VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 119


box 39/3
6oth Birthday



sen Barock=Kontraste, die hier zu einer Valeurs; eine silbergraue, von schweren Farben! menget mit Bitterbeit.“ Die Tendenzdramen
die nun folgen, widmen sich der Gesellschafts.
matt durchleuchtete Herbststimmung ist über das
erzlich stillen Harmonic verschmelzen. Aber
kritik und finden ihre höher stehende Fortsetzun
Ganze gebreitet, und die Tragik des Alters, die
nur dies eine Motiv, sondern seine ganze
in Werken wie „Zwischenspiel“ und „Das weite
hier angeschlagen wird und bei Schnitzler immer
nshaltung ist typisch österreichisch. E
Land“, die der modernen Gesellschaft wirklich
die eigentliche Tragik des
wiederkehrt, ist
s Gehenlassen, das im Pestlied des „lieben
einen Sittenspiegel vorhalten. Hier erliegt der
stets die
impressionistischen Menschen, der
ustin“ erklingt: „'s ist mir alles eins,“ es
Dichter, dessen passive Skepsis der dramatischen
Stunde genossen- hat und sich nun einsam sieht
#s Genießen des Augenblicks, das nicht nach
Spannkraft entbehrt, bisweilen dem Streben
mit den Schemen seiner Erinnerung. Die Wir¬
Morgen fragt, wie es schon Abraham
nach rein theatralischer Wirkung, die ihm am
rungen und Wandlungen der Seele, die „ein
nta Clara an seinen Wienern tadelte. Schnitz¬
besten im „Grünen Kakadn“ gelungen ist. Auch¬
weites Land“ ist beschäftigen Schnitzler haupt¬
ist ein geradezu fanatischer Verfechter des
seine neuesten Berufsstücke, das vielgespielte
sächlich, der als Arzt ein scharfer Beobachter ist
bens daß der Mensch nichts tun kann gegen
Arztedrama „Professor Bernhardi“ und die miß.
und sich mit Psychologie nicht nur als Künstler,
Schicksal, daß er unfrei ist, eine Puppe in
lungene Journalistenkomödie „Fink und Flie¬
sondern auch als Gelehrter beschäftigt hat. In
Hand eines unsichtbaren Drahtziehers. Es
sind reine Theaterstücke. Größere
derbusch“
einem eigenen Buch ist von Theodor Reik auf
ies lustig=traurige Puppenspiel des Lebens,
Aufgaben stellte er sich in den Werken. „Der
die Beziehung unseres Dichters zu der Psycho¬
die Wiener Volksstücke mit unbewußter
Schleier der Bearice" und „Der junge Medar¬
analyse Freuds hingewiesen worden, der sein
hie darstellten, das bei ihm aber mit einem
dus“, die zur „großen Tragödie“ hinstreben
engster Wiener Landsmann ist und mit dem er
ischen Künstlertum geschildert wird. Das
Aber weder die Historie noch die dramatische
sich auch in seinen wissenschaftlichen Arbeiten
ücksal spielt mit uns, wir spielen unser
Architektonik sind seine starke Seite. So wunder¬
über Hypnose und Suggestion berührt. Schnitz¬
in: „Es fließen ineinander Traum und
volle Szenen besonders „Der Schleier der
ler ist in seinen Dichtungen von verhältnis¬
hen, Wahrheit und Lüge. Sicherheit is
Beatrice“ enthält, es sind doch nur Einzelheiten,
mäßig einfachen Gefühlen, auf denen sich sein
sends. Wir wissen nichts von andern, nichts
und überhaupt leistet er sein höchstes in kleinen
bekanntes Drama „Liebelei“ aufbaute, zu immer
uns, wir spielen alle, wer es weiß, ist klug,“
67,
Werken, in manchen Einaktern, in einzelnen
komplizierteren feelischen Beziehungen und
t es in seinem tiefsinnigen „Paracelsus“.
Akten in subtilen Details wie sie noch zuletzt.
