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Pt gUVrerTe EI.
schaumstrahl: Die Hochzeitsfeier nahm ihren offiziellen Anfang.
der Hochzeitslader, der bezahlte Geschäftsträger des Jubel¬
estes, kredenzte mir und dann den übrigen Gästen den Will¬
ommentrunk und ließ die Musici einen Gruß schmettern. Sie
liesen mich an, daß ich einen Augenblick dachte, es handle sich um
in ländliches Gesellschaftsspiel, etwa: daß ich Jericho darstellen
ollte, und sie wollten versuchen, mich umzublasen. Zum Glück
onnte eine Posaune nicht recht mit, die hatte den Schluckauf,
Die Burschen und Mädels, die Alten und Jungen widmeten
ich jetzt nur noch der einen Aufgabe, bis zum Aufbruch zur Kirche
as Faß zu bezwingen, auf daß man nach dem Bibelworte das
Trockene sähe. Sie widmeten sich dieser Aufgabe mit rührender
Beschäftigkeit und zähester Willenskraft.
Jungmädelhände gingen ans Werk, mich festlich herzurichten.
lls Myrten=Ersatz wurde mir Buchsbaum auf den Hut und an
die Brust gesteckt, buschige Aste, die für eine Kuh mittlerer Größe
ein hinreichendes Frühstück gewesen wären.
Als die Musikanten hörten, daß ich aus Leipzig wäre, fragte
nich der Häuptling der Truppe: was sein Kollege mache, der
Dingsda, der Nikisch... Ich erzählte, der wäre zurzeit
auf einer Konzertreise in Südamerika. Da sagte der Konzert¬
neister:
„Na ja, ma muß sö hoalt aso durchschlage, mir ham aa
tuswärts bloasen, in Schafmieting und do¬
serum
10
Arthur Schnitzler
oird heute sechzig Jahre alt. Literarisch betrachtet, ist er
chon recht früh auf den „einsamen Weg“ gekommen, auf die ab¬
eitige Straße der Alternden, der Einsamen, an denen der Strom
es Lebens unaufhaltsam achtlos vorbeirauscht, für deren stille
Tragik er in einem seiner feinsten Dramen, dem „Einsamen Weg“,
en überzeugenden Ausdruck müder Melancholie gefunden hat. Ob
nian ihm damit Unrecht tat, — diese Frage wollen wir heute, an
einem sechzigsten Geburtstag, nicht anschneiden. Auch die Fest¬
tellung, daß er uns Heutigen gleichsam schon in eine historische
zerne gerückt scheint, soll ihm nicht weh tun. Fallen auch seine
Infänge in der Literatur zeitlich ungefähr mit denen des konse¬
uenten Naturalismus zusammen, so hat er sich doch durch seine
einere, höher kultivierte Art des Erlebens über die Plattheit der
aturalistischen Form zu erheben gewußt. Die Schärfe seiner
sychologischen Erfahrung, die ihm seine eigene medizinische Tätig¬
eit eingab, die Sauberkeit seiner Charakterzeichnung und die be¬
hwingte Gepflegtheit des Dialogs geben seinem Werk die be¬
andere Note. Gallische Ironie und wienerische Lebensfreude, mit
irer leichten Dosis von skeptischer Melancholie, vereinigen sich in
en besten seiner Werke, die auf der Bühne seit Jahrzehnten stän¬
ges Heimatrecht besitzen. Im Epischen war Schnitzler im ganzen
eniger erfolgreich; für die große Form fehlte es ihm an plastischer
raft des Gestaltens, wie z. B. im „Weg ins Freie“, der sich mit
im jüdischen Rasseproblem auseinandersetzt. Von feinster Stim¬
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Pt gUVrerTe EI.
schaumstrahl: Die Hochzeitsfeier nahm ihren offiziellen Anfang.
der Hochzeitslader, der bezahlte Geschäftsträger des Jubel¬
estes, kredenzte mir und dann den übrigen Gästen den Will¬
ommentrunk und ließ die Musici einen Gruß schmettern. Sie
liesen mich an, daß ich einen Augenblick dachte, es handle sich um
in ländliches Gesellschaftsspiel, etwa: daß ich Jericho darstellen
ollte, und sie wollten versuchen, mich umzublasen. Zum Glück
onnte eine Posaune nicht recht mit, die hatte den Schluckauf,
Die Burschen und Mädels, die Alten und Jungen widmeten
ich jetzt nur noch der einen Aufgabe, bis zum Aufbruch zur Kirche
as Faß zu bezwingen, auf daß man nach dem Bibelworte das
Trockene sähe. Sie widmeten sich dieser Aufgabe mit rührender
Beschäftigkeit und zähester Willenskraft.
Jungmädelhände gingen ans Werk, mich festlich herzurichten.
lls Myrten=Ersatz wurde mir Buchsbaum auf den Hut und an
die Brust gesteckt, buschige Aste, die für eine Kuh mittlerer Größe
ein hinreichendes Frühstück gewesen wären.
Als die Musikanten hörten, daß ich aus Leipzig wäre, fragte
nich der Häuptling der Truppe: was sein Kollege mache, der
Dingsda, der Nikisch... Ich erzählte, der wäre zurzeit
auf einer Konzertreise in Südamerika. Da sagte der Konzert¬
neister:
„Na ja, ma muß sö hoalt aso durchschlage, mir ham aa
tuswärts bloasen, in Schafmieting und do¬
serum
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Arthur Schnitzler
oird heute sechzig Jahre alt. Literarisch betrachtet, ist er
chon recht früh auf den „einsamen Weg“ gekommen, auf die ab¬
eitige Straße der Alternden, der Einsamen, an denen der Strom
es Lebens unaufhaltsam achtlos vorbeirauscht, für deren stille
Tragik er in einem seiner feinsten Dramen, dem „Einsamen Weg“,
en überzeugenden Ausdruck müder Melancholie gefunden hat. Ob
nian ihm damit Unrecht tat, — diese Frage wollen wir heute, an
einem sechzigsten Geburtstag, nicht anschneiden. Auch die Fest¬
tellung, daß er uns Heutigen gleichsam schon in eine historische
zerne gerückt scheint, soll ihm nicht weh tun. Fallen auch seine
Infänge in der Literatur zeitlich ungefähr mit denen des konse¬
uenten Naturalismus zusammen, so hat er sich doch durch seine
einere, höher kultivierte Art des Erlebens über die Plattheit der
aturalistischen Form zu erheben gewußt. Die Schärfe seiner
sychologischen Erfahrung, die ihm seine eigene medizinische Tätig¬
eit eingab, die Sauberkeit seiner Charakterzeichnung und die be¬
hwingte Gepflegtheit des Dialogs geben seinem Werk die be¬
andere Note. Gallische Ironie und wienerische Lebensfreude, mit
irer leichten Dosis von skeptischer Melancholie, vereinigen sich in
en besten seiner Werke, die auf der Bühne seit Jahrzehnten stän¬
ges Heimatrecht besitzen. Im Epischen war Schnitzler im ganzen
eniger erfolgreich; für die große Form fehlte es ihm an plastischer
raft des Gestaltens, wie z. B. im „Weg ins Freie“, der sich mit
im jüdischen Rasseproblem auseinandersetzt. Von feinster Stim¬