VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 46

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60th Birthday
##tklasst #
„Kunstgewere.

nicht daß er das „Märchen von den Gefallenen“ oder den novellistisches; wo ein Beutel Geld oder sonst ein äußer= zugehen und
der spezifisdh
Unsinn des Duells „überwunden“ hatte, sondern daß all
licher Zufall Wende schafft, hat der Poet nichts zu sagen.
tun. Hier so
dies in seiner geistigen Welt und in der eigenen Mentalität
Kaum der Krieg ist es; Shakespeare und Tolstoi, die ihn
Märchenforf
gar nicht existiert — liegt eben ein widerspruchsvoller Reiz
behandelt haben, sprechen eher für diese Meinung als da¬
Bild Erich
dieser Stücke, denen ja sonst etwas ganz schnitzlerfremd
gegen, wenn man betrachtet, was in Wirklichkeit bei ihnen
froh betrete
Doktrinäres anhaftet.
zur Gestalt wird. Aber Liebe, Sehnsucht, Glück, Sterben,
bereits dure
Eine Zwischenstufe sind jene Werke, in denen zwar
die menschlichen Beziehungen von Anbeginn, die Freiheit des
erweckte Ge¬
keine These aufgestellt wird, aber Menschen von vornherein
Willens, die Pflicht der Verantwortung — das bleiben bis
an und läß
Beherrschun
in Beziehungen gebracht werden, bei denen er sich fragt: was
auf weiteres über alles Soziale hinaus die wahren Wichtig¬
nicht recht
? Das ergibt immerhin, bei größter
keiten der Menschheit. Zudem: nicht was der Dichter nicht
geschieht, wenn
Verdienst d
Delikatesse der Charakteristik und des Psychologischen, doch
gestaltet hat, sondern das, was er gestaltet hat, ist ent¬
Phantasie zi
scheidend, wobei die Sphäre, das Milieu sekundär wird,
etwas Konstruktives. („Zwischenspiel“ ist so.) Erst vom
und das n
wenn er nur das Leben spüren läßt und Ausblicke ins
„Einsamen Weg“ an, wo Menschen, Schicksale, Zusammen¬
schriebene B.#
hänge das Primäre der Konzeption sind und der Ablauf des
Geistige öffnet. Die Frage ist einzig eine nach der Lebens¬
bildet warn
kraft, nicht nach der Universalität des Bildes. Dessen Name
Geschehens nur die Folge der seelischen Voraussetzungen ist
[„Mys
— erst von da an dringt der Menschengestalter, der schon in
bei Schnitzler sein könnte: österrei##.scher Totentenz...
Nagel. „2
der „Liebelei“ seine Schöpferkraft gezeigt hat, in Geistig¬
findet durch
keiten und Erkenntnisse vor — weiter als die meisten Dra¬
betitelt sich
Literarische Notizen.
matiker seiner Zeit und ohne dabei jemals abstrakt zu
die von ein
nimmt. In
[„Herakles.“ Aufsätze zur griechischen Religions= und
werden: die Fülle seiner Gestalten ist ebenso erstaunlich wie
strengung di
Sagengeschichte von Bernhard Schweitzer, Siebeck=Mohr,
ihre Kraft der Gegenwart, ihre atmende Lebendigkeit. Sie
lebfrischeren
Tübingen, 1922.] Der hochbegabte jugendliche Verfasser, derzeit
sind so „wirklich“, daß wissenschaftliche Forschung es wagen
Privatdozent für Archäologie an der Universität Freiburg im
dem Trubel
konnte, sie zum Objekt der Seelenanalyse zu nehmen, als
veranlagt, ##
Breisgau, hat sein neues, aus der Habilitationsschrift heraus¬
wären sie reale Wesen.
klassischen
gewachsenes Werk seinem Lehrer Friedrich v. Duhn zum sieb¬
Daher kommt es ja auch, daß sich die Psychoanalytiker
zigsten Geburtstage gewidmet. Das mit zum Teil erstmaligen
wissenschaften
und die Moralprediger seines Werkes bemächtigen wollten.
Abbildungen und einer Reihe prachtvoller Tafeln ausgestattete
„Hexensalbes
Beide irren. Seine Welt und seine Anschauung ist nicht so
höhlen. Mit
Buch setzt es sich letzten Endes zur Aufgabe, das Werden des
Heraklesmythos von seinen ältesten Anfängen bis zur völligen
eng, als es die einen, seine Sittlichkeit viel ferner aller
Umkehrung
Ausgestaltung des Zwölf=Taten=Zyklus in Wort und Bild auf¬
Menschen u
Libertinage, aber auch aller verknöcherter Engherzigkeit, als
mit den ##
zuhellen. Dabei gehi der Verfasser von einer einzigen kleinen,
die anderen meinen.
