VII, Verschiedenes 2, 50ster und 55ster Geburtstag, Seite 125

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Soth and 55th Birthdar




gesucht. Doch wohl in einzelnen Einaktern des „Reigen“=zu täuschen suchen). Im „Einsamen Weg“
C# Buches. Traf sie sein Auge, so wußte sie sein scharfer junge Anatol (er trägt natürlich nicht mehr diesen N
Archur Schinzter!
ein Greis geworden, dem das Dosein keine Blum¬
Blick auch zu umfassen, und hinter dem leichten Schleier
reicht, und der die grauenvolle Verlassenheit eines
(Zu des Dichters 50. Geburtstag am 15. Mai.]) — einer gütigen Ironie leben sie sich aus. (Ich verweise auf
erntet, das ehedem sein Liebstes verließ . . In der
die prachtvollen Wiener Bürgertyven im Drama „Der
„Der Mörder“ endlich des neuen Novelle
junge Medardus“.) Aber Fleisch und Blut von Schnitz¬
Von Hermann Kienzl, Berlin.
„Masken und Wunder“ einem grausamen Mei
lers Seele sind die feinbenervten melancholischen Naturen.
Das Werk lobt den Meister. Es stebt ein Schöpfer
Psychologie, wird der Mann, der ein Mädchen
die Fragen ohne Antwort, die Untreuen, die die Treue
auf seines Mittsommers Höhe. Bei Kleinen und Kleinsten
liebte, nach erloschenem Flammentrieb zum Gi
suchen, die vom Tod Geküßten, die das Leben allein lieben.
hat die runde Zahl der Lebensjahre eine andere Bedeu¬
Sein eigenstes Sein und Wesen hat Schnitzler in dem Ro= der ahnungslos ihm Hingegebenen! Das Gr
tung. Da werden Unsterblichkeiten verteilt, die vielleicht
man eines reflektorischen Innenlebens gegeben, der „Der wickelt sich mit furchtbarer Notwendigkeit., Unver
noch zu Lebzeiten dieses Menschen erlöschen. Heute soll
ist die Analyse des Dopvelgefühls in den Stunden
[Wegins Freie“ heißt — wohl gerade darum so heißt,
der Festredner schweigen. Das Werk lobt den Meister.
Liebesrausch und Untreue beherrscht sind. Schnitzler
weil es für solche Menschen einen solchen Weg nicht gibt ...
Artbur Schnitzler gab seinem fünfzigsten Geburts¬
hier seine Phantasie mit der realen Ausgestaltung
Der Zwiespalt von Heim= und Fremdsein, den der Dichte
tag das rechte Symbol, indem er gerade jetzt das Buch er¬
Empfindungserlebnissen, die er einst in dem Gedicht
aus seinem eigenen Schicksal übernahm, wird in dieser
scheinen ließ, das im letzten Jahre entstanden ist. Damit
fang vom Ende“ gebeichtet hat:
Dichtung zu einem menschheitlichen Schicksal.
brachte er sich selbst das einzige Festgeschenk dar, das
„Doch, daß ich so einsam von Dir gegangen,
Auch „Der Weg ins Freie“ hat das unsichtbare Motto:
seiner würdig ist. Wir sagen von einem Wohltäter, er
Wie käm'3 Dir denn zu Sinn,
„Alles fließt“. Auch hier stirbt an sich selbst eine Liebe,
Und daß ich, von Deinem Arm umfangen.
lebe zu der Menschen Freude; aber er lebt im Ersprie߬
So endlos fern Dir bin!
der der Lenz Ewigkeit gelogen hat. Dieses traurige
lichen sich selbst zur Freude. Dichterisches Schaffen ist
Ich will ja morgen wiederkommen
treuesten Willens, sein
Sterben, diese Unfäbigkeit des
stärkstes Lebensgefühl. Wir glauben uns vom Dichter be¬
Mit lächelndem Gesicht;
Glück festzuhalten, ist ein Leitmotiv fast aller Dramen und
schenkt: aber er beschenkt sich, indem er sich ausschenkt.