Rätseln fortgeschritten, er dringt tief in die Welt
8 Leben — ein Traum,“ dies Grillparzer¬
das Casanova=Drama mit seiner prächtigen
des Unbewußten, der verdrängten Gefühle und
kiv wird von Schnitzler in vielfachen Wand¬
Rokoko=Ornamentik enthält.
gestaltet echt Freudsche Probleme, wie in der
gen und Spiegelungen aufgenommen, ebenso
Schnitzler ist ein Meister des Dialogs, der
Novelle „Frau Veate und ihr Sohn“. Aber so
die Verschmeltzung von Liebe und Tod aus
fein geschliffenen Pointe; er braucht jemanden,
wichtig diese tief bohrende und zergliedernde
8 Meeres und der Liebe Wellen“. Kunst
der ihm die „Stichworte bringt“, aber seine
Analyse für seine Kunst ist, so darf man sein
Natur gehen ineinander über, und das
so daß
Charakteristik ist zu subtil und episch,
Werk doch nicht, wie es Reik getan hat, einseitig
en in der Phantasic ist oft wirklicher als das
seine Dramen leicht etwas Novellistisches be¬
an der Freudschen Methode messen, sondern
de Leben. Daher seine Verehrung, ja Über¬
kommen. Als Novellist hat er von seinen
muß betrachten, was er aus diesem reichen
ung des Künstlers, sein Asthetentum, da¬
Jugendsachen „Sterben" und „Leutnant Gustl“
psychologischen Material lebendig gestaltet hat.
aber auch die Inbrunst, mit der das For¬
an viel Feines geschaffen; sein epischer Atem ist
le gegeben ist. In der Feinheit und Grazte
Man hat Schnitzler oft vorgeworsen, daß
aber kurz und reicht nicht zum Roman. Trotz¬
es Stils folgt Schnitzler ebenfalls den besten
seine Welt und seine Stoffe zu eng begrenzt
dem ist sein einziger Roman „Der Weg ins
nischen Mustern, und manches aus seiner
seien. Tatsächlich sind es nur ganz wenige
Freie“ vielleicht sein bedeutendstes, jedenfalls
en Prosa gemahnt an Stifters Erzähler¬
Motive, Figuren und Situationen, die sich bei
sein persönlichstes Werk. Es ist ein Bekenntnis¬
ihm in feinen Variationen stets wiederholen.
buch großen Stils, in dem er als Jnde und als
Da ist die Stellung des Mannes zwischen zwei
Österreicher mit den ewigen Problemen der
Aus seinem Wienertum heraus wurde der
chnenst
Frauen, dem „süßen Madel“ und der verheirale¬
Rasse und des Volkes ringt. Gehört auch der
bter zu dem bezeichnendsten Vertreter des
11
ten Dame da ist das „dreieckige“ Verhältnis in
Dichter des Impresstonismus und des alten
ressionismus. Da er nur die Empfindung
der Ehe, da sind die beiden Freunde, die beiden
Wien der Vergangenheit an, der Mensch Schnitz¬
Augenblicks anerkennt, sich allein an den
Gegner, da ist der Liebe kurze Seligkeit und
ler wird in seinem Allzumenschlichen=Ewig¬
des Lebens, an den
tigen Abglanz
lange Qual, ist die Hoffnung auf das Kind und
menschlichen stets lebendig bleiben und uns er¬
mmenschanz verhuschender Schatten klam¬
das Grauen vor dem Alter, ist Duell und Tod.
t, so wußte er in das Momentane den stärk¬
greifen.
Schnitzler schlägt diese Leitmotive schon in seinen
Inhalt zu legen. Seine beiden ersten be¬
ersten Dichtungen an, hat sie in „Anatol“ und
der Einakterzyklus
Als Frivatdozent für Moraltheologie und
enderen Arbeiten,
„Liebelei“ reich und dichterisch entwickelt. In
katol“ und die Novelle „Sterben“ drängen
Gesellschaftslehre habilitierte sich in der katholisch¬
„Reigen“, dieser heut so berüchtigten Szenen¬
der Universität
kits in einzelne Augenblicke ganze Welten
theologischen Fakultät
folge, hat der erotische Pessimismus des jungen
Erlebens. Das impressionistische Drama
Bonn Dr. theol. et phil. Theodor Stein¬
Dichters seinen stärksten Ausdruck gefunden, es
kein höheres Kunstwerk aufzuweisen als
ist ein melancholischer „Totentanz der Liebe“,]büchel, Repetent am Erzbischöfl. Collegium.
nitzlers „Einsamen Weg“, in dem man auch
dessen Motto das Wort Meister Eckhards sein: Albertinum, mit einer Schrift „Die Wirtschaft
sein bestes Wert sehen darf. Hier ent¬
tlich eine Kunst der Halbtöne, der seinen könnte: „Die Wollust der Kreaturen ist ver= in ihrer Beziehung zum sittlichen Werte“.