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50th and 55th Birthdan
Nicht, daß in beiden Jugendwerken ein Mädchenschicksal unser Mit¬
leid anruft, sondern daß ich ihre beiden Menschengruppen in unserer Zeit
und in meiner Phantasie verankert fühlte, das griff so tief in mein Leben ein.
Die zwei wichtigsten sozialen Stände spiegelten sich wider, und zwar in der
wunderbaren Normalität der Darstellung, die wie ein goethisches Nacht¬
lied ihre Wirkung auf keinen empfindenden Menschen verfehlt. Was neben
Hauptmann und Schnitzler auf der Bühne erschien, war mit wenigen Aus¬
nahmen auf ein Publikum eingestellt, das unter oder über der Normalität
lag: breite Masse oder intellektuelle Auswahl. Dieses Paar aber sprach zu
allen!
Die schöne Knappheit des sprachlichen Ausdrucks bei verschwende¬
rischem und unaufdringlichem Reichtum an realistischen Details brachte mir
den Begriff der Vollkommenheit zum Bewußtsein; ich wurde in Schlesien
und in Wien heimisch, ohne je dort gewesen zu sein, und mein Gedächtnis
gewann so viele Seelen, wie Personen auf den Theaterzetteln standen.
MAITAGE. VON GEORG HIRSCHFELD.
Is hat einen schönen und auch wunderlichen Klang, daß Arthur
Schnitzler fünfzig Jahre wird. Nicht weil er ein ewiger Jüngling
ist, der nur hinausdenkt ins Kommende, niemals Alternde
1er steht uns stärker als Mann zur Seite in seiner gereiften
Dichterkraft, in seiner erkenntnistiefen, ärztlichen Güte. In uns anderen
lebt die Unrast ewigen Jugendgefühls, wenn wir an Schnitzler gemahnt
werden. Ein Erinnern an den Frühling, welcher der Frühling dieser ganzen
Lebensspanne ist. Eine Angst um Versäumen. Ein Gelöbnis, der Schönheit
wert zu sein, als ob Hässlichkeit gar nicht vorhanden wäre. Lebenswert¬
Bewußtsein. Unverlierbare Leichtigkeit der Schwere. Das ist Schnitzler.
Ich bin oft nach Wien gekommen. Ein Fremder aus Norden, dem es
eigentlich bestimmt war, an Wien vorüberzugehen. Ich fand etwas Seltenes
unten — ernste Güte, willige Teilnahme für meine fremde, nicht im Wiener
Walde gewachsene Art. Ein Zuschauer nur, wurde ich zuweilen fast ein
Zugehöriger. Des Besten Freund. Dem Dichter der „Liebelei“ durfte ich
nahekommen. Ganz abseits vom Durchdringen in der Kunst, wo er mein
ehrlicher Förderer geworden — auch im Leben fühlte ich ihn oft zur Seite
im unbewußten Zusammenfühlen, in der Nähe des schönen Daseinselementes,
das Schnitzler ist. Ich war nicht schwach an der Seite dieses Starken. Und
wenn wir durch die Wiener Straßen wanderten, in Maitagen, die
Schnitzlers Geburtsfest umschließen, dann konnte ich plötzlich mit seinen Augen
sehen. Erschreckend und aufrichtend zugleich war es für mich, an seiner
Seite bestätigt zu finden, was ich mir niemals zugetraut hatte! Leise, leise
meldete sich eine positive Lust am Dasein in mir. Mein Ernst gehörte zu
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50th and 55th Birthdan
Nicht, daß in beiden Jugendwerken ein Mädchenschicksal unser Mit¬
leid anruft, sondern daß ich ihre beiden Menschengruppen in unserer Zeit
und in meiner Phantasie verankert fühlte, das griff so tief in mein Leben ein.
Die zwei wichtigsten sozialen Stände spiegelten sich wider, und zwar in der
wunderbaren Normalität der Darstellung, die wie ein goethisches Nacht¬
lied ihre Wirkung auf keinen empfindenden Menschen verfehlt. Was neben
Hauptmann und Schnitzler auf der Bühne erschien, war mit wenigen Aus¬
nahmen auf ein Publikum eingestellt, das unter oder über der Normalität
lag: breite Masse oder intellektuelle Auswahl. Dieses Paar aber sprach zu
allen!
Die schöne Knappheit des sprachlichen Ausdrucks bei verschwende¬
rischem und unaufdringlichem Reichtum an realistischen Details brachte mir
den Begriff der Vollkommenheit zum Bewußtsein; ich wurde in Schlesien
und in Wien heimisch, ohne je dort gewesen zu sein, und mein Gedächtnis
gewann so viele Seelen, wie Personen auf den Theaterzetteln standen.
MAITAGE. VON GEORG HIRSCHFELD.
Is hat einen schönen und auch wunderlichen Klang, daß Arthur
Schnitzler fünfzig Jahre wird. Nicht weil er ein ewiger Jüngling
ist, der nur hinausdenkt ins Kommende, niemals Alternde
1er steht uns stärker als Mann zur Seite in seiner gereiften
Dichterkraft, in seiner erkenntnistiefen, ärztlichen Güte. In uns anderen
lebt die Unrast ewigen Jugendgefühls, wenn wir an Schnitzler gemahnt
werden. Ein Erinnern an den Frühling, welcher der Frühling dieser ganzen
Lebensspanne ist. Eine Angst um Versäumen. Ein Gelöbnis, der Schönheit
wert zu sein, als ob Hässlichkeit gar nicht vorhanden wäre. Lebenswert¬
Bewußtsein. Unverlierbare Leichtigkeit der Schwere. Das ist Schnitzler.
Ich bin oft nach Wien gekommen. Ein Fremder aus Norden, dem es
eigentlich bestimmt war, an Wien vorüberzugehen. Ich fand etwas Seltenes
unten — ernste Güte, willige Teilnahme für meine fremde, nicht im Wiener
Walde gewachsene Art. Ein Zuschauer nur, wurde ich zuweilen fast ein
Zugehöriger. Des Besten Freund. Dem Dichter der „Liebelei“ durfte ich
nahekommen. Ganz abseits vom Durchdringen in der Kunst, wo er mein
ehrlicher Förderer geworden — auch im Leben fühlte ich ihn oft zur Seite
im unbewußten Zusammenfühlen, in der Nähe des schönen Daseinselementes,
das Schnitzler ist. Ich war nicht schwach an der Seite dieses Starken. Und
wenn wir durch die Wiener Straßen wanderten, in Maitagen, die
Schnitzlers Geburtsfest umschließen, dann konnte ich plötzlich mit seinen Augen
sehen. Erschreckend und aufrichtend zugleich war es für mich, an seiner
Seite bestätigt zu finden, was ich mir niemals zugetraut hatte! Leise, leise
meldete sich eine positive Lust am Dasein in mir. Mein Ernst gehörte zu
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