VII, Verschiedenes 2, 50ster und 55ster Geburtstag, Seite 65

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heute noch, nachdem der Schulzwang längst aufgehoben
betrachten. Im allgemeinen ist ja das Publitum gewohnt,
und jeder seine eigenen Wege geht, freundschaftlich
seine Autoren immer nur im Lichte ihres letzten Werkes
lage
zusammenhält. Sein Wienertum hat Schnitzler nie zum
zu sehen, und jederzeit geneigt, über dem jüngsten alle
Programm erhoben, da es ihm selbstverständlich war und
früheren zu vergessen. Das hat etwas Mißliches, zumal
er es eben darum weder zu betonen brauchte, noch auch
bei einem Dichter wie Schnitzler, dessen Produktion keine
nummer:
zu betonen suchte. Im Gegenteil, hat er wiederholt in
mechanische ist und in dessen künstlerisches Gesicht jede
einzelnen seiner Novellen und Versstücken über die heimat¬
neue Arbeit auch einen neuen Zug einprägt. Die Oessent¬
1 und 32 bringen wir die
liche Region weit hinausgestrebt und Werke hervorgebracht,
lichkeit sieht dann nur diesen, sieht ihn womöglich unter
g der Komödie
die, völlig frei von mundartlichen Anklängen, sich von
dem Scheinwerfer des Erfolges, dessen greller Glanz auch
den Schriften anderer im Reiche lebender deutscher Dichter
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die stärksten Augen ein wenig blinzeln macht, und trägt
penssport
oft nur dadurch unterscheiden, daß sie etwas sorgsamer
so ein verzerrtes Bild nach Hause. Ein halbwegs ähn¬
geschrieben sind. Indessen offenbart sich sein Talent doch
von
liches wird sich nur gewinnen lassen, wenn man den
am ursprünglichsten und verführerischesten in denjenigen
Dichter im Zusammenhang mit allen seinen Werken und
seiner Produktionen, die von einem ganz leichten wiene¬
Nordan.
in einem ruhigeren Augenblick betrachtet. Artur Schnitzler
rischen Aroma von der Wurzel herauf durchzogen sind.
hat heute bereits ein Recht darauf, so angeschaut zu
Dieses Aroma ist bei ihm oftmals kaum stärker als bei
werden. Ein bedeutender Dramatiker und hervorragender
jende Nummer:
Bauernfeld, der ja auch jeden Dialektausdruck vermeidet
Erzähler, steht er auf zwei Gebieten unter den Ersten
und doch einen wienerischen Dialog schreibt. In seinen
„Deutsche Lyrik
tt“
Deutschlands und ist überdies vermöge seiner Persönlich¬
ersten Büchern, dem „Anatol“ und der „Liebelei“, hat der
keit, in der sich seltene Gaben auf das liebenswürdigste
junge Schnitzler diese heimatliche Richtung eingeschlagen,
Von Alberta v. Putt¬
verbinden, in den letzten Jahren geradezu der repräsen¬
freilich aus einem anderen Temperament heraus, das
Monistische Sonntags¬
tative Schriftsteller Oesterreichs geworden. Was er darüber
weniger zum Leichtsinn und mehr zur Grübelei geneigt
hinaus noch ist und werden kann, wäre unmöglich, heute
ist, und in seinen letzten, der „Komtesse Mizzi“ und dem
Rudolf Goldscheid.
zu entscheiden. In die Schneeregion der zeitlosen Literatur
„Weiten Land“ ist der reife wieder in diese Straße ein¬
. Eingesendete Bücher.
ragt sein vorderhand noch blonder Scheitel nicht hinein,
gebogen, die ihn zu seinen größten Erfolgen hinzuführen
aber ein großer Schriftsteller seiner eigenen Zeit zu sein,
scheint. Nicht in allen, aber in vielen und in seinen
ist auch etwas, ist vielleicht alles, und diesen Ehrenplatz
charakteristischesten Werken hat Schnitzler Wiener Menschen,
wird man Schnitzler nicht abstreiten können. Seine Kunst
Wiener Leben dargestellt, und selbst wo er uns das
des Romans „Die Götter
spricht heute schon zu vielen Tausenden, und ihre Gemeinde
Schicksal scheinbar ganz eigenwilliger Existenzen gibt,
projiziert er dieses bewußt oder unbewußt auf den Hinter¬
wird täglich größer.
natole France. Seite 59.
grund der Wiener Landschaft und der Wiener Gesellschaft.
Diese Kunst wurzelt im Leben, und dieses Leben ist
Was diese letzte betrifft, so kennt er sie aus dem Grunde,
in Wien zu Hause. Schnitzler, ein ebenso unruhiger als
von ganz unten bis ganz hinauf, in allen ihren Schich¬
seßhafter Wiener, ist heute unstreitbar und unbestritten der
reton.
höchste Ausdruck des Wienertums in der deutschen
tungen, Verästelungen und Beziehungen ja er kennt sie
G
Literatur. In Deutschland gilt er für den Gründer von
so genau, daß er sie auch noch mit geschlossenen Augen
Jung=Wien, worunter man sich dort eine Art Gefellschaft
sinnfällig zu beschreiben vermöchte, denn er hat ihre Ge¬
ird dieser
mit beschränkter Haftung vorstellt. In Wahrheit hat unser
stalten und ihren Ton jederzeit in sich. Woher hat er
och lang
diese intime Kenntnis, die von der Volkssängerin bis
##stimmen Dichter diese Gesellschaft oder Schule nie begründet noch
geleitet. Er war nur da und ist allmählich infolge seines
zum Prinzen, vom Fiaker bis zur Gräfin reicht, und
Talents und einer gewissen natürlichen Ueberlegenheit der
von d
u
nier heraufanführer und Mittelpunkt eines literarischen Kreijes geworden, der auch vom Wurstelprater bis zum Schwarzenbergplatz? Man .