Und daß ich längst Abschied von Dir genommen
Das neue Buch des Dichters: „Masken und Erzählungen Schnitzlers. Und zumeist ist die natürliche
Mein Mädel, — Du weißt's ja nicht ...“
, In die leichtlebige
Selbstsucht des Mannes furchtbar
Wunden“ ist auch deshalb von Bedeutung, weil seine
Der Zusammenbruch der Illusion
Sphäre des Lebeknaben „Anatol“ fallen nur erst matte
sechs Novellen die tiefen Grundakkorde aller Schnitzler¬
Tragik in Schnitzlers Dichtungen. In dem so ergrei
jedoch, Schnitzlers povu¬
Schatten. In „Liebelei“
schen Dichtungen sammeln. Wieder horcht er hinab zu dem
als knappen Drama „Die Gefährtin“ erfähr
lärstem Schauspiel, ist dieser Schatten schwarz wie der
leisen, dunklen Rauschen eines Lebens in uns, das mäch¬
greise Gelehrte unmittelbar nach dem Tode seines ge
Tod, ist er des Todes Schatten. Zwei Welten tun sich auf:
tiger ist, als unsere klaren Erkenntnisse, Pläne und be¬
Weibes, daß all' sein Glück Selbsttäuschung gewese
äußerlich unterscheiden sie sich als die Welt der müden
wußten Folgerungen; dieses in uns verborgene Leben, das
die Frau ihn betrogen und nie geliebt hat. In eine
Reichen und die der unverbrauchten Armen; im tieferen
mit unserem Traum und Wachen ein verwirrendes Spiel
neren Luft der Skepsis, in der man verstörende
Grunde heißen sie Selbstsucht und Hingebung, sehnsüchtige
treibt, führt uns, indes wir uns selbst zu führen meinen.
raschungen nicht mehr erlebt, vollzieht sich ein
Untreue und naive Treue. Sie käme also doch auf Erden
er Tod des
Vorgang, in der Novelle „D
In dem nachdenklichen Einakter „Paracelsus“ spricht
vor, die Sicherheit? Ja, aber unserem Dichter ist sie das
gesellen“ („Masken und Wunder"). Aber wi
Schnitzler die Worte:
gelobte Land, das sein Fuß nicht betritt. In seinen Dich¬
nicht das Leben selbst nur eine Illusion, die d
fließen ineinander Traum und Wachen,
tungen erlöscht die Liebe, oder sie wird von des Mannes
zerstört? Heiße Lebensgier atmen Schnitzlers Dicht
Wahrbeit und Lüge. Sicherheit ist nirgends.
Flucht ermordet. Nur einmal, in dem großzügigen
wie er aber, wenn er den Becher des Genusses tn
Wir wissen nichts vom andern, nichts von uns.
Renaissance=Drama „Der Schleier der Beatrice“,
Wir spielen immer; wer es weiß, ist klug.“
trübe Hefe schon vorausschmeckt so ist sein
verblutet das Herz des Mannes an der Untreue der Ge¬
krank an Todesbewußtsein und Todesfurcht.
„Sicherheit ist nirgends“. Da wir nicht Herren unsrer
liebten; doch was Beatrice in die wilden Abenteuer treibt,
Widersacher in des Dichters Brust kämpfen si
selbst sind, entgleiten wir uns, wie uns das Leben, der
ist nicht eigentlich innere Unbeständigkeit, ist die Peitsche
erschütternden Novelle „Sterben“, in der
Besitz der Scele, die Liebe entgleiten. Arthur Schnitzler,
der Todesgefahr und die Brunst nach dem Leben. Die Ge¬
truntenen Tragödie „Der Schleier der Bea
als Wiener ein feinstes Zuchtwahlprodukt überreifer,
stalten der geovserten Christine (nebenbei: ein wunder¬
in der, auch als gesellschaftliche Satire bedeutsamd
herbitlicher Kultur; als deutscher Denker und Schwärmer
liebes Menschengedicht aus dem Volke!) und des Anatol¬
zählung „Gustl“, in dem (verunglückten) Schauspiel
ein Problematiker, der, wenn es Rätsel zu lösen gibt, sein
Fritz kehren in vielen Dichtungen Schnitzlers wieder, ver¬
[Ruf des Lebens“ und in den genial pointierte
mildes Gemüt, sein eigenes Mitleid nicht schonen kann:
ändert durch äußere Verhältnisse, Schicksale, Standes¬
altern „Lebendige Stunden“.
als Jude mit einem unendlichen Heimweh, mit dem melan¬
bildung, Altersunterschied. Mit ironischer Herbe wird
Kein Herold, kein Zarathustra, der zu lichten
dasselbe Thema varliert in der Tragikomödie „Das
cholischen Zweifel begabt, der selbst seine unruhige Sinn¬
weite Land,“ und mit humoristischer Ueberlegenheit in
lichkeit, selbst die Stunde des Taumels und Genuifes
führt, kein gläubiger Prophet ist Artbur Schnitzler.
trübt: dieser aus kostbaren Elementen zu einer Eigenbeit
sich auch nicht eigentlich unter die Kämpfer der #
dem kecken Wurf der „Komtesse Mizzi“. Auch im
Dichtung gestellt, obwohl er soziale Fragen wiederh
ohne Gleichen erwachsene Dichter hat selten in seinen] „Zwischenspiel“ stirbt die Liebe, aber hier in zwei
Schövsungen die robusten. gesund=animalischen Menschen! Herzen (die sich veraebens über den naturgemäßen Prozeßl bandelte. Sein Amt ist: die Seele ausborchen, die