VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 47

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ADOLF SCHUSTERMANN
ZEITUNGSNACHRICHTEN-BUREAU
BERLIN SO. 16, RUNGESTR 22-24
zeume Prager Tagblatt
Adresse: Prag
Datum:

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Artur Schnitzler wurde zu seinem 60. Geburistag
Tauch von###nden französischen Dichtern und
Schriftstellern beglückwünscht. Rebärt de Flers von
der Academi Francaise, der Präsident der Gesell¬
schaft der dpchnatischen Autoren, sandte folgendes
Telegramm aus Piris: „Ich bin glücklich, Artur
Schnitzler zu seinem 60. Geburtstag meine herglichsten
Glückwünsche senden zu können. Ich bitte ihn, von
uns Allen unsere Achtung für sein Werk und für
seinen Ruhm entgegenzunehmen.“ Ferner liegen
Glückwunschschreiben vor von Duhamel, Chartes
Bildrac, Leon Balzadette, Lucien Bednard und
6. Parel.

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das, was in ihm fremd in das auch im üblen Sinne
Militär an Zynismus, Geräumigkeit des Denkens
das Leben ge
Ueber Arthur Schnitzler.
zumuten durfte, beweist die Tatsache, daß „Leutnant
jesuitische Oesterreich blickt, ist in „Professor Bern¬
gewesen sein!
Von Karl Lohs.
Gustl“ geschrieben werden konnte. Daß des Autors
hardi“ enthalten. Schnitzler wie Grillparzer sind in
Mee
militärische Laufbahn an ihm scheiterte, ist wiederum
Oesterreich als protestantische Geister, als Deutsche
1.
—A
mehr als selbstverständlich.
aufgetreten. Als Deutsche einer Art, die es freilich
Revolution
Er ist ein katholischer Schriftsteller von großem
nicht gibt. Was nichts gegen diese Art sagt. Jeden¬
Format. Daß er Jude ist, ist hiebei belanglos,
bt sich schnurst
IV.
falls ruht im Oesterreichischen das Heil des künst¬
euch an den v#
denn der Katholizismus ist Denkstil. Hafis, Laoise
lerischen Wesens Deutschlands.
Der Protestant behandelt nicht die Sinnlichkeit,
leutige Form
sind Katholiken, Konfuzius, Moses Protestanten. Wir
er blickt zu ihr empor. Das kommt vielleicht davon,
ökonomische, 5
werden an der Symbolit seiner Stoffe ihn als katho¬
daß er unsinnlich ist. Ein protestantischer Bizet ist
lischen Schriftstelle: zu beweisen haben.
Eine Anmerkung über den „Reigen=Skandal.“sei Dank noch
nicht möglich. Ein protestantischer Stendhal auch
Rednern hart
I.
Nun noch über das Erotische in Schnitzler: Es hat
nicht. Ein protestantischer Dante ein Non¬
Sozialen schei
Die Phantasie ist das einzig Reine, einzig Expan¬
nämlich einen Reigenskandal gegeben. Schnitzler hat
sens. Das Wirksame an der Dante'schen Liebe ist die
Schwammige
sive auf der Welt. Real ist nur die Phantasie, die dem
damit nichts zu tun. Die Wiener Kultur hat wohl
Verachtung, die ihr beigemengt ist. Ohne diese Ver¬
Gesellschaft geg
einen starken Schuß Genüßlichkeit in sich. Jeder
Stoffe beizuwohnen vermag. Es ist sehr schwer, die
achtung, ohne ein gewisses skuriles Element ist nichts
die Gesellschaft
Wiener von Kultur führt aber die Skandalbetonung
Lawine des Stoffes künstlerisch zu stauen. Deshalb
Großes in den Künsten möglich. Goethe war eine
Freud und W
des Sinnlichen, die dem Berliner Leben eigen ist,
ist der Vorwurf, den unsere Unbedingten, unsere Er= dunklere Figur als man meint, in die helle protestan¬
