VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 210


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6oth Birthday
seiner Komödien dieser e
modernen Fühlens überhaupt, sie kommen in allen Sphären
Arder Schureter mid Denchand.
aufgemacht, daß er das #
vor, nur unklarer, mehr verdeckt duirch materiellen Zwang
ihm herumschlägt, daß er
und daher weniger geeignet für die reine und untendenziöse
Zu seinem 60. Geburkslage am 13. Maj 1922.
künstierische Darstellung.
sellschaft schildert, daß er
Von
Denn Schnitzler haßt das Pathos und die Tendenz; sch
aber sie dennoch im Gru
Bede Brock.
weiß es nicht, aber ich möchte es fast glauben, daß er seinen
Und so ist Schnitzle#
„Professor Bernhardi“, den wir so sehr lieben, weit weniger
uns aus der Not des de
Wennman von Arthur Schnitzler spricht, so wird man
mag als andere Stücke. Der Vorwurf ist ein Erlebmis des
zum großen Teil die
keinen Augenblick die Tatsache aus den Augen verlieren, daß
Vaters des Dichters, des berühmten Wiener Arztes Profesior
mit seinem Publikun
er Wiener ist, man wird seine Dichtung hineinstellen in den
Schmitzler und mag sich ihm mit solcher Wucht eingeprägt
von einem Schweizer
unzerreißbaren Zusammenhang seiner Sprache und seines
haben, daß er keine andre als diese unmittelbare Gestaltung
gesagt wurde, Deutschlan
Fühlens mit österreichischem Wesen — und man wird ihm
erlaubte. Sonst aber meidet Schnitzler die starken Worte
hervorgebracht als Krieg
dennoch bitter unrecht tun, wenn man seine Werke ledig¬
und Beweise; was er von ihnen hält, zeigt er in seinem
nachgeahnste französisch
lich als einen, wenn auch noch so reizvollen oder sogar
„Jungen Medardus“, dem liebenswerten und doch ein
Hauptmann und Ge
packenden Ausdruck eben dieses österreichischen Wesens an¬
wenig lächerlichen Helden und Draufgänger, der zum Schluß
hinweisen. Und er wird
sieht. Genau so, wie Grillparzer, der Dichter mit dem
so viele ideale Forderungen an sich stellen muß, daß er für
Püblikum zu gewinnen
österreichischen Schicksal zuerst und vor allem seinen Platz
keine leben, sondern nur noch sterben kann.
prickelnde Art wird guch
hat in der Geschichte der deutschen Dichtung und Kultur, so
Sie haben daher auch alle etwas Behutsames an sich,
vor „etwas Schwerem“
ist auch Arthur Schnitzler, ein größerer Könner noch
die Schnitzlermenschen; man lauscht ihren langen Gesprächen,
als jener, gestellt in die große Doppelreihe der deutschen
in denen sie niemals das Letzte, Eigentliche zu sagen wagen
Dramatiker und Erzähler und von ihr nicht zu trennen.
Abends im Residen
mit der schmerzhaft gespannten Aufmerksamkeit dessen, der
Es ist eine vielleicht nur zufällige Manifestation dieses
Es ist gedrüngt vol
jeden Augenblick eine Enthüllung seines Selbst fürchtet. In
Zusammenhanges, daß Schnitzler nach Berlin gekommen ist,
mit Stühlen verstellen
diesem Sinne besteht eine eigentümliche Verwandtschaft
um hier seinen 60. Geburtstag zu feiern — vielleicht aber
feierliche, halo erwartung
zwischen Schnitzlers Dramen und seinen Novellen; die
auch birgt dieser Zufall einen tieferen Sinn. Es ist eine
zu, was noch nicht Alle
ersteren gewinnen ihre Spannung weit mehr aus der
von allen Freunden des Dichters mit Betrübnis konstatierte
sei. Man zeigt sich sein
Analyse der Persönlichkeit, als aus der Handlung, die letzteren
Tatsache, daß man in Deutschland in der großen Masse des
links, unverkennbar sein
sind weit weniger Ereignis als Charakteristik.
Publikums einzelne Werke des Dichters von besonders guten
Haarkranz und dem Spi
Man kommt dem Wesen des Dichters am tiefsten auf die
Aufführungen her oder aus anderen, höchst bedenklichen
zum Publikum sitzt und
Spur, wenn man ihn einmal eine seiner Novellen selbst hat
Gründen, kennt und daß auch die Gebildeten noch kaum eine
wie um nicht gesehen zu
vorlesen hören. Er tut dies zuweilen im kleinen Kreise
Ahnung haben von dem Umfang und dem Wesen seines
und Tochter.
irgend eines ganz ernst zu nehmenden Woblfahrtsnereins
Werkes, so daß einen beinahe eine leise Furcht beschleicht,
Das Spiel beginnt;
in Wien und die Menschen, die sich da um ihn scharen, können
auch er möchte dem österreichischen Schicksal verfallen, drüben
Stück eigentlich, sagt man
sellsam das klingen mag — für ihre Arbeit am Men¬
als Lokalberos gefeiert und hier fast vergessen zu sein.
Leben nachgezeichneten W
schen manches leinen von ihm, der mit kühler, scharf
s würde ein solches Schicksal keinen unverdienter
Die Schauspieler ##
acrentuierender Stinme liest und dadurch den Eindruck noch
treffen als Schnitzler, denn keiner ist im letzten Grunde
Korff ganz groß aus de
verschärft, den Eindruck des Arztes, der die Sonde an die
moderner und daber lebendiger als er. Die Menschen, die
fühlt man leisen Kontak
Seelen der Menschen legt.
handelnd durch seine Komödien geben, haben zwar durch
bei den halb ironischen
Dies alles, was ich hier gesagt habe, wird, so glaube ich,
den Krieg manches Attribut ihres Milieus verloren, aber
dem sympathischen Wesen
bei meinen Lesern ein gewisses Erstaunen hervorrufen; sie
die von äußeren Willenshemmungen verdeckten, Fäden der
arzt Dr. Schnitzler ahnt.
kannten Schmitzler nur als den Dichter des leichten, zwar
Erotik, des Ehrgeizes und der gesellschaftlichen Sitte und
Bereits nach dem
formschönen, aber etwas frivolen Spie's, von dem sie nur
Korruption sind immer noch die Beweger ihres Seins. Die
den Gefeierten auf die
seinen „Professor Bernhardi“ und „Liebelei“ und vielleicht
Konflikte, die Schnitzler uns zeigt in der Welt des satten
die Vegeisterung, für d
noch den sehr tapferen Roman um das Judenprob'em „Der
Bürgertums, der Aestheten und Künstler, wo sie am
leichtesten zu demonstrieren sind, sie sind die Konflikte des Weg ins Freie“ ernst nahmen. Sie sehen nicht, daß in jeder Freude dankte.
GbO