VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 169


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Liminal, als es nun ganz arg geworden und] diese verstand Rodrigo zu schlichten. Der Komiker gelaufen, hatte sich dort oben mitten in den
achten, daß sich
bekam eine tragische Szene zu spielen, die Heroine Schnee geworfen und geweint. Er war seitdem
wiederholen un
sein Leid bis an den Untersberg gedrungen war,
wortung zu zie
erschien Rodrigo der Gute bei ihm und suchte ihn hatte ein Liedchen zu trällern und alle waren nicht mehr in der Stadt gesehen worden, Hirten
zu trösten. Der junge Dichter aber wollte von schließlich zufrieden. Das Stück kam heraus und aber haben im nächsten Jahr berichtet, daß an
g.
Zu Artur Schnitzlers sechzigstem Geburtstag
Die genealogischen Handbücher versichern das
Tatum als authentisch. Brockhaus und Meyer sind
einig und bestätigen: Artur Schnitzler wurde am!
15. Mai 1862 geboren. Der gefeierte Jüngling läßt
alles mit edelster Gelassenheit über sich ergehen:
psychologische Zergliederungen seiner künstleri¬
schen wie menschlichen Wesenheit bei lebendigstem

Leib. Er zuckt mit keiner Wimper, dementiert nicht.


Dann wird es wohl damit seine Richtigkeit haben.
Nie zuvor ist ein Sechziger noch jünger ge¬

wesen als dieser. Artur Schnitzler hat zu allem
4.2
Möglichen alle möglichen Talente, aber zum Jubel¬
greis taugt er nun einmal gar nicht. „Auf die
Postille gebückt ... im Lehnstuhl ...“ — nein, die

Rolle milder Abgeklärtheit liegt ihm keinesfalls.

Er wird sie auch nie spielen. Und so weise, wie
er heut' ist, war er schon vor gut dreißig Jahren.
Und hat auch die Zeit ein paar silberne Fäden
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ihm in Bart und Haar verwoben, ihn, gleichsam
scherzhaft, wie im losen Neckspiel mit Flocken¬


schnee ein bischen angepulvert, sein Blick hat
nichts von dem milden Feuer, das ihm immer
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eignete, eingebüßt, von jener weichen zärtlichen
Ironie mit der er seit je auf den Dingen und
Menschen ruhte, wienerischen und andern. Dieser
gute tiefe getreue Gegenwartsblick, der in Ver¬
gangenheiten gern zurückgreift, im Gemeinen
das Besondere, im Besonderen das Gewöhnliche

durchschauend erkennt, es allsogleich verpoctisiert,
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könstlerisch ermöglicht. Dieser Schnitzlersche
Poctenblick verklärt die Banalität des Alltags,
macht sie interessant, betrachtens= und bestaunens¬

wert.
Schnitzler ist doch eigentlich ein Wiener
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KMATIDA
Franzos. Er hat die Anmut des französischen
Rokoko, die Grazie der Watteau, Boucher, Frago¬
Arzt war er, wie sein Vater Arzt war, sein] immer Spiel. Gevatter Hein ist ein Freund de
nard. Auch ihre zarten Abtönungen. Ihre Pikante¬
Hauses und blickt dem Dichter gar oft wohlwollend
Bruder Arzt ist. „Der Arzt lernt den Menschen
rie und Frivolität. Die Art der erotischen Phan¬
zunickend über die Schulter aufs Blatt, das seine
von seiner schwächsten Seite kennen“ behauptet
tasie. Ludwig Börne sagte einmal: „Der Deutsche
eilige Feder beschreibt.
Schopenhauer — auch ein Artur — und hat
schreibt, bis der Stil unter ihm kracht und er
Der Arzt Schnitzler hat den Psychologen
Recht. Der Arzt Artur Schnitzler hat den Poeten
mitten im Wege liegen bleibt.“ So schrieb Artur
geschult, den genauen Beobachter feelischer
mit dem Tode vertraut gemacht, ihn oft zu
Schnitzler nie. In diesem Sinne ist er gar kein
Wirklichkeiten, phänomenaler Tatbestände. Der
Sterbenden hingeführt. Aber Schnitzlers Toten¬
deutscher Schriftsteller, sondern ein französischer,
große Frauenkenner Schnitzler ist durch die
tänze sind noch graziös, leicht beschwingt, schön¬
der zufällig deutsch schreibt. Und wie deutsch! Wie
linig bewegt und sein Spiel mit dem Tode bleibt] Schulen des Arztes gelaufen.
gut deutsch! — Ol das ist sehr felten.
SCC



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