gothBirthdag box 39/3
Nummer 19
Wiener Bilder.
teich die ganze diplomatische Welt in Genna aufgewirbelt
hat und durch seinen Vertragsabschluß mit Deutschland in
Rapallo für Frankreich wie ein rotes Tuch auf den Stier
gewirkt hat. Seit der Publikation dieser von den anderen
Mächten anerkannten Tatsache ist Frankreich fast ganz
7
isoliert und nun soll sich in Paris das Schicksal der
Konferenz von Genua entscheiden.
Das wichtigste Ereignis dieser Woche wird die Ant¬
wort auf die Frage sein, was Poincaré und Barthon in
Paris beschließen werden. Hier handelt es sich scheinbar
nicht mehr um Rußland, sondern nur noch um den be¬
rühmten Pakt, für den Lloyd George sich mit solchem
Nachdruck einsetzt und um dessentwillen sich in Frankreich
immer neue Schwierigkeiten zeigen. Der französische
Ministerrat ist einberufen und tatsächlich liegt es nicht
fern, an die Möglichkeit zu denken, daß Frankreich die
Krise von Cannes wiederholt und Barthon desavoniert
wird, wie Briand desavouiert wurde. Es wäre jedoch un¬
verständlich, wenn die Konferenz wegen des Friedenspaktes
scheitern würde, bei dem es sich wieder mehr um ein
Prinzip als um etwas anderes handelt, um ein Bekennt¬
nis zur völkerrechtlichen Moral, dessen Wert vielleicht nicht
allzu hoch eingeschätzt werden darf und angesichts dessen
man sich auch fragen muß, ob denn nicht auch schon die
Erklärungen des Völkerbundpaktes genügen.
Artur Schnitzlers 60. Geburtstag.
(Mit Porträt.)
Am 15. Mai feiert Artur Schnitzler, der erfolgreiche
Wiener Poet und Dramatiker, dessen Werke in allen
deutschen Landen bekannt und beliebt sind und zum eisernen
Bestand des modernen Bühnenrepertoires gehören, seinen
Artur Schuieler, der namhafteste Vertreter der modernen
60. Geburtstag. Es hieße Eulen nach Athen tragen,
berammergau: Anton Lang, der be¬
Wiener Literatur, begeht am 15. Mai seinen 60. Geburts¬
wollte man aus diesem Anlaß Schnitzler ein neues Ruhmes¬
Christus im Passionsspiel, in seiner
tag.
kränzlein winden wollen, steht sein Charakterbild und der
Werkstatt.
Phot. Franz Lösy, Wien.
Wert seiner Werke doch seit langen Jahren fest und un¬
Photothek, Berlin
verrückbar in der Schätzung
der Welt vor uns und was
2
könnte man von dem Dichter
i in
des „Anatol“ der „Liebelei“
des „Jungen Medardus“, des
BiD.
„Grünen Kakadu“, des „Pro¬
fessor Bernhardi“ und anderer
Werke Neues sagen? Manche
mHöhe¬
Leute haben dem Dichter
bei einem
wegen der Aufführung seines
„Reigen“ der ein Kunstwerk
Barthou,
im vollsten Sinne des Wortes
gegen
ist, ungerechterweise Vorwürfe
Ar Lösung
gemacht, doch sind diese ganz
se zwischen
und gar nicht am Platze.
Paris ge¬
Gerade dieses Werk. das der
rsönlicher
Dichter vor Jahrzehnten ganz
ösung zu
ohne jede Absicht der Publi¬
t an, daß
kation, geschweige denn gar
he nach
einer Bühnenaufführung ge¬
sondern
schaffen hat, wird später ein¬
omit eine
mal als unbestrittenes Kunst
engeren
werk gewertet werden, das
möglich
J
der heutige Erwerbssinn der
leicht ist
Bühnenwelt gegen den Willen
hincaré in
des Dichters vor die Rampe
icht nach¬
—
gezerrt hat. Daß Schnitzler
irde den
die Aufführung wie ein feind¬
2
land und
licher Zensor hätte verbieten
Der Ur¬
sollen — das werden ihm
Situation
Der letzte Präsident von Frankreich gestorden: Paul. Deschauel ist am 28. April im Alter von 66 Jahren in Paris
wohl die ärgsten Mucker nicht
russischen
gestorben. Der ehemalige Präsident mit seiner Familie.
zumuten.
scherin,
Phot R. Sennecke, Berlin.
