VII, Verschiedenes 3, 60ster Geburtstag, Seite 213

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Schnitzler gehört dem untergehenden Oester¬
reich an, das keine lebenskräftigen Formen
mehr kannte, in dem alles Gesetz der Konven¬
tion, der Ueberlieferung, des hergebrachten
guten Tones war; so laufen diese Menschen
Schnitzlers herum. Das erste Buch, das damals
den Namen Schnitzlers in die Literatur brachte,
die graziösen Einakter des „Anatol“ bergen in
sich alle Merkmale des späteren Schnitzler. Die
Milde wird später vielleicht nich weicher, die
Ironie feiner, zur Skepsis, die Melancholie wird
trüber, stiller; aber alle diese Dinge finden wir
im Keime schon hier. Die Schicht, in der diese
Anatol=Einakter spielen, ist die berufslose, zum
mindesten berufsungebundene Luft der weltmän¬
nischen Eleganz, in die das kleine Mädel der
Vorstadt, das süße Wiener Mädel, die ent¬
sagungsbestimmte Geliebte aus dem Kleinbür¬
die Luft Schnitzlerscher Dichtung. Er zeigt diese
Menschen, die das Laute, Geschäftige verab¬
scheuen und nicht an den Studenplan eines be¬
stimmten Berufes gebunden sind. Aus deren
Kreisen nimmt er seine „Helden“; aus den
freien Berufen der Aerzte, der Dichter, Schrift¬
steller, Maler, Musiker oder des Offiziers. Und
alle diese Berufe sind in der Lässigkeit österrei¬
chischer Unaktivität verschlungen: Müßiggänger,
die nicht erschüttern und nicht erschüttert werden
können, die aber immer so elegant, so selbstwis¬
send ihre Schicksale tragen, daß aus dieser Art
des Lebens für uns ein einschmeichelnd ästheti¬
scher Lebensstil erwächst. Schnitzler, der Arzt,
bohrt sich tief in die Seelen seiner Menschen.
Man denkt oft an Ibsen, dem Seelen=Zerleger.
Aber während Ibsen aus Glaubenseifer und
Ideenfanatismus seine Menschen seziert, ist
Seine
Schnitzler glaubensloser Analytiker.
Analyse, das ist so ureigenster Besitz seiner
Kunst, überträgt er auf seine Menschen. Dadurch
erhalten diese alle etwas Wissendes. „In uns
zog nie ein Selbstvergessen ein“, schreibte
schon 1893. Alle diese Menschen kennen sich sehr
genau; nicht etwa schwerfällig, tragisch, sondern
elegant, distanziert, erörtern sie dieses Ich. Da¬
durch erhält die Handlung seiner Dramen nie
große Stofflichkeit oder Elastizität der Bewe¬
gungen. Aber da er Weltmann. Psyochologe
und Künstler zugleic ist, werden diese Dialoge
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fedrig, sie zittern i der Sanftheit und Vorsich¬
tigkeit, mit der sie geformt sind.
lichkeit verbunden ist. Schmerzliche Süße wird
bei ihm leicht zur Entsagung.
Der Jude ist in Oesterreich, besonders in
Wien, viel heimatloser als etwa in Deutschland.
Hat Schnitzler noch in seiner Frühzeit das
Leben und seine Zufälle und Nichtigkeiten leicht
Der galizis #e Typus verhindert das Einbür¬
genommen, so wird er mit der Reise der Man¬
gern des modernen Kulturjuden. Diese Hei¬
nesjahre und dem zunehmenden Alter immer
matlosigkeit bedeutet auch Wurzellosigkeit, die in
entsagungsvoller. Nicht mehr die freie Liebe ist
Schnitzlers Dichtungen bestimmte Merkmale
seiner Kunst sehr scharf, überscarf ausprägen.
ihm Problem, sondern die viel kompliziertere
Er ist als Glaubensloser Skepiker. Nur mit
Ehe. Das Letzte, was bei Schnitzler dann übrig
der Ironie des kühl teilnehmeiden, seine Ge¬
bleibt, ist Resignation. Seine=Dichtung wird
fühle verbergenden Beobachters ann er die Be¬
leiser. Im „Schleier der Beatrice“ hat er noch
die Süße des Lebens spielerisch erscheinen las¬
ziehungen dieser Menschen zeichsen. Ein Dich¬
sen. Jetzt leitet das Drama „Der einsame Weg“.
ter kann gottlos sein, er darf ncht glaubenslos
sein; seine Welt muß irgendwehe seelische In¬
auch für den Dichter einsame Stunden ein. Die
halte haben. Schnitzler schütteltden Kopf, weil
Flüchtigkeit der konventionellen Liebe, die Ver¬
er alle diese seelischen Werte ür vergänglich
gänglichkeit lose gegründeter Erlebnisse wird
hält. So kommen alle seine Fraen, und gerade
ihm immer deutlicher. Die Menschen finden
die aus der großen, vornehme Welt, schlecht
nicht mehr den Mut, zur großen Lebenslüge
weg. Sie sind an Troddel verkiratet und be¬
nein zu sagen. Er wendet sich zeitweise von der
trügen den Mann mit einem schter, oder sie
Darstellung dieser vielfachen variierten Liebes¬
lassen sich in noch gefährlichere Abenteuer ein.
schicksale überhe# ab. Seine Komödie „Pro¬
Bei Schnitzler ist die Liebe met mit Enttäu¬
fessor Bernhard; ein reines „Männerstück“
schung verknüpft. Der vielbeschene „Reigen“
sollte ein Zeit= und Problemstück des modernen
sollte ja nichts anderes zeigen s die Enttäu¬
Oesterreichs werden. Es wurde persönliches
Bekenntnis mit einem bitteren Lächeln über Ju¬
schung nach jenen Liebessttuatioen, wie sie so
häufig sind. Der kühle Beobachr predigt, daß
den und Antisemiten und zuletzt eben doch nur
aller Liebesgenuß schal und ödenket, wenn er
als Summe und Antwort aller Fragen: Ent¬
als Geschäft, nicht als seelischeingelegenheit
täuschung und Entsagung. Diese Entsagung hat
betrachtet und genommen wi.
ihn auch an der großen deutschen Komödie ge¬
Schnitzler
ahnte, daß er mißverstanden urde, und hat
hindert. Denn auch der Komödiendichter bedarf
deshalb das Buch in einem entjenen Wiener
des Glaubens, Bejahens, des ethischen Beteiligt¬
Verlag herausgegeben und es aunicht in seine
seins. Und auch für seinen großen Roman
gesammelten Werke übernommendaß gewissen¬
„Der Weg ins Freie“ brachte er nicht den Glau¬
lose Theaterdirektoren dann daszerk doch auf¬
ben an die Lösung der Fragen, die er sich stellte,
führten, gereicht eigentlich zunsst dem Pu¬
auf: der Roman verflüchtigt sich in viele kleine
blikum, das in Massen hinlief, ziUnehre. Wer
scharfe Beobachtungen, in Festhaltungen von Zu¬
den ganzen Schnitzler kennt, wichen „Reigen“.
ständen und Gefühlen und über allem wieder
nie falsch deuten. Man muß ihnn allen Wer¬
der einzige Glaube, di eigentlich eben ein Un¬
ken des Dichters zuletzt lesen.
glaube ist, der Glaube an die Alleinherrschaft
des Kompromisses.
Auch das ist vielleicht eine ammeseigen¬
schaft, daß dieses ganze glaubewse, inhalts¬
arme Leben seiner Menschen umll ihre Lie¬
Schnitzler hat die Kompliziertheit seiner Exi¬
beserlebnisse so viel Süßes in sicergen. Süße,
stenz als Oesterreicher, Jude und Intellektueller,
die so schwer sich aufs Blut legt, ösie die Sinne
die ihm leicht hätte zur persönlichen Lebens¬
verwirrt und die Menschen sogats zum Ver¬
tragödie werden können, wie seinem Landsmann
brechen treibt, wie in „Frau ate und ihr
Weininger, überwunden durch die Flucht in
Sohn“. Und diese Süße wird sogänglich ge¬
weltmännische Entsagung. Seine Glaubenslosig¬
keit hält ihn von dem Eingang in das Reich
Macht, weil sie doch auch mit sehsel Schmerz=I der ganz großen Dichter ab. Er ist Talent ge¬
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