VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 127


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Theater und

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Burgtheater. Die Burg feierte den
sechzigjährigen Geburtstag unseres öster¬ ½
reichischen Dramatikers Artur Schnitzler mit
einer Neuinszenierung seines „Jungen
Medardus“. Dieser Bilderkranz öster¬
reichischer Historie hatte bei der festlichen
Stimmung des Publikums einen großen Er=rat.
folg. Vielleicht hat auch das elegische Ge¬ meir
fühl, das uns in den schmerzerfüllten Zeiten, Vor
die wir jetzt durchleben, beherrscht, das den
seinige hinzugetan, den Schilderungen von trete
dem Oesterreich von 1809 einen ganz be= jede
sonderen Reiz zu verleihen. Nirgends hat In
Schnitzler eine so liebenswürdige Kleinkunst aus
aufgeboten wie hier. Sorgfältige Sammlung zuw
nied¬
des Stoffes ließ ihn mit Dichterglück eine ganze
Menge allerliebster charakteristischer Züge eine
aus dem Wiener Volksleben ausgestalten, stanl
Züge reichen, warmblütigen Empfindens und Unte
auch solche krankhafter Schwäche und banaler der
Gesinnungslosigkeit, wie sie dem scharfen Auge Bere
des kundigen Psychologen nicht entgehen konn
konnten. Die Aufführung (unter der Leitung
des Herrn Paulsen) zeigte gründliche,
fleißige Arbeit, die den keineswegs leichten:
Anforderungen, die das umfassende Werk
stellt, gerecht werden wollte. Zum Träger der falle:
Titelrolle war Herr Schott ausersehen; er, zarte
wie kein anderer an der Burg heute, hatte fältig
Anrecht an dieser großen Aufgabe. Er zeigte Mar
uns auch diesen Jüngling Medardus mit bank
seinem holden, blinden Enthusiasmus, mitseiner Ulr
heroischen Geste und seinem weichen, unsicheren Bur
Kinderherzen. Leider stellt der Künstler seine aber
Schöpfung selbst durch seine technischen sätzli
Mängel, die er nicht zu bewältigen vermag, fünf
in Frage. Würdig Herr Reimers als dieb
alter Herzog, gediegene Burgtheaterkunst wei
bieten die Damen Bleibtreu und statie
Kallina. Aus der langen Reihe der ver- mit
zücht
dienten Darsteller seien noch Fräulein
Seidler und Herr Arnd hervorgehoben. bestre
Zw.
Auch
Deutsches Volkstheater. Die Direktion bruck
hat Henry Batailles Komödie „Der zu di
Clown“ (vor mehr als einem Jahrzehnt in begat
#estadt gegeben) zweifellos heraus= nach
ar Werner=####.
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ADOLF SCHUSTERMANN
ZEITUNGSNACHRICHTEN-BUREAU
BERLIN SO 16, KUNGESTR. 22-24.
zeiung Volksstimme
Achesse: Frankgeart a. M.
Datum:
1
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Arthur Schnitzler.

Das Jahr 1862 war ein gesegnetes Dichterjahr. Neben Ger¬
hart Hauptmann, Ludwig Fulda, Max Dreyer, Otto Ernst und
einigen anderen beanspruchte in diesem Jahre auch der Wiener
Arthur Schnitzler sein Daseinsrecht auf unserm Planeten. Ja, da
dieser bereits am 15. Mai das ihn immer freundlich umsonnende
„Licht der Welt“ erblickte, so ward mit seiner Geburt der Reigen
der heute sechzigjährigen, mehr oder weniger geachteten und ge¬
feierten Bühnen=Autoren eröffnet.
Wer ist Arthur Schnitzler und welche Stellung nimmt er in
der Literatur unserer Tage ein? Geboren in Wien, in gutsituier¬
tem Bürgerhaus, wandte sich der junge Schnitzler dem ärztlichen
Berufe zu, kam indes schon frühzeitig zur Literatur und brillierte
als Dreißigjähriger mit seinen vielgespielten „Anatol“=Skizzen.
Sieben Bilder in je einem Akt, hineingestellt in Wiener Milieu¬
stimmungen und mit einer nicht gewöhnlichen Portion Geist und
Witz ausgestattet. Aeußerlich graziös aufgezogene Dialoge, deren
innerer Stoff auf das Thema: Viel Liebe und wenig Treue! auf¬
gebaut war. Anatol ist ein dichtender Bummelant oder bummeln¬
der Dichter, dessen Hauptbeschäftigung die „Weiber“ sind.
Bekannter noch als die „Anatol“=Einakter ist sein 4 Jahre später
erschienenes Schauspiel „Liebelei“ geworden, das bekantlich auch als
Opernlibretto Verwendung fand. Ein der Wirklichkeit entlehntes leben¬
diges Drama eines tief und echt liebenden Mädchenherzens, das
erst nach dem Tode des Liebhabers erfährt, daß sie dem Freunde
kein tieferes Erlebnis, sondern nur eine Liebelei gewesen ist. So
einsach und schlicht dieses Schauspiel auf den ersten Blick ausschaut,
so birgt es doch neben dramatischer Beschwingtheit auch sozialen
Einschlag und echtes Wiener Volkstum. Zweifellos wird es als
des Dichters bestes Werk noch einige Jahrzehnte von dem Können
seines Schöpfers zeugen.
In seinen Bühnenwerken und auch in seinen Erzählungs¬
büchern ist Schnitzler meist Stimmungsmensch, der geistreich Ruan¬
cenwirkungen erzielt. Obwohl in vielem an dem großen Norweger
Ibsen geschult, brachte es anscheinend sein Wiener Temperament
mit, daß er schließlich eine Art Bindeglied zwischen Naturalism#
and Neuromantik wurde. Letzteres besonders durch sein Renal¬
ssancedrama „Der Schleier der Beatrice“ Neben guter Menschen¬
kenntnis, Melancholie und Skepsis versügt er nicht zuletzt über
viel Zartes, Weiches, Gefühlvolles. In seiner gehaltvollen Novella
„Sterben“ hat Schnitzler sich als ein tüchtiger Prosailer erwiesen.
Ven seinem Roman „Der Weg ins Freie“, der österreichische
Jndenfragen ausgiebig debattiert (auch Schnitzler ist Jude), ist