VII, Verschiedenes 2, 50ster und 55ster Geburtstag, Seite 57

—.—
box 39/2
soth and 5511Birthday
doch die wirtschaftliche Lage Elsaß=Lothringens des nationalen Assimilationsprozeses insveranlaßt, in einem Communiqué zu e
seit lange eine unbefriedigende; der Unter¬
Elsaß=Lothringen und wird in Frankreich
daß wegen der Kürze der zur Verfügung
nehmungsgeist versagt, die Bevölkerungs¬
geradezu als Herausforderung empfunden
den Zeit die einzelnen Detailfragen ein
zunahme stockt, und da ist es wohl begreiflich, werden. Die Franzosen kennen das deutsche örterung nicht unterzogen werden könn
M n
Nun klänge es sehr hübsch, wenn man er= salen, wie es Dionysias sonderbarer Ma
klärte, daß auch der neue ältere Schnitzler der keinen, der uns gebietet, allen Gelüsten, 2#
Feuilleton. 4#
alte jüngere Schnitzler sei. Und es wäre sogar
und Wünschen zu folgen. Die kleine Sich
ein wenig wahr — aber doch nur halb, relativ,
des Seins schwankt unter unseren
Schnitzler.
40
umgedeutet, wie es sich eben für eine Wahr¬
nichts ist gewiß, fest und mit flackernder
Er ist eine Ehre unserer Stadt, und so scheint
heit bei diesem scharmantesten Skeptiker schickt.
führt uns der Dichr in das unausde
wohl jeder Anlaß willkommen, der uns zu ihm
Gewiß, seine Züge bleiben uns vertraut, aber
unerhellte Reich der Möglichkeiten.
führt. Jeder — nur nicht gerade sein fünfzigster
sie scheinen doch entschlossener und ausdrucks¬
Die anderen Dichter, die halten sich
voller geworden. Gleich diese erste merkwürdige
Geburtstag, der heute überall gefeiert wird,
an das Tatsächliche und ziehen darau
soweit man Dichter liebt. Denn in der feier¬
Erzählung „Die Hirtenflöte“ hätte kein junger
poetischen Folgerungen. Schnitzler aber
lichen Ziffer eines solchen Jubiläums steckt ein
Mann schreiben können; es sind darin Ge¬
nicht an diese Tatsachen, nur an Laune
ganz unschnitzlerisches Pathos, man erinnert
danken von einer Weisheit, die weit, weit
fälle, geheim Gesetze, die uns irgend
sich seiner sanften und unwiderstehlich bedeut¬
durchs Leben gewandert ist. So weit wie die
werfen. Eine höhnische Laune läßt i
samen Ironie, und befangen glaubt man sein
junge und schöne und treue Frau Dionysia,
zweiten Novelle „Der Tod des Jungge
die ihr Gatte hinaustreibt, damit sich ihre
weiches Lächeln zu spüren, das alle großen
diesen seine Freunde um seine Leich
Worte so anmutig umzudeuten weiß. Dieses
Schicksale erfüllen. Wohl, sie war gehütet,
sammeln und ihnen dort gewisser
sanft, ergeben — aber war dies nicht bloß blasse
Lächeln, das geradeswegs aus dem Ernst der
als Vermächtnis mitteilen, daß
Gewohnheit, Trägi#t, uneingestandene Angst?
Dinge kommt und ihnen wunderbar ihre
ihre Frauen besessen habe. Wieso
Nun soll sie allen hren Wünschen nachgehen,
Schwere nimmt, es ist ja nicht bloß ein literari¬
kam, wir erfahren es
nicht, aber
kein Zwang ist mehr über sie aufgerichtet.
scher Besitz, es wirkt geradezu erzieherisch, und
sehen die lächerliche Belanglosigkeit iene
so mag es wohl sein, daß es ihn an seinem
Wahrhaftig, sie verzweifelt über solch uner¬
hüllung, die durch das Weiterleben de
Feiertag vor den üblichen Tiraden schützt, mit
wünschte Freiheit, will sich töten... Doch da
trogenen und durch den Tod des Bet
denen man sonst das Wesen eines wahren
tönt fern eine Hirtenflöte, und eine Ahnung
gleichsam verschüttet ist. Und da fällt e
Menschen zuzudecken pflegt. Nun, glücklicher¬
spannt ihre Züge, ihr ungelebtes Leben ruft die
bei, wie in den beiden ersten Geschichten
weise hat er uns eben jetzt ein neues Buch ge¬
Befreite. Nun wirbeln alle Abenteuer traum¬
der ganze Schnitzler angesammelt ist,
gegeben, den Geschichtenband „Masken und
haft bunta ihr vorüber; den Reigen eröffnet
verfeinerte Geistigkeit, seine Lust am
Wunder“, und was könnte willkommener sein,
der Hirtenknabe, dessen Flöte sie zerbricht und
Spiel mit Leben, Tod, Schicksalen.
als sich, bevor man eine flüchtige Aufstellung
darauf ihn selbst. Dann wird sie die Geliebte
immer das Ende, das ihn interessiert, au
dichterischer Lebenswerte versucht, in dies schöne
eines großen Industrie=Condottiere und geht
der Liebe. Das Werdende ist ihm nie so
Asyl zu flüchten? Noch ehe wir die Seiten
von ihm weg zu den Elenden, deren Aufruhr
wie das Gewesene; das hört ja nie au
umblättern, sind wir getrost, daß in ihnen
sie teilt, zieht mit einem jungen Offizier in
führt zu neuen Bindungen im Gemüte.
wieder seine höchst persönliche Art sich offen¬
die Schlacht, ist Heldin und Buhlerin, stürzt sich
kleineren Angelegenheiten, mit den Sch
baren werde. Denn er gehört nicht zu jenen
in Erbarmen und Wollust, schöpft jeden Glanz
keiten der Arbeit gibt er sich nie ab; die
entweder grenzenlosen oder unredlichen
und jede Schande aus — und war doch nur
der Berufe, die Kümmernisse der S
Talenten, die sich nie preisgeben, sein Schaffen
ein braves, stilles Frauchen, das ebensowohl
dringen nicht zu ihm.
enthält keine Zeile, die in einem anderen sich
ruhige Tage hätte verleben können. Wo ist
Deshalb ist es so kennzeichnend, daß fa
gebildet haben könnte, und so enthüllen denn
die Wahrheit ihres Lebens? Steckt alles in seine Menschen ohne ein Handwerk sind
auch seine sechs neuen Erzählungen, indem sie
uns, und ist die Welt so beschaffen, daß wir
haben sie selbst eines, so berührt es sie
verwegene oder absonderliche Begebenheiten bloß nicht zu unseren eigenen Erlebnissen kom= färbt auf ihr Wesen nicht ab; denn es
aushreiten — ihn solbst
men? Wir haben ja keinen Spieler mit Schick= ihr eigentliches und einziges Metier: zu