—
box 39/3
—
trastiert, inmitten der belebten Szene also
Kreisen eine Popularität errungen, die dem
kaum auffällt. Schöner wirkt sein Hinauf¬
Dichter kaum sehr erwünscht sein dürfte.
schreiten mit Josef über die seitliche Treppe
Wenn auch die Berufenen bei der künstleri¬
gegen die Höhen des Himmels, aber auch hier
schen Wertung des spektakulösen Ereignisses
könnte ein Mehr an Illusion geschaffen wer¬
der „Reigen“=Inszenierungen einhellig zu
den.
einem „Freispruch“ gelangten, so hatte dies
wenig zu bedeuten, denn diesmal stand ganz
Nichtsdestoweniger liegt gewiß gerade in
anderen Leuten das Recht der Urteilsfindung
der Gesamtheit des Szenischen eine blendende
zu, aus der Angelegenheit war ein Politikum
Leistung vor. Man würde die Momente,
geworden und der Widerstreit der Meinungen
in denen sie von der Eindruckskraft der or¬
wurde auf der Straße ausgetragen. Daß
chestralen Sprache übertönt wird, weniger
hiebei der Dichter Schnitzler zu kurz kam
empfinden, käme sie ihr nicht im Uebrigen
und ihm böses Unrecht geschah, steht fest. Das
an Beredsamkeit gleich. Andererseits war es
vorzügliche, geistvolle Buch Josef Körners
dem musikalischen Teil auch nicht vorteilhaft,
gäbe nun willkommene Gelegenheit, den Pro¬
daß der „Josefslegende“ vorangehend „Feu¬
blemen und Gestalten in Schnitzlers ande¬
ersnot“, das bewundernswürdige Jugend¬
ren Werken nachzugehen. Josef Körner ist
werk des Meisters, gekoppelt war, das trotz
ein feiner Essayist, der mit sicherer Hand und
so
vieler Schönheiten und einer trefflichen
scharfem Blick durch die Werke Schnitzlers
Wiedergabe (Frau Kiurina und Herr
geleitet; deren übermütig wehmütige Schön¬
Schipper in den Hauptrollen) vorzeitig
heit und Zartheit, ihre hinter Scherzen her¬
ermüdet; ermüdet durch die alberne Hand¬
vorlächelnde, allem Lauten abholde Lebens¬
lung, die Dehnung der zweiten Hälfte, durch
weisheit nachweist; Schnitzlers formale Mit¬
seine Hypertrophie an Chören. Es war an
tel feiner Analyse der inneren und realistischer
der idealen Führung des Orchesters durch
Zeichnung der äußeren Umstände vor Augen
Richard Strauß selbst und in dem Persön¬
lichkeitsglauben des Komponisten gelegen,
unzweifelhaft klarlegt, aber auch die Gren¬
wenn danach die „Josefslegende“ noch zu
zen Schnitzlers nicht übersieht und all seine
solch zündender Wirkung gelangte. Großer,
Schwächen sine ira ac studio erkennen läßt.
rauschender Erfolg dankte ihm.
Körners gediegene Aufsätze verdienen allent¬
H. Teichl=Perger.
halben größte Beachtung.
Chronik des Wiener Goethe-Vereins.
Bücherschau.
XXXIII. Jahrgang, 1.
Heft. Wien, 1922.
Amalthea=Verlag. Die „Chronik des Wiener
Franz Moor. Eine Studie von Harry
Goethe=Vereins“, das literarisch wie künstle¬
Walden. Amalthea=Verlag, Wien. Harry
risch bedeutsame Organ des seit dem Jahre
Walden, dessen künstlerischer Ehrgeiz nach der
1878 bestehenden Goethe=Vereines, erscheint
Rolle des Franz Moor schielte, hat seine Vor¬
nunmehr in neuem Gewande in dem durch
studien zu dieser ebenso schwierigen wie in¬
seine literarischen Publikationen bereits be¬
teressanten Aufgabe in einer ganz famosen
kannten Amalthea=Verlag. Dieser rührige
Broschüre niedergelegt, die der verdienstvolle
Verlag hat auch diesmal finanzielle Opfer
Amaltheaverlag herausgab. Mit überraschen¬
nicht gescheut, um der „Goethe=Chronik“ eine
der Gründlichkeit und einer Gewissenhaftigkeit
ihrem Inhalt würdige Ausstattung zu geben.
