnet, lacht er nicht derb und laut, sondern lächelt nur nach= seine Menschen meist ebenso scharf umrissen hinstellt wie im Roman
Leidenden zu Sterbenden“. sichtig. Irgend einmal hat er auch das Wort von der und in der Novelle. Aber Spiel und Wirklichkeit scheinen ihm:
zwei Dinge, die ineinanderfließen. Eine Sammlung von Einaktern
eines Schaffens. Im Bücher= Sentimentalität gesprochen, die nichts anderes sei als ein unter
izig Bände, die den Namen dem Einkaufspreis erstandenes Gefühl. Das Wort gehört hieher, trägt den Merkspruch: „Wir spielen immer; wer es weiß, ist klug.“
e große Lebensarbeit und weil es den Unterschied zwischen wahrem Gemüt und der Weiner= Schnitzler glaubt an einen Weltgeist, der das Geschick der Menschen
bestimmt, mit den Menschen spielt. Als Dichter glaubte er nun,
hätte er erst einen Teil lichkeit festhält.
Anatol und das süße Mädel haben Schnitzler verfolgt. gleichfalls mit den Menschen spielen zu sollen. So setzt er sie
er fühlt. Jedes seiner Bücher
wähllos das eine oder Man glaubte ihm lange nichts anderes mehr. Man sah in allen in wunderliche Beziehungen zu einander, schiebt sie wie der