VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 48

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das, was in ihm fremd in das auch im üblen Sinne das Leben gerichtet. Die Aufführung mag anders
Militär an Zynismus, Geräumigkeit des Denkens
jesuitische Oesterreich blickt, ist in „Professor Bern¬
zumuten durfte, beweist die Tatsache, daß „Leutnant
gewesen sein!
hardi“ enthalten. Schnitzler wie Grillparzer sind in
Gustl“ geschrieben werden konnte. Daß des Autors
VI
Oesterreich als protestantische Geister, als Deutsche
militärische Laufbahn an ihm scheiterte, ist wiederum
aufgetreten. Als Deutsche einer Art, die es freilich
mehr als selbstverständlich.
Revolution tut not. Die jetzige Revolution rich¬
nicht gibt. Was nichts gegen diese Art sagt. Jeden¬
bt sich schnurstracks (man sieht es an den Folgen und
IV.
falls raht im Oesterreichischen das Heil des künst¬
euch an den vorbereitenden Erscheinungen) gegen die
lerischen Wesens Deutschlands.
Der Protestant behandelt nicht die Sinnlichkeit,
leutige Formierung, nicht zum mindesten gegen die
er blickt zu ihr empor. Das kommt vielleicht davon,
ikonomische, der Sexualität. Die Familie ist Gott
o.
daß er unsinnlich ist. Ein protestantischer Bizet ist
ei Dank noch allen an nationalem Herdfeuer erhitzten
Eine Anmerkung über den „Reigen=Skandal.“
nicht möglich. Ein protestantischer Stendhal auch
gednern hart in Gefahr. Jede Kristallisation des
Nun noch über das Erotische in Schnitzler: Es hat
nicht. Ein protestantischer Dante ein Non¬
Sozialen scheiterte bis jetzt an der Familie, die das
nämlich einen Reigenskandal gegeben. Schnitzler hat
sens. Das Wirksame an der Dante'schen Liebe ist die
Schwammige ist. Das martialische Verhalten der
damit nichts zu tun. Die Wiener Kultur hat wohl
Verachtung, die ihr beigemengt ist. Ohne diese Ver¬
Gesellschaft gegen den Einzelnen, des Einzelnen gegen
die
einen starken Schuß Genüßlichkeit in sich. Jeder
achtung, ohne ein gewisses skuriles Element ist nichts
die Gesellschaft schlägt da vrinzipiell immer fehl,
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Wiener von Kultur führt aber die Skandalbetonung
Großes in den Künsten möglich. Goethe war eine
Freud und Wedekind, wenn man sie sich gegenseitig
des Sinnlichen, die dem Berliner Leben eigen ist,
Fr“ dunklere Figur als man meint, in die helle protestan¬
unterstützen läßt, sprechen Unendliches über die Anti¬
auf einen Mangel an Temperament, Genußfähigkeit,
sei
tische Lichtflut gestellt. Es ist katholisch an Schnitzler,
erotik der Familie. Die Keimzelle und das Refugium
ste
Phantasie zurück. Schnitzler hat sich im Erotischen
daß er die Liebe zwischen Ja und Nein bringt. Die
des Kapitalismus ist das Erbrecht. Für den Bauer
selten geschmacklos gezeigt bis auf „Anatol“ der ein
Figur des süßen Mädels ist eine Gestalt voll vegeta¬
ist die Familie auch, wie die Bürger oft entsetzt
hechstaplerischer Gymnasiasten= und Kapitalistenwitz
tiven Mitleids und klagt laut die Vergänglichkeit der
einander berichten, Arbeits= und nicht Lebensgemein¬
über die Liebe ist. Vielleicht erweist sich gerade in
Welt. Das vegetative Mitleid ist das am meisten
schaft. Der Arbeiter wird von der Familie leicht
dieser einmaligen Schmutzigkeit jene Möglichkeit zur
Unverstandene am Oesterreicher, das Grillparzerhafte.
lassen, weil sie ihm nichts bietet. Wedekind zeigt,
Brutalität, die nötig ist, um die Liebe ganz und gar
welch wunderbare, sozial nützliche Raubtiere Kapita¬
nicht mißzuverstehen. Schnitzler hat dann später den
en
listen sind, die nichts zu verderben haben. Eine
„Don Juan“ als etwas den Riesentieren der Urwelt
Eli¬
Aber Schnitzler ist auch ein Schüler Ibsens, des
Sache von metaphysischer Schönheit und Klarheit!
Verwandtes erklärt, der den Frauen ein süßes und
er¬
protestantischen Optimismus. Das Oesterreichische ist
Alle höheren Güter werden von der unsentimentalen
erhabenes Grauen einflößt, dessen siegreiches Blut
eigentlich herber deutscher Wein, nur mit einem
eit
Kühle und der künstlerischen Sachlichkeit einer neuen
her ewigeren katholischen Aroma. Schnitzler denkt wie aber dem Degen des Feindes sich verwandter fühlt
Kultur nur gewinnen.
und den Uebertreibungen der Künste, als den Frauen,
alle Oesterreicher viel über den Wert des Glücks nach,
an
Wir gehen aus den ersten täppischen und grau¬
die er harmlos beschläft. Wir denken an den Herzog
doch sieht er nicht den Hobel „und hobelt alles gleich.“
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samen Dilettantismen des technischen Zeitalters in
on Er steht wie Grillparzer durch Bildung über aller von Cadignan im „Grünen Kakadn“ und den Fabri¬
ein edeltechnisches. Der Krieg war verhältnismäßig
tie Läßlichkeit. Es droht ihm nicht die weglose Melan=Ikanten in „Das weite Land“. Schnitzler ist einer
eine Winzigkeit: Was war und was sein wird, ist
der wenigen Deutschen, die eine Tendenz zum eroti¬
cholie eines Raimund, noch die Rabeneinsamkeit, die
Ein
schon. Seitdem der Grieche seine wirklichkeitsferne
durch Nestroy's Werk hindurchblickt. Er ist zu der ischen Heldentum zeigen. Der „Reigen“ ist nun eine
ar,
österreichischen Trostlosigkeit in Distang. Sein Stück jKomödie der reinen Liebesetikette, ganz unter den Mathemalik in die Welt brachte, als das erste gewalt¬
de
hen Protestantismus, sein Glaube an den Verstand, all Blicken eines Denkers gereist und martialisch gegen same phusikalische Experiment gemacht war, wurde