Karpfen¬
Nummer 19
Wiener Bilder.
teich die ganze diplomatische Welt in Genna aufgewirbelt
hat und durch seinen Vertragsabschluß mit Deutschland in
Rapallo für Frankreich wie ein rotes Tuch auf den Stier
gewirkt hat. Seit der Publikation dieser von den anderen
Mächten anerkannten Tatsache ist Frankreich fast ganz
7
isoliert und nun soll sich in Paris das Schicksal der
Konferenz von Genua entscheiden.
Das wichtigste Ereignis dieser Woche wird die Ant¬
wort auf die Frage sein, was Poincaré und Barthon in
Paris beschließen werden. Hier handelt es sich scheinbar
nicht mehr um Rußland, sondern nur noch um den be¬
rühmten Pakt, für den Lloyd George sich mit solchem
Nachdruck einsetzt und um dessentwillen sich in Frankreich
immer neue Schwierigkeiten zeigen. Der französische
Ministerrat ist einberufen und tatsächlich liegt es nicht
fern, an die Möglichkeit zu denken, daß Frankreich die
Krise von Cannes wiederholt und Barthon desavoniert
wird, wie Briand desavouiert wurde. Es wäre jedoch un¬
verständlich, wenn die Konferenz wegen des Friedenspaktes
scheitern würde, bei dem es sich wieder mehr um ein
Prinzip als um etwas anderes handelt, um ein Bekennt¬
nis zur völkerrechtlichen Moral, dessen Wert vielleicht nicht
allzu hoch eingeschätzt werden darf und angesichts dessen
man sich auch fragen muß, ob denn nicht auch schon die
Erklärungen des Völkerbundpaktes genügen.
Artur Schnitzlers 60. Geburtstag.
(Mit Porträt.)
Am 15. Mai feiert Artur Schnitzler, der erfolgreiche
Wiener Poet und Dramatiker, dessen Werke in allen
deutschen Landen bekannt und beliebt sind und zum eisernen
Bestand des modernen Bühnenrepertoires gehören, seinen
Artur Schuieler, der namhafteste Vertreter der modernen
60. Geburtstag. Es hieße Eulen nach Athen tragen,
berammergau: Anton Lang, der be¬
Wiener Literatur, begeht am 15. Mai seinen 60. Geburts¬
wollte man aus diesem Anlaß Schnitzler ein neues Ruhmes¬
Christus im Passionsspiel, in seiner
tag.
kränzlein winden wollen, steht sein Charakterbild und der
Werkstatt.
Phot. Franz Lösy, Wien.
Wert seiner Werke doch seit langen Jahren fest und un¬
Photothek, Berlin
verrückbar in der Schätzung
der Welt vor uns und was
2
könnte man von dem Dichter
i in
des „Anatol“ der „Liebelei“
des „Jungen Medardus“, des
BiD.
„Grünen Kakadu“, des „Pro¬
fessor Bernhardi“ und anderer
Werke Neues sagen? Manche
mHöhe¬
Leute haben dem Dichter
bei einem
wegen der Aufführung seines
„Reigen“ der ein Kunstwerk
Barthou,
im vollsten Sinne des Wortes
gegen
ist, ungerechterweise Vorwürfe
Ar Lösung
gemacht, doch sind diese ganz
se zwischen
und gar nicht am Platze.
Paris ge¬
Gerade dieses Werk. das der
rsönlicher
Dichter vor Jahrzehnten ganz
ösung zu
ohne jede Absicht der Publi¬
t an, daß
kation, geschweige denn gar
he nach
einer Bühnenaufführung ge¬
sondern
schaffen hat, wird später ein¬
omit eine
mal als unbestrittenes Kunst
engeren
werk gewertet werden, das
möglich
J
der heutige Erwerbssinn der
leicht ist
Bühnenwelt gegen den Willen
hincaré in
des Dichters vor die Rampe
icht nach¬
—
gezerrt hat. Daß Schnitzler
irde den
die Aufführung wie ein feind¬
2
land und
licher Zensor hätte verbieten
Der Ur¬
sollen — das werden ihm
Situation
Der letzte Präsident von Frankreich gestorden: Paul. Deschauel ist am 28. April im Alter von 66 Jahren in Paris
wohl die ärgsten Mucker nicht
russischen
gestorben. Der ehemalige Präsident mit seiner Familie.
zumuten.
scherin,
Phot R. Sennecke, Berlin.
Karpfen¬