Landhausch#
beim argivischen Heraheiligtum aufgefundenen Scherbe des
In seinen reifen Werken sind die Menschen das
Fremde, ein
geometrischen Stiles aus. Der Gang seiner Untersuchung.
Primäre; ihnen horcht er ihr Problem ab und stellt es
ein volles
beweist, wie in der Wissenschaft der scheinbar geringfügigste
dar. In seinen Anfängen ist es umgekehrt: das Problem
pliziertheit
Fund die Grundlage für weitgehende Folgerungen bilden kann.
ist der Ausgangspunkt, die Gestalten werden dazu erfunden,
Daß auf dem besagten Fragment ein zweiköpfiges, vierarmiges
zu sein sche
die Schachaufgabe an sich ist ihm wesentlicher, als von
scheidet sich
und vierbeiniges Fabelwesen (umgeben von einem Sternen¬
welchen Figuren sie gelöst wird. Dieses Fortschreiten vom
Art. Vorer
ornament) mit der Doppelaxt, dem karischen Kultsymbol, zu
unerschütten
Abstrakten zum Lebendigen ist wunderschön, und wenn man
seiner Linken abgebildet ist, veranlaßt Schweitzer, in zwei äußerst
wandlung
aufschlußreichen Kapiteln den „Doppelaxtheroen“ überhaupt, die
ihm von dieser Einstellung aus zusieht, kann man die
liche Erkläf
ihm einer vordorischen Sagenschicht angehörig und mit dem
Gegner noch weniger begreifen, die ihm die äußerliche
Poseidonkult aufs engste verwachsen erscheinen, und dann der
einigermaß
Sphäre, die stofflichen Anlässe seiner Dichtungen zum Vor¬
Pflanzenbei
Mehrleibigkeit mythischer Figuren in allen Varianten nachzu¬
wurf machen und die „großen Zeitfragen“ bei ihm vermissen.
spüren. Da er ferner in der Darstellung die zusammengewachsenen
kaleidoskor
Gewiß gibt es Zeiten, und es ist unser Fluch, daß wir gerade
in das Z#
Zwillingsneffen des Königs Augias von Elis agnofziert, ist ihm
heute in solchen Zeiten leben, in denen die wirtschaftliche
technisch
das älteste, bisnun bekannte bildliche Zeugnis zur Heraklessage
und die politische Lage Interessen in den Vordergrund
des Jüngl
gewonnen. Hievon ausgehend, bemüht sich der Verfasser, die
schiebt, durch die die wahren Wichtigkeiten des Daseins ver¬
älteste Schicht der späteren Vulgärsage von den zwölf Herakles¬
naturwisse
taten bloßzulegen. In steter Vergleichung mit den sonstigen
durchaus
dunkelt werden; aber man wird zugeben, daß alle Fragen
der Begeb¬
„Mythenmärchen“ der Antike möchte er den Kampf gegen die
der Nationalökonomie, der Steuern, der Reparation der
lernäische Schlange, die Reinigung des Augiasstalles und die
entspricht
Valuta, der Industrie, so wichtig sie für das Weiterbestehen
Gewinnung der Rinder des dreileibigen Riesen Geryeneus als
idyll zu si
der staatlichen Gemein chaft sind und so schmerzhaft wir sie
gewinnt.
die ursprüngliche „Dreiheit“ von Aufgaben des Herakles an¬
am eigenen Leibe spüren, doch als „ewige Fragen“ hinter
Neugierde
sprechen, die dieser genau so im Dienste des Eleers Augias aus¬
den wirklich ewigen zurückstehen, die in der Dichtung
mitnehmen
geführt habe wie den Zwölfkampf der jüngeren Ueberlieferung
lebendig werden. Es ist immer das Zeichen verworrener und
im Auftrage des Argiverkönigs Eurystheus. Der Strauß mit der
denklich —
gewaltsamer Jahre, wenn ihr Inhalt nicht zu Kunst zu
vielköpfigen Schlange endlich und dem gleichfalls vielköpfigen
werden, keinen dichterischen Niederschlag zu finden vermag. Riesen bestimmt den Verfasser, diesem vermeintlichen Grundstock
Die
Der Hunger ist kein dramatisches Prohlem und kaum ein des Heraklesmythos unter den Allerwelts=Märchenmotwen nache 1 R. Lechl
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