6oth Birthday box 39//3
hocar sehtergedun
2
E
S
ee Sasree erursend rnerauenunradae
BERLIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
Berliner Lokal-Anzeiger
Zentralorgan für die Reichshauplstadt
Ausschnitt aus der Nummer vom¬
1 8 MA1I8
„Arthur Schnitzler,
der Sechzigjährige.
Arthur Schnitzler vollendet am Montag (15. Mai)
sein 60. Lebensjahr. Das „junge Wien“ dessen
literarischer Repräsentant der Dichter ist, der das
„süße Wiener Mädel“ für die Dichtung entdeckt
hat, nähert sich dem biblischen Alter. Arthur
Schnitzler war dichterisch fast vollkommen — bis
auf wenige Dichtungen, die in historischer Zeit,
in Bologna und Paris spielen — mit Wien und
den Wienern verwachsen. Durch Vater und
Mutter Altwiener Familien entstammend — sein
Vater war der berühmte Laryngologe Johann
Schnitzler, sein Großvater mütterlicherseits eben¬
falls bedeutender Arzt — lebten viele Altwiener
Erinnerungen auch aus der Theatersphäre in ihm,
da sein Großveter Theaterarzt war. Dazu
kamen dann die eigenen ernsten Erfahrungen, die
er als Student und Sekundärarzt im Allgemein#n
Krankenhause sammeln konnte. So trat durch .hn
das Wiener Leben in durchgeistigter Gestalt in
die Literatur; seine Menschen sprachen selten im
Dialekt, in einem Hochdeutsch von Wiener Diktion.
Aber aus dem Gestalter des „Anatol“ und des
„süßen Mädels“ ist der Schilderer der gesamten
Wiener Gesellschaft geworden. Kein Wunder,
daß Schnitzler eine Zeitlang eine der populärsten
Persönlichkeiten Wiens war, der in Kleidung und
Tracht, im Ton seiner Dialoge kopiert wurde,
freilich auch im Flirten und Verliebtsein seiner
Gestalten. Aber wie aus dem amoureusen Wien
ein ernsteres geworden, so auch aus dem Dichter
des „Reigen“ ein anderer. Er ist zwar auch heute
noch ein liebenswürdiger Schilderer der Donau¬
stadt, ein wahrer Menschenfreund, aber er ist
melancholischer geworden.
Schnitzler, der erst als Dreißigjähriger dichte,
risch in die Oeffentlichkeit trat, hatte gleich mit
seinen ersten Werken großen Erfolg. Neben
seinem „Anatol“ eroberten sich seine Schauspiele
„Liebelei" und „###wild“ schnell die Bühne.
Von seinem Einakterabend — „Paracelsus“. „Die
Gefährtin“, „Der grüne Kakadu“ — hat sich das
letztgenannte Stückchen bis in die letzte Zeit auf
dem Repertoire erhalten. Von seinen späteren
Werken sind dann das Schauspiel „Der Schleier
der Beatrice", „Der einsame Weg“, die Komödie
„Comtesse Mizzi“ das historische Drama „Der
junge Medardus“ die Tragikomödie „Das weite
Land“ und die Komödie „Professor Bernhardi“
vor allem zu nennen, die auch in Berlin erfolg¬
reich aufgeführt wurde. Von seinen erzählenden
Werken mögen „Der Weg ins Freie“ und die
Novelle „Casanovas Heimfahrt“ erwähnt sein. —
Aus Anlaß von Schnitzlers Jubeltag wird heute
im Residenztheater des Dichters Tragikomödie
„Das weite Land“ gegeben werden, und ein glück¬
licher Zufall hat es herbeigeführt, daß der Dichter,
her sich auf der Rückreise aus Holland zurzeit in
Berlin aufhält, der Vorstellung beiwohnen kann.
hocar sehtergedun
2
E
S
ee Sasree erursend rnerauenunradae
BERLIN SO 16. RUNGESTRASSE 22-24
Berliner Lokal-Anzeiger
Zentralorgan für die Reichshauplstadt
Ausschnitt aus der Nummer vom¬
1 8 MA1I8
„Arthur Schnitzler,
der Sechzigjährige.
Arthur Schnitzler vollendet am Montag (15. Mai)
sein 60. Lebensjahr. Das „junge Wien“ dessen
literarischer Repräsentant der Dichter ist, der das
„süße Wiener Mädel“ für die Dichtung entdeckt
hat, nähert sich dem biblischen Alter. Arthur
Schnitzler war dichterisch fast vollkommen — bis
auf wenige Dichtungen, die in historischer Zeit,
in Bologna und Paris spielen — mit Wien und
den Wienern verwachsen. Durch Vater und
Mutter Altwiener Familien entstammend — sein
Vater war der berühmte Laryngologe Johann
Schnitzler, sein Großvater mütterlicherseits eben¬
falls bedeutender Arzt — lebten viele Altwiener
Erinnerungen auch aus der Theatersphäre in ihm,
da sein Großveter Theaterarzt war. Dazu
kamen dann die eigenen ernsten Erfahrungen, die
er als Student und Sekundärarzt im Allgemein#n
Krankenhause sammeln konnte. So trat durch .hn
das Wiener Leben in durchgeistigter Gestalt in
die Literatur; seine Menschen sprachen selten im
Dialekt, in einem Hochdeutsch von Wiener Diktion.
Aber aus dem Gestalter des „Anatol“ und des
„süßen Mädels“ ist der Schilderer der gesamten
Wiener Gesellschaft geworden. Kein Wunder,
daß Schnitzler eine Zeitlang eine der populärsten
Persönlichkeiten Wiens war, der in Kleidung und
Tracht, im Ton seiner Dialoge kopiert wurde,
freilich auch im Flirten und Verliebtsein seiner
Gestalten. Aber wie aus dem amoureusen Wien
ein ernsteres geworden, so auch aus dem Dichter
des „Reigen“ ein anderer. Er ist zwar auch heute
noch ein liebenswürdiger Schilderer der Donau¬
stadt, ein wahrer Menschenfreund, aber er ist
melancholischer geworden.
Schnitzler, der erst als Dreißigjähriger dichte,
risch in die Oeffentlichkeit trat, hatte gleich mit
seinen ersten Werken großen Erfolg. Neben
seinem „Anatol“ eroberten sich seine Schauspiele
„Liebelei" und „###wild“ schnell die Bühne.
Von seinem Einakterabend — „Paracelsus“. „Die
Gefährtin“, „Der grüne Kakadu“ — hat sich das
letztgenannte Stückchen bis in die letzte Zeit auf
dem Repertoire erhalten. Von seinen späteren
Werken sind dann das Schauspiel „Der Schleier
der Beatrice", „Der einsame Weg“, die Komödie
„Comtesse Mizzi“ das historische Drama „Der
junge Medardus“ die Tragikomödie „Das weite
Land“ und die Komödie „Professor Bernhardi“
vor allem zu nennen, die auch in Berlin erfolg¬
reich aufgeführt wurde. Von seinen erzählenden
Werken mögen „Der Weg ins Freie“ und die
Novelle „Casanovas Heimfahrt“ erwähnt sein. —
Aus Anlaß von Schnitzlers Jubeltag wird heute
im Residenztheater des Dichters Tragikomödie
„Das weite Land“ gegeben werden, und ein glück¬
licher Zufall hat es herbeigeführt, daß der Dichter,
her sich auf der Rückreise aus Holland zurzeit in
Berlin aufhält, der Vorstellung beiwohnen kann.