die alle Achtung abfordert, ging Walden an
Aus dem reichen Inhalt des Heftes, das eine
seine Arbeit, mit größter Sorgfalt sucht er in
Fülle literarisch wertvoller Beiträge aus der
verwickelten Fragen bei Schiller selbst Rat
Feder bedeutender Goethe=Forscher enthält,
und versteht es, die so oft verkannten Grund¬
seien hervorgehoben: Rudolf Payer von
züge in Franz Moors Charakter säuberlich
Thurn: Ein unbekanntes Jugendbild Goethes.
klarzulegen. Was Walden weiterhin bei Zer¬
Eduard Castle: Goethe im „Kranz“. Robert
gliederung der einzelnen Franz=Szenen, ins¬
F. Arnold: Ein unbekanntes Gedichtchen
besondere über seine Auffassung der Traum¬
Goethes. Eine besonders willkommene Gabe
erzählung, zu sagen hat, ist durchaus fesselnd
für alle Goethe=Freunde dürfte ein unbe¬
und beachtenswert, sodaß das Buch gewiß
kanntes Goethe=Bild sein, das in Dreifarben¬
allen Theaterfreunden, Schauspielern und
druck dem Hefte beigegeben ist. Schließlich
Regisseuren von Belang sein wird.
sei noch die Umschlagzeichnung erwähnt, die
Arthur Schnitzler. Gestalten und Probleme
nach einem Stiche von C. Schütz angefertigt
von Josef Körner. Amalthea=Verlag, Wien.
Man kann das Heft inhaltlich (als Re¬
ist.
Arthur Schnitzler hat durch den törichten
dakteur zeichnet der bekannte Literarhistoriker
Lärm, der den Berliner und Wiener Auffüh¬
und Bibliophile Rudolf Payer von Thurn)
rungen seines „Reigen“ folgte, in manchen
und buchtechnisch als vollendet bezeichnen.
24
box 39/3
—
trastiert, inmitten der belebten Szene also
Kreisen eine Popularität errungen, die dem
kaum auffällt. Schöner wirkt sein Hinauf¬
Dichter kaum sehr erwünscht sein dürfte.
schreiten mit Josef über die seitliche Treppe
Wenn auch die Berufenen bei der künstleri¬
gegen die Höhen des Himmels, aber auch hier
schen Wertung des spektakulösen Ereignisses
könnte ein Mehr an Illusion geschaffen wer¬
der „Reigen“=Inszenierungen einhellig zu
den.
einem „Freispruch“ gelangten, so hatte dies
wenig zu bedeuten, denn diesmal stand ganz
Nichtsdestoweniger liegt gewiß gerade in
anderen Leuten das Recht der Urteilsfindung
der Gesamtheit des Szenischen eine blendende
zu, aus der Angelegenheit war ein Politikum
Leistung vor. Man würde die Momente,
geworden und der Widerstreit der Meinungen
in denen sie von der Eindruckskraft der or¬
wurde auf der Straße ausgetragen. Daß
chestralen Sprache übertönt wird, weniger
hiebei der Dichter Schnitzler zu kurz kam
empfinden, käme sie ihr nicht im Uebrigen
und ihm böses Unrecht geschah, steht fest. Das
an Beredsamkeit gleich. Andererseits war es
vorzügliche, geistvolle Buch Josef Körners
dem musikalischen Teil auch nicht vorteilhaft,
gäbe nun willkommene Gelegenheit, den Pro¬
daß der „Josefslegende“ vorangehend „Feu¬
blemen und Gestalten in Schnitzlers ande¬
ersnot“, das bewundernswürdige Jugend¬
ren Werken nachzugehen. Josef Körner ist
werk des Meisters, gekoppelt war, das trotz
ein feiner Essayist, der mit sicherer Hand und
so
vieler Schönheiten und einer trefflichen
scharfem Blick durch die Werke Schnitzlers
Wiedergabe (Frau Kiurina und Herr
geleitet; deren übermütig wehmütige Schön¬
Schipper in den Hauptrollen) vorzeitig
heit und Zartheit, ihre hinter Scherzen her¬
ermüdet; ermüdet durch die alberne Hand¬
vorlächelnde, allem Lauten abholde Lebens¬
lung, die Dehnung der zweiten Hälfte, durch
weisheit nachweist; Schnitzlers formale Mit¬
seine Hypertrophie an Chören. Es war an
tel feiner Analyse der inneren und realistischer
der idealen Führung des Orchesters durch
Zeichnung der äußeren Umstände vor Augen
Richard Strauß selbst und in dem Persön¬
lichkeitsglauben des Komponisten gelegen,
unzweifelhaft klarlegt, aber auch die Gren¬
wenn danach die „Josefslegende“ noch zu
zen Schnitzlers nicht übersieht und all seine
solch zündender Wirkung gelangte. Großer,
Schwächen sine ira ac studio erkennen läßt.
rauschender Erfolg dankte ihm.
Körners gediegene Aufsätze verdienen allent¬
H. Teichl=Perger.
halben größte Beachtung.
Chronik des Wiener Goethe-Vereins.
Bücherschau.
XXXIII. Jahrgang, 1.
Heft. Wien, 1922.
Amalthea=Verlag. Die „Chronik des Wiener
Franz Moor. Eine Studie von Harry
Goethe=Vereins“, das literarisch wie künstle¬
Walden. Amalthea=Verlag, Wien. Harry
risch bedeutsame Organ des seit dem Jahre
Walden, dessen künstlerischer Ehrgeiz nach der
1878 bestehenden Goethe=Vereines, erscheint
Rolle des Franz Moor schielte, hat seine Vor¬
nunmehr in neuem Gewande in dem durch
studien zu dieser ebenso schwierigen wie in¬
seine literarischen Publikationen bereits be¬
teressanten Aufgabe in einer ganz famosen
kannten Amalthea=Verlag. Dieser rührige
Broschüre niedergelegt, die der verdienstvolle
Verlag hat auch diesmal finanzielle Opfer
Amaltheaverlag herausgab. Mit überraschen¬
nicht gescheut, um der „Goethe=Chronik“ eine
der Gründlichkeit und einer Gewissenhaftigkeit
ihrem Inhalt würdige Ausstattung zu geben.
die alle Achtung abfordert, ging Walden an
Aus dem reichen Inhalt des Heftes, das eine
seine Arbeit, mit größter Sorgfalt sucht er in
Fülle literarisch wertvoller Beiträge aus der
verwickelten Fragen bei Schiller selbst Rat
Feder bedeutender Goethe=Forscher enthält,
und versteht es, die so oft verkannten Grund¬
seien hervorgehoben: Rudolf Payer von
züge in Franz Moors Charakter säuberlich
Thurn: Ein unbekanntes Jugendbild Goethes.
klarzulegen. Was Walden weiterhin bei Zer¬
Eduard Castle: Goethe im „Kranz“. Robert
gliederung der einzelnen Franz=Szenen, ins¬
F. Arnold: Ein unbekanntes Gedichtchen
besondere über seine Auffassung der Traum¬
Goethes. Eine besonders willkommene Gabe
erzählung, zu sagen hat, ist durchaus fesselnd
für alle Goethe=Freunde dürfte ein unbe¬
und beachtenswert, sodaß das Buch gewiß
kanntes Goethe=Bild sein, das in Dreifarben¬
allen Theaterfreunden, Schauspielern und
druck dem Hefte beigegeben ist. Schließlich
Regisseuren von Belang sein wird.
sei noch die Umschlagzeichnung erwähnt, die
Arthur Schnitzler. Gestalten und Probleme
nach einem Stiche von C. Schütz angefertigt
von Josef Körner. Amalthea=Verlag, Wien.
Man kann das Heft inhaltlich (als Re¬
ist.
Arthur Schnitzler hat durch den törichten
dakteur zeichnet der bekannte Literarhistoriker
Lärm, der den Berliner und Wiener Auffüh¬
und Bibliophile Rudolf Payer von Thurn)
rungen seines „Reigen“ folgte, in manchen
und buchtechnisch als vollendet bezeichnen.
24