Soth and 55th Birthday box 39/2
Acht Jahre ist’s her, daß ich dies schrieb. Ich kann Dir heute nichts
anderes sagen, nichts besseres wünschen, Du bist mir zu lieb. Du bist mir
zu lieb, denn täusche Dich doch nicht: Du bist kein Hofrat unserer
Pharaonen, laß Dich nicht dazu machen, Du bist mir zum Wiener Lieb¬
ling u gut, es gibt ein Land, das weiter ist. Bescheide Dich nicht, ergib
Dich nicht an Wien, erhöre Dich selbst! Vorwärts, aufwärts, werde was Du bist!
Ich wünsche Dir das Werk, das Dich enthält. Und nun, mit den
Worten Goethes an Jacobi: „Laß uns, so lang wir leben, einander was
möglich ist, sein und bleiben.“
SCHNITZLER-MEDAILLON. VON GEORG BRANDES.
lls Arzt gewohnt, das Kranke zu behandeln und mit dem Gedanken
an den Tod vertraut, hat er viel von der Gesichtsweise des
Arztes in seinem psychologischen Blick, auch etwas von der
5 Unempfindlichkeit des Arztes in seiner ruhigen Haltung.
Als Weltmann von der Ironie des Lebens durchdrungen, beobachtet
er mit überraschender Schärfe, ist witzig wie kein anderer in der Wieder¬
gabe beobachteter Komik (Anatol, Gustl, Reigen).
Als Dichter vermag er den ganzen Zauber und die ganze Grausamkeit
der Existenz darzustellen, den Zauber, der uns entzückt, die Grausamkeit,
die uns vernichtet, all das, was einmal doktrinär das Schöne und das Tra¬
gische hieß.
Er sagt: Daß die Frauen so lieblich sind und die Kunst so herrlich
ist, macht das Leben reich.
Daß jegliches Glück so teuer erkauft und so flüchtig ist, macht das
Leben schwer.
Daß uns das Unglück immer droht, und daß der Tod so nahe ist,
macht das Leben unsicher, unheimlich und kostbar.
AN ARTHUR SCHNITZLER. VON FELIX DORMANN.
Es grüßt dein reines Wirken,
Wohl dir, daß du gegangen
Es drückt dir warm die Hand
Den selbsterwählten Pfad,
Von anderen Bezirken
Daß Sinnen und Verlangen
Ein Freund aus „Jugendland“.
Ausreiften dir zur Tat
337
Acht Jahre ist’s her, daß ich dies schrieb. Ich kann Dir heute nichts
anderes sagen, nichts besseres wünschen, Du bist mir zu lieb. Du bist mir
zu lieb, denn täusche Dich doch nicht: Du bist kein Hofrat unserer
Pharaonen, laß Dich nicht dazu machen, Du bist mir zum Wiener Lieb¬
ling u gut, es gibt ein Land, das weiter ist. Bescheide Dich nicht, ergib
Dich nicht an Wien, erhöre Dich selbst! Vorwärts, aufwärts, werde was Du bist!
Ich wünsche Dir das Werk, das Dich enthält. Und nun, mit den
Worten Goethes an Jacobi: „Laß uns, so lang wir leben, einander was
möglich ist, sein und bleiben.“
SCHNITZLER-MEDAILLON. VON GEORG BRANDES.
lls Arzt gewohnt, das Kranke zu behandeln und mit dem Gedanken
an den Tod vertraut, hat er viel von der Gesichtsweise des
Arztes in seinem psychologischen Blick, auch etwas von der
5 Unempfindlichkeit des Arztes in seiner ruhigen Haltung.
Als Weltmann von der Ironie des Lebens durchdrungen, beobachtet
er mit überraschender Schärfe, ist witzig wie kein anderer in der Wieder¬
gabe beobachteter Komik (Anatol, Gustl, Reigen).
Als Dichter vermag er den ganzen Zauber und die ganze Grausamkeit
der Existenz darzustellen, den Zauber, der uns entzückt, die Grausamkeit,
die uns vernichtet, all das, was einmal doktrinär das Schöne und das Tra¬
gische hieß.
Er sagt: Daß die Frauen so lieblich sind und die Kunst so herrlich
ist, macht das Leben reich.
Daß jegliches Glück so teuer erkauft und so flüchtig ist, macht das
Leben schwer.
Daß uns das Unglück immer droht, und daß der Tod so nahe ist,
macht das Leben unsicher, unheimlich und kostbar.
AN ARTHUR SCHNITZLER. VON FELIX DORMANN.
Es grüßt dein reines Wirken,
Wohl dir, daß du gegangen
Es drückt dir warm die Hand
Den selbsterwählten Pfad,
Von anderen Bezirken
Daß Sinnen und Verlangen
Ein Freund aus „Jugendland“.
Ausreiften dir zur Tat
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