unterstützen 15
auf einen Mangel an Temperament, Genußfähigkeit, erotik der Fan
pressionisten Schnitzler machen, Stoffbemeisterung sei tische Lichtflut gestellt. Es ist katholisch an Schnitzler,
Phantasie zurück. Schnitzler hat sich im Erotischendes Kapitalisi
überflüssig, falsch. Die strengste Forderung, die höchste daß er die Liebe zwischen a und Nein bringt. Die
selten geschmacklos gezeigt bis auf „Anatol“, der ein
Schwierigkeit ist das Ideal der Kunst. Weil ihr Figur des süßen Mädels ist eine Gestalt voll vegeta¬
ist die Famil
hechstaplerischer Gymnasiasten= und Kapitalistenwitz
Ideal Selbstverständlichkeit, Unstofflichkeit, Un¬
tiven Mitleids und klagt laut die Vergänglichkeit der
einander berich
über die Liebe ist. Vielleicht erweist sich gerade in
schwere ist.
Welt. Das vegetative Mitleid ist das am meisten
schaft. Der
dieser einmaligen Schmutzigkeit jene Möglichkeit zur
I.
Unverstandene am Oesterreicher, das Grillparzerhafte.
lassen, weil
Brutalität, die nötig ist, um die Liebe ganz und gar
Stoff in den Werken der Künstler ist Form. In
welch wunder
nicht mißzuverstehen. Schnitzler hat dann später den
der Stofflichkeit, die Schnitzler ihm eigentümlichen
listen sind, d
„Don Junan“ als etwas den Riesentieren der Urwelt
Aber Schnitzler ist auch ein Schüler Ibsens, des
Schrittes durchquert, ist das Militärische. Das Mili¬
Sache von i
Verwandtes erklärt, der den Frauen ein süßes und
protestantischen Optimismus. Das Oesterreichische ist
tärische in einem katholischen Lande ist helle Ver¬
Alle höheren
eigentlich herber deuischer Wein. nur mit einemerhabenes Grauen einflößt, dessen siegreiches Blut
gänglichkeit. Es betont dasselbe wie die Farbigkeit
Kühle und der
ewigeren katholischen Aroma. Schnitzler denkt wie aber dem Degen des Feindes sich verwandter fühlt
tatholischer Zeremonien. Es hat mehr mit jesuitischer
Kulkur nur g
und den Uebertreibungen der Künste, als den Frauen,
alle Oesterreicher viel über den Wert des Glücks nach,
Strenge, weniger mit Militarismus zu tan. Man
Wir gehen
die er harmlos beschläft. Wir denken an den Herzog
doch sieht er nicht den Hobel „und hobelt alles gleich.“
mußte hören, wenn die Wiener von ihrem Haus¬
samen Dilette
regiment sprachen, mit einer Zärtlichkeit wie von; Er steht wie Grillparzer durch Bildung über aller von Cadignan im „Grünen Kakadn“ und den Fabri¬
ein edeltechnis
an
schönen, schlechten Burschen. Dieses Militärische hatte Läßlichkeit. Es droht ihm nicht die weglose Melan=jkanten in „Das weite Land“. Schnitzler ist einer
seine Winzigke
der wenigen Deutschen, die eine Tendenz zum eroti¬
die Weisheit aller formal vollkommenen Dinge. Einscholie eines Raimund, noch die Rabeneinsamleit, die
schon. Seitde
Hauptmann, der in Budweis, Tarnopol, Temesvar,durch Restroy's Werk bindurchblickt. Er ist zu der ischen Heldentum zeigen. Der ##igen“ ist nun eine
Linz garnisoniert hatte, sollte der ganz ohne jede lösterreichischen Trosloüigteit in Diflang. Sein Stück jKomödie der reinen Liebesetikette, ganz unter den Mathemalik in
Weltweisheit sein? Was man dem österreichischen! Protestamismus, sein Glaube an den Verstand, all Blicken eines Denkers gereist und martialisch gegen